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Sesshaft. Lukas Podolski spielt seit zwölf Jahren fürs Nationalteam.
© AFP

Nationalmannschaft: Lukas Podolski ist zweite Wahl, aber unverzichtbar

Es mag inzwischen wichtigere Spieler als ihn geben, aber der Angreifer belebt mit seiner unverstellten Art die Seele des deutschen Teams.

Lukas Podolski ist vielleicht der einbeinigste Nationalspieler der deutschen Moderne. Sein linkes Bein ist eine Wucht, immer noch. Jetzt verehren sie es am Bosporus. Zu Recht, denn hinter Lukas Podolski liegt eine gute Saison. 43 Spiele für Galatasaray, 17 Tore und zehn Vorlagen. Und fast alle mit links. Nun ist die türkische Liga nicht das Nonplusultra des Weltfußballs, aber es gibt nicht wenige, die ihm nicht mal mehr das zugetraut haben. Beim FC Arsenal oder Inter Mailand lief es längst nicht so gut. Und doch hat es Lukas Podolski wieder in den deutschen Kader für die EM geschafft. Was wiederum von hämischen Kommentaren begleitet wurde. Er habe das Ticket als Maskottchen erhalten, war zu lesen.

Alles ist schneller, glatter, oberflächlicher geworden. Einer wie Podolski wirkt da wie eine Wohltat

Ein bisschen aus der Zeit gefallen ist er schon, und doch passt er ins Hier und Jetzt wie kein Zweiter. In Zeiten, in denen alles schneller, alles glatter und oberflächlicher geworden ist. Einer wie Podolski wirkt da fast schon wie eine Wohltat. So unverstellt wie er ist, so ungebügelt. Und irgendwie auch unverbraucht.

Wenn die deutsche Mannschaft am Sonnabend in Gelsenkirchen gegen Ungarn spielt, könnte Podolski sein 128. Länderspiel bestreiten. Lukas Podolski wird an diesem Tag 31 Jahre alt. Fast auf den Tag genau vor zwölf Jahren debütierte er in der Nationalelf, am 6. Juni 2004 in Kaiserslautern – gegen Ungarn. Damals hießen seine Mitspieler noch Oliver Kahn, Christian Wörns und Jens Nowotny. Ein Dutzend Jahre für Deutschland. „Das ist Wahnsinn, macht mich aber auch stolz“, sagt Podolski. Auch wenn er nicht mehr so oft zum Einsatz kommt. Nein, erste Wahl ist er nicht mehr, und doch irgendwie unverzichtbar.

Er ist schon auch noch ein sehr guter Spieler“, hat Joachim Löw bei der Kadernominierung gesagt. „Das ist ein Spieler, den ich sehr schätze, er ist für die Mannschaft wertvoll.“ Und wenn nicht auf dem Platz, dann eben daneben. Podolski blüht auf im Kreis der Auswahl und steckt andere mit seiner Art an. Gerade wenn es eng wird, wie im Trainingslager, oder wenn sich ein Turnier in die Länge zieht. Man könnte meinen, Podolski könne es gar nicht eng genug sein und gar nicht lang genug dauern. „Ich genieße hier jeden Moment, das weiß jeder“, sagt er. „Ich bin ein Teil dieser Mannschaft.“

Podolskis Frau erwartet dieser Tage das zweite Kind

Es mag inzwischen wichtigere Spieler geben als ihn, die Herz oder Hirn der Mannschaft darstellen. Einer wie Lukas Podolski gibt ihr ihre Seele. Man mag sich vorstellen, wie sehr es ihn getroffen hat, als ihn manche als Maskottchen betitelten und fragten, was der denn immer noch in der Nationalelf zu suchen habe. „Ich finde das unverschämt“, sagt Podolski, „das habe ich nicht verdient.“

Podolskis Frau erwartet dieser Tage das zweite Kind des Paares. Der Gedanke daran zaubert ihm ein Lächeln ins Gesicht. Er warte stündlich auf den Anruf. Dann dürfte er sofort seiner Frau zur Seite eilen und die Mannschaft verlassen. Für einen Moment, versteht sich. Wenn es nach ihm ginge, sollte das Kind am Sonntag zur Welt kommen, wenn er ohnehin für zwei, drei Tage nach Hause kommt. Vor wenigen Tagen hat Lukas Podolski Galatasaray gegen Fenerbahce zum Pokalsieg geschossen – mit dem Kopf. Es liege an der türkischen Luft und am guten türkischen Essen, hat er erzählt und gelacht, „für den rechten Fuß hat es nicht gereicht“.

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