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Zeitlos gut. Die Dynamik und Abschlussstärke von Marco Reus kann jede Mannschaft gebrauchen – auch die Nationalelf.
© imago/Zink

BVB und Nationalmannschaft: Marco Reus will nach Verletzung wieder anpacken

Für Marco Reus war der deutsche WM-Sieg ein trauriges Ereignis. Nun soll der wieder genesene Dortmunder die Nationalmannschaft der Zukunft prägen.

Marco Reus lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Zufrieden sah er dabei nicht aus. Ein Schatten legte sich auf sein Gesicht. Sein Nebenmann Andreas Köpke, Torwarttrainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, nahm ihm das Licht. Reus beugte sich vor. Sein Gesicht wurde nun voll ausgeleuchtet. So ähnlich ist es dem Offensivspieler von Borussia Dortmund schon in den vergangenen Wochen ergangen. Während seine Kollegen aus der Nationalmannschaft in diesem Sommer im gleißenden Licht standen, hat Reus gewissermaßen im Keller geschuftet. Einen Tag, bevor die Deutschen nach Brasilien geflogen sind, um Weltmeister zu werden, zog sich Reus im Testspiel gegen Armenien einen Teilriss des Syndesmosebandes zu.

Der Dortmunder war nicht der erste Spieler, der eine WM verpasst hat; er war auch nicht der erste wichtige Spieler – aber die Umstände seines Ausfalls, vor allem der Zeitpunkt seiner Verletzung, haben seiner Geschichte eine tragische Note verliehen. Wenn die Öffentlichkeit in den Wochen der Vorbereitung am körperlichen Gesamtzustand der Nationalmannschaft leise Zweifel hegte, war Reus davon ausdrücklich ausgenommen. Keiner der Nationalspieler präsentierte sich vor der WM stärker, keiner war besser in Form. Reus hatte eine hervorragende Rückrunde gespielt und nahm in den Planungen des Bundestrainers Joachim Löw eine zentrale Rolle ein. Mit seinen 25 Jahren im besten Fußballeralter, hätte der Dortmunder eine der prägenden Figuren der Weltmeisterschaft und damit des Weltmeisters werden können. Stattdessen quälte er sich in der Reha für die Rückkehr auf den Fußballplatz.

„Ich denke über die vergangenen Wochen nicht mehr nach“, sagt Reus. Aber die Erinnerung an eine verpasste Chance wird ihn möglicherweise ein Leben lang begleiten. Allein der Gedanke an Brasilien, an den Triumph von Rio – all das zaubert dem Land immer noch ein Lächeln aufs Gesicht. Wenn Marco Reus an die Weltmeisterschaft denkt, spricht er von einem „traurigen Ereignis“. Es sei keine einfache Situation für ihn gewesen, „es war eine Erfahrung, die auch deprimierend ist“, sagt er. „Aber es hilft ja nichts, dass ich weiter jammer.“

Als Fußballer verfügt Marco Reus über die beneidenswerte Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren; im normalen Leben scheint das nicht anders zu sein. Als der Deutsche Fußball-Bund ihn zum Finale der WM nach Rio einlud, lehnte Reus das freundlich gemeinte Angebot dankend ab. Den Gewinn von ein paar Tagen zusätzlichen Rehatrainings stufte er höher ein als den Besuch des WM-Endspiels. Offensichtlich hat er mit dieser Entscheidung Recht behalten.

Marco Reus und Mario Gomez waren die einzigen Nicht-WM-Fahrer im Team

Dass Reus schon bei erster Gelegenheit – am vergangenen Mittwoch gegen Argentinien – in die Nationalmannschaft zurückkehrte, war nach den ersten Diagnosen im Mai nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Ausfallzeiten fast biblischen Ausmaßes wurden ihm prognostiziert; doch schon im ersten Pflichtspiel der Saison stand er wieder für seinen Verein Borussia Dortmund auf dem Platz. Auch bei der Nationalmannschaft kehrte er gegen den Argentinien gleich aufs Feld zurück. Mit Mario Gomez, der die WM ebenfalls verpasst hatte, war er der einzige Spieler in der Anfangself, der nicht in Brasilien dabei war.

Zwei Tage nach Argentinien und zwei Tage vor dem ersten EM-Qualifikationsspiel gegen Schottland (Sonntag in Dortmund) sitzt Marco Reus in der Sportschule Kaiserau im Scheinwerferlicht und soll Stellung beziehen zu den Pfiffen der eigenen Fans gegen Mario Gomez. „Da muss man einfach drüber stehen“, sagt er. Unterschiedlicher hätten die Folgen dieses Spiels für die beiden Rückkehrer kaum sein können. Während bei Gomez ein Auftritt genügte, um im Volk schon wieder Zweifel an seiner Zukunftsfähigkeit hervorzurufen, fiel Reus bei der 2:4-Niederlage zumindest punktuell positiv auf. Er gab den Assist zum ersten Tor der Deutschen, bereitete eine der beiden Großchancen für Mario Gomez vor und traf einmal den Pfosten.

Die Fähigkeiten, über die Reus verfügt, seine Dynamik, seine Variabilität und seine Abschlussstärke, sind zeitlos. Nicht nur das prädestiniert den Dortmunder auch in Zukunft für eine wichtige Rolle im Nationalteam. Wenn man so lange dabei sei wie er inzwischen, „kommt man automatisch in den Kreis, der auf dem Platz Entscheidungen treffen kann, die für die Mannschaft wichtig sind“, sagt er. „Ich trau mir das zu.“ Und an einem wird es ihm ganz sicher nicht fehlen: am Ehrgeiz, den nächsten Titel zu holen. Für Marco Reus wäre es der erste.

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