Heidenheim im DFB-Pokal: Marc Schnatterer soll den FC Bayern ärgern
Der 1. FC Heidenheim setzt bei der schwierigen Aufgabe in München auf seine Vereinslegende. Vor der hat auch Mats Hummels größten Respekt.
In Karlsruhe waren sie sich im April 2006 weitgehend einig. „Marc ist ein aggressiver, giftiger Spieler. Nachdem er jetzt sein Abitur gemacht hat, will er sich auf fußballerischem Gebiet durchsetzen“, sagte Rainer Krieg, damals Trainer der zweiten Mannschaft. Ein anderer, der heute noch eine wichtige Position im Wildpark besetzt, fand: „Wir haben ihn schon länger beobachtet und wollten ihn schon im vergangenen Jahr verpflichten. Er entwickelt aus dem Mittelfeld heraus auch Torgefahr. Er ist auf jeden Fall ein Spieler mit Perspektive.“ Ede Becker, damals Cheftrainer des KSC, inzwischen Jugendkoordinator, bezog sich auf Marc Schnatterer, einen 20-jährigen Nachwuchsfußballer, den der KSC vom Oberligisten SGV Freiberg verpflichtet hatte.
Becker und Krieg irrten nicht. Der Perspektivspieler hat sich durchaus gemacht, nur eben nicht in Karlsruhe, sondern beim 1. FC Heidenheim. Ein Satz des Münchner Weltmeisters Mats Hummels beschreibt die Entwicklung ganz gut: „Vor allem Schnatterer vorne ist legendär“, sagte Hummels erst kürzlich.
116 Tore und 114 Torvorlagen in 386 Pflichtspielen
An diesem Mittwoch empfängt der Innenverteidiger mit dem riesengroßen Rekordmeister FC Bayern den ziemlich kleinen Zweitligisten Heidenheim im Viertelfinale des DFB-Pokals. Die Bayern haben neben Hummels noch ein paar weitere Attraktionen in ihrem Kader, die teuer sind, glitzern und glänzen. Heidenheim hat Schnatterer, 33. Seit über zehn Jahren spielt der Mann mit der Rückennummer sieben auf der Ostalb. In 386 Pflichtspielen stand er für Heidenheim auf dem Platz, erstmals am 10. August 2008 im DFB-Pokal gegen Wolfsburg. Er ist ein Mittelfeldspieler, der vieles vereint. Schuss- und Spielstärke, hohe Laufbereitschaft und Freistoßqualitäten. 116 Tore und 114 Torvorlagen sind Zeugnis einer imposanten Laufbahn.
Es sind die Werte eines Publikumslieblings, der mal über sich und Heidenheim gesagt hat: „Heidenheim passt zu mir und ich passe nach Heidenheim.“ Als es Angebote gab, blieb er der 50.000-Einwohner-Stadt treu. Die Fans sind ihm dankbar dafür. Und für die beiden Aufstiege sowieso, die Schnatterer mit dem Klub gefeiert hat, 2009 in die Dritte Liga und 2014 in die Zweite Liga. Auch in dieser Saison spult er sein Programm so konstant ab wie in den Jahren zuvor. Neun Tore und acht Vorlagen in 25 Einsätzen weist die Bilanz für ihn aus. „Er ist der Traum aller Schwiegermütter“, sagt sein heutiger Trainer Frank Schmidt, der noch etwas länger als Schnatterer im Verein ist, zwölf Jahre nämlich.
Das Spiel beim FC Bayern ist für beide der bisherige Höhepunkt ihrer Laufbahn. Als Spieler hat Schmidt die Bayern schon mal im Pokal besiegt. 1994 gewann er als Libero mit Vestenbergsgreuth in der ersten Runde 1:0 gegen Trapattonis Münchner. Sollte es mit Heidenheim genauso kommen, würde sich für Schmidt und Schnatterer aber wenig ändern. Beide gelten gemeinhin als bodenständig.
Beim KSC schaffte Schnatterer den Durchblick nie
Rainer Krieg sagt heute, das sei bei Schnatterer schon zu Karlsruher Zeiten so gewesen. „Er hat nie etwas Verrücktes gemacht, ist nie negativ aufgefallen“, berichtet Krieg. Und weiter: „Er ist ein Spieler gewesen, mit dem jeder Trainer gerne zusammenarbeitet.“ Nie habe es Klagen gegeben, immer habe Schnatterer hart gearbeitet. So und ähnlich vernimmt man das auch aus Heidenheim. Schnatterer, der Musterprofi, der Leitwolf, die Führungsfigur. Seit über zehn Jahren schon.
Beim KSC II, der damals auch Nationalspieler Lars Stindl in seinen Reihen hatte, schaffte Schnatterer den Durchbruch aber nie. Obwohl Krieg durchaus Zutrauen in Schnatterer hatte. Talentiert seien viele Spieler gewesen, „einige auch talentierter als Marc, aber er hat vieles über den Willen geregelt.“
An Ole Schröder, wie Schnatterer 1985 geboren, kam er trotzdem nicht vorbei. „Beide haben auf der Sechserposition gespielt. Marc hat immer gekämpft, war laufstark und gut im Zweikampf, aber Ole war damals Kapitän, schon etwas länger dabei und einfach gesetzt“, erklärt Krieg. Schröder spielte noch bis 2012 beim KSC II, den Sprung zu den Profis schaffte er nie. Nach fünf weiteren Jahren beim Oberligisten Spielberg endete seine Karriere eher unspektakulär.
Krieg sagt, ihm habe es für Schnatterer etwas Leid getan. „Er war ein guter Typ, kein Stinkstiefel. Neben dem Platz zurückhaltend, auf dem Platz sehr ehrgeizig. Auch im Training hat er immer alles gegeben.“ In Heidenheim wird sich daran so schnell nichts ändern. Erst im Februar hat Schnatterer seinen Vertrag bis 2021 verlängert. Die Legende geht weiter.