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Tschüssikowski. Lukas Podolski nimmt Abschied von der Nationalmannschaft.
© Christian Charisius/dpa

Abschied aus der Nationalmannschaft: Lukas Podolski: „Klar gibt es mal ein Scheiß-Spiel“

Heute spielt Lukas Podolski zum letzten Mal für Deutschland. Im Interview spricht er über zwölf Jahre im Nationalteam, Bratwurst und Cola beim WM-Finale und wie er seinem Sohn viele neue Trikots besorgt.

Am Mittwoch spielt Lukas Podolski zum 130. und letzten Mal für die Nationalmannschaft – in Dortmund gegen England. Nach dem Ende der Saison wird der 31-Jährige Galatasaray Istanbul verlassen und nach Japan in die J-League wechseln – zu Vissel Kobe. Der Klub aus der Millionenstadt auf der Insel Honshu ist dann Podolskis vierte Auslandsstation: nach dem FC Arsenal in London, Inter Mailand und Galatasaray Istanbul. 2016 beendete er seine Karriere im Nationalteam. Wir blicken mit ihm zurück auf seine prägendsten Erinnerungen im DFB-Trikot.

Lukas Podolski, Sie hören nun endgültig in der Nationalelf auf, aber vielleicht steht der nächste Podolski schon in den Startlöchern. Stimmt es eigentlich, dass Ihr acht Jahre alter Sohn Louis Fan von Borussia Dortmund ist?

Mein Sohn ist Köln- und Dortmund-Fan. Wenn ich Trikots besorgen kann, dann bringe ich sie ihm mit. Und wenn du als kleiner Junge Trikots von Ibrahimovic oder Messi bekommst, dann ist das natürlich toll. Da hat er Spaß dran. Die Trikots hängen alle in seinem Zimmer. Auch eines von Maradona. Das habe ich besorgt, als wir mal in München gegen Argentinien gespielt haben und Maradona damals Nationaltrainer war.

Schauen wir zurück auf Ihre Karriere mit der deutschen Nationalelf. Zuletzt spielten Sie ja nicht mehr so eine große Rolle.

Es ist ganz normal, dass es Formschwankungen gibt. Aber ich denke, ich kann sagen, dass ich in meinen zwölf Jahren in der Nationalmannschaft fast immer meine Leistung gebracht habe. Klar gibt es mal ein Scheiß-Spiel, das ist halt so im Sport.

Trotzdem hat Bundestrainer Joachim Löw immer auf Sie gesetzt – Sie dürfen ihn sogar duzen.

Es ist ja kein Geheimnis, dass mein Verhältnis zu Jogi Löw sehr gut ist. Ich darf ihn schon seit langer Zeit duzen. Er hat mir fußballerisch und taktisch, aber auch menschlich viel gegeben. Er war sicher einer der Trainer, die mich am meisten gefördert haben.

Löw hat früh auf Sie gesetzt, schon als Co-Trainer gemeinsam mit dem damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann. So wurden Sie zu einem der Protagonisten des Sommermärchens 2006. Hat die Mannschaft damals überhaupt selbst daran geglaubt, auf den Punkt genau in Form zu kommen für die WM?

Wir haben natürlich gemerkt, dass im Vorfeld der WM Unruhe herrschte. Auch für einen Spieler ist es schwierig zu sagen: „Ach, die Testspiele sind egal, wenn die WM losgeht, sind wir da.“ Aber man merkte schon, dass da etwas entsteht. Das Trainergespann und das Betreuerteam waren neu, die Mannschaft war im Umbruch. Man merkte auch, dass sich der Fußball veränderte, er war jünger, dynamischer. Das haben wir schon gespürt. Aber wie ein Turnier am Ende verläuft, das weiß man nie.

Sie waren also schon etwas verunsichert im Team?

