EM-Aus wegen Verletzung: Mario Gomez: Erst wieder da, nun wieder weg
Mario Gomez fällt verletzt für den Rest der Europameisterschaft aus – eine weitere tragische Wende in der Karriere des Nationalstürmers.
Besonders hoch im Kurs stand sie nie, die eineinhalbstündige Busfahrt zum hochalpinen Regionalflughafen in Annecy, von wo die deutsche Mannschaft in ihre jeweiligen Spielorte flog. Gleich gar nicht die mitternächtlichen Retouren. Aber da waren die wonnigen Schwingungen der Siege, die die Beschwerlichkeiten schluckten. So wie auch in den Morgenstunden des Sonntags auf der Rückreise aus Bordeaux.
Ein Sehnsuchtsort des deutschen Fußballs wird dieses Annecy wohl nicht mehr werden, nach dem dort für Mario Gomez eine kleine Welt zusammenbrach. Der Stürmer wird für den Rest der EM ausfallen. Der 30 Jahre alte Stürmer war zusammen mit Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger zur Untersuchung nach Annecy gefahren worden. Alle drei hatten nach dem Viertelfinal-Sieg gegen Italien über Blessuren geklagt. Vor allem das Ergebnis der MRT-Untersuchungen von Gomez traf wie ein Schock in Evian ein. In seinem Fall sollten sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten. „Die Untersuchungen ergaben einen Muskelfaserriss im rechten hinteren Oberschenkel. Ein weiterer Einsatz im Rahmen der EM kommt für den Stürmer damit nicht mehr in Frage", hieß es in einer schriftlichen Mitteilung aus dem Teamquartier.
Hinter den sachlich formulierten Zeilen steckt eine kleine Tragödie. Einerseits trifft das Aus von Gomez drei Tage vom dem Halbfinale die Mannschaft, wie sie derzeit nur noch der Ausfall von Leistungsträgern wie Manuel Neuer, Jerome Boateng oder Toni Kroos getroffen hätte. Und das Aus trifft natürlich Gomez selbst, und zwar mitten ins Herz.
Man muss sich nur einmal die Geschichte des 30-Jährigen ansehen, um zu erahnen, was dieses Aus für ihn bedeutet. Mit 20 Jahren war er für die Öffentlichkeit der angehende Mega-Star. Sein Stern ging auf in Stuttgart, wo er 2007 die Deutsche Meisterschaft feierte, Nationalspieler wurde und ihn 2009 schließlich der FC Bayern für 30 Millionen Euro einkaufte. Zum damaligen Zeitpunkt war es die teuerste Verpflichtung der Münchner und zugleich die teuerste innerhalb der Bundesliga überhaupt.
Seine Auftritte in der Nationalmannschaft waren allerdings von spezieller Natur. Vieles geht dabei zurück auf das Spiel gegen Österreich bei der EM 2008, als er das Kunststück fertigbrachte, den Ball aus nächster Nähe über die Latte zu löffeln. Von da an war Gomez nicht mehr sonderlich gelitten im eigenen Land, weder von den Medien noch von den Fans. Er wurde ausgepfiffen.
Das EM-Finale von Paris fällt genau auf den Tag seines Geburtstags
Selbst als er bei der EM 2012 mit seinen drei Toren die Mannschaft zum Sieg in der sogenannten Todesgruppe mit Portugal, den Niederlanden und Dänemark schoss, nahm ihn der Bundestrainer für die K.-o.-Phase aus dem Team. Seine Auswahl-Karriere schien beendet.
Jahre später hat Gomez erzählt, wie ihm die Pfiffe des Publikums zugesetzt haben. Wie er als immer noch sehr junger Spieler darunter gelitten hat und verkrampfte, wie sehr er versuchte, die Medien und das Publikum zu überzeugen und sie wieder auf seine Seite zu ziehen. Wirklich gelungen ist ihm das im Nationaltrikot all die Jahre nicht.
2013 verließ er schließlich die Bayern in Richtung Florenz, obwohl er 2011 Torschützenkönig und Meister geworden war und einen gültigen Vertrag bis 2016 besaß. Doch die zwei Jahre in Florenz verliefen nicht wunschgemäß. Gomez verletzte sich oft, er kam in Italien nicht auf Touren und so stand seine Karriere vor einem Jahr an einer Kreuzung. Er musste eine Entscheidung treffen, er entschied sich nach Istanbul ausleihen zu lassen. Dort würde er regelmäßig zum Einsatz kommen und auch noch mal den Versuch unternehmen, seine Nationalmannschaftskarriere wieder in Schwung zu bringen. Das gelang ihm grandios. Mit 26 Treffern wurde er in er zurückliegenden Spielzeit Torschützenkönig der türkischen Liga und schoss Besiktas zum Meistertitel. Joachim Löw holte ihn zurück ins Nationalteam.
Erst in dem Moment, in dem Gomez emotional Abstand zum Fußball herstellen konnte, fand er seine Leidenschaft für diesen Sport zurück. „Irgendwann war ich in der Lage, die Dinge besser einzuschätzen und damit auch wieder zu genießen“, sagte er kürzlich. „Jetzt, wo es wieder läuft, wo ich wieder das Gefühl, die Power und das Vertrauen bekommen habe, kann ich den Fußball genießen. Ich genieße den Fußball wie noch nie in meiner Karriere. Gerade weil ich eben weiß, wie es ist, wenn man keinen Erfolg hat, wenn einem das Gefühl verlässt, das Vertrauen und die Power.“
Bei diesem Turnier hatte er Gefühl, Vertrauen und Power. Er erzielte gegen Nordirland das Siegtor und traf im Achtelfinale gegen die Slowakei. Und auch in Bordeaux, im Viertelfinale, hatte er das Führungstor eingefädelt. Beinahe wäre ihm danach mit einem spektakulären Hackentrick das 2:0 gelungen. Doch ausgerechnet dabei hat er sich die folgenschwere Verletzung zugezogen. Entsprechend bedrückt war man am Abend im deutschen Teamquartier. „Besonders für Mario tut es mir leid. Er hat bei der EM starke Leistungen gezeigt und der Mannschaft nicht nur mit seinen Toren sehr geholfen“, sagte Joachim Löw.
Der Bundestrainer wird nun Lösungen finden müssen. Vermutlich wird Mario Götze für das Halbfinale ins die Startelf rutschen, oder aber Thomas Müller ins Sturmzentrum rücken. Fehlen wird Gomez auf jeden Fall.
Gomez hatte vor einem Jahr für sich eine schöne Aussicht gehabt. Das EM-Finale von Paris fällt genau auf den Tag seines Geburtstags. Er nahm sich vor, das Team an diesem Tag mit dem Titel beschenken zu wollen und lag bis dato gut im Plan. Jetzt ist es am Team, diesen Tag zu einem guten Ende zu bringen.
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