Nicht wirklich. Wahrscheinlich hat es uns am Ende sogar geholfen, dass die Stimmung vor der WM nicht so gut war, weil der Druck deshalb geringer war. Man ist dann als junger Spieler schon etwas gelassener. Nach der schlechten EM 2004 dachte ja niemand, dass Deutschland sehr weit kommen würde. Aber wir sind unseren Weg gegangen – mit viel Laufbereitschaft und vielen Emotionen.

War es sehr schmerzhaft, das Finale zu verpassen? Oder überwog die Freude, ein gutes Turnier gespielt zu haben?

Ich war beim Finale in Berlin im Stadion. Ich habe schon kurz daran gedacht, wie knapp wir davor waren, dieses Endspiel zu erreichen. Aber auch als ganz normaler Zuschauer bei einem WM-Finale dabei zu sein, war schon geil. Ich komme aus einfachen Verhältnissen und habe wie so viele Fans mal davon geträumt, solch ein Spiel live im Stadion zu sehen. Ich saß also zusammen mit meinen Kumpels auf der Tribüne, bei Bratwurst und Cola, und habe mich einfach gefreut, bei einem so großen Ereignis dabei zu sein.

War es eigentlich ein Vorteil für Sie, dass Sie Linksfuß sind?

Es gibt nicht viele Linksfüßer. Man muss sich nur die Nationalmannschaft ansehen. Wen haben wir denn da noch? Jonas Hector und Mesut Özil, das war’s. Das führt auch dazu, dass Verteidiger eher auf Rechtsfüßer eingestellt sind. Aber mein größter Vorteil war, dass ich im vorderen Bereich auf jeder Position spielen konnte. Am liebsten habe ich vorne drin gespielt oder als hängender Stürmer. In der Nationalelf haben wir lange 4-4-2 gespielt, mit Miro Klose als Spitze und ich ein bisschen hinter ihm.

Und sie waren auch immer ein sicherer Elfmeterschütze – wie die gesamte Nationalmannschaft.

Vielleicht liegt es an unserer Mentalität, dass wir die Elfmeterschießen immer gewinnen. Wir können uns offenbar sehr gut konzentrieren, legen den Fokus nur auf den Elfmeter und haben dann irgendwie auch diese Gier, zu treffen und zu gewinnen. Eine andere Erklärung habe ich nicht dafür, dass Deutschland eine so tolle Bilanz bei Elfmeterschießen hat.

Nachdem man sich einige Jahre einfach nur gefreut hatte, dass Deutschland wieder guten Fußball spielt, wurde dann die Forderung laut, dass ein Titel hermuss. Waren die Spanier in dieser Phase einfach zu stark?

Die Spiele gegen Spanien 2008 und 2010 waren vom Ergebnis her sehr eng, aber die Spanier hatten eine eingespielte Mannschaft, diesen Block vom FC Barcelona, der den Fußball so ein bisschen neu erfunden hatte. Sie waren reifer und hatten mehr individuelle Klasse. Trotzdem waren sie uns nicht deutlich überlegen. Es hätte auch anders laufen können. Man darf nicht vergessen, dass Spanien davor ewig lange nichts gewonnen hatte, wahrscheinlich waren sie einfach mal dran.

Nach der Niederlage im EM-Halbfinale 2012 gegen Italien schien die Stimmung zu kippen, plötzlich war Löw als Bundestrainer nicht mehr unantastbar. Viele Leute dachten, jetzt würde die goldene Generation leer ausgehen. Haben Sie das gespürt?

Wir haben natürlich mitbekommen, dass es nach dem Halbfinal-Aus 2012 Kritik am Trainer gab. Das ist ja auch okay. Wenn man als Mitfavorit im Halbfinale ausscheidet, dann muss man sich Kritik gefallen lassen. Ich glaube, der Bundestrainer war selbst ein bisschen angeschlagen nach dem Spiel. Man konnte ihm ansehen, dass ihn das mitgenommen hat. Aber vielleicht war das im Hinblick auf 2014 gar nicht so schlecht, vielleicht hat es da Klick gemacht.

Das Gespräch führte Uli Hesse.

Uli Hesse

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