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Lukas Podolski (l.) und Bastian Schweinsteiger bei der EM 2008.
© imago sportfotodienst

Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger: Zwei Nominierungen für das Binnenklima

Bundestrainer Joachim Löw setzt weiterhin auf Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski. Doch können sie überhaupt noch mitspielen?

Seit 4311 Tagen arbeitet Joachim Löw inzwischen für den Deutschen Fußball-Bund. In dieser Zeit hat er sechs DFB-Präsidenten im Amt erlebt, drei Bundespräsidenten; Deutschland ist beim European Song Contest Erster und Letzter geworden und hat im Fußball den WM-Titel gewonnen. Vor 4311 Tagen waren Smartphones noch Science Fiction, und Whatsapp gab es auch noch nicht. Nur die Nationalspieler Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger, die gab es schon, als Joachim Löw Ende Juli 2004 Assistent von Bundestrainer Jürgen Klinsmann wurde.

Die beiden jungen Burschen hat Klinsmann damals gewissermaßen aus der Konkursmasse der Ära Völler übernommen. Podolski und Schweinsteiger hatten gerade ihr erstes großes Turnier, die Europameisterschaft in Portugal, hinter sich. Und Rudi Völler hat nie den Eindruck zerstreuen können, dass er sie nur deshalb nominiert hatte, weil sich das Volk so vehement für sie verwandt hatte. Die beiden Lausejungs Schweini & Poldi passten eigentlich so gar nicht in Völlers Aufgebot, in dem sich vor allem altbekannte Gesichter tummelten. Es ist dies eine erstaunliche Parallele zur aktuellen Situation, nur spiegelverkehrt. Inzwischen ist es das Volk, das nicht mehr versteht, warum Podolski und Schweinsteiger bei der EM in Frankreich immer noch dabei sind. Im Unterschied zum Bundestrainer.

„Er ist eine Persönlichkeit, die der Mannschaft viel geben kann“, sagte Löw über Podolski. Der Gesinnungskölner aus Istanbul ist gut fürs Binnenklima, er macht keinen Stunk, wenn er nicht spielt; er ist froh, überhaupt noch dabei sein zu dürfen. Denn rein sportlich erfüllt Podolski die Qualitätsmaßstäbe für einen deutschen Nationalspieler längst nicht mehr. Inzwischen ist er in der international zweitklassigen türkischen Süperlig bei Galatasaray Istanbul gelandet. Und selbst Löws Versuche, ihn zu loben, klangen wie: Er hat sich bemüht. „Für die Mannschaft hat er auch einen sportlichen Wert“, sagte der Bundestrainer fast trotzig. Auch. Als wäre anderes längst wichtiger. Und bei Galatasaray habe Podolski „eine ordentliche Saison gespielt“. So, so: ordentlich.

Schon bei der WM 2014 spielte Podolski kaum eine Rolle

Schon bei der WM vor zwei Jahren hat Podolski kaum eine Rolle gespielt. Im ersten Gruppenspiel gegen Portugal wurde er spät eingewechselt, im letzten gegen die USA zur Halbzeit nach einem blamablen Auftritt ausgewechselt. Danach wurde er nicht mehr berücksichtigt – und viele haben gedacht, dass seine internationale Karriere damit beendet wäre. Doch Podolski hat einfach weitergemacht, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Seit der WM ist er noch zu seinen Länderspieleinsätzen 117 bis 127 gekommen. Zehn Mal wurde er eingewechselt, nur gegen Gibraltar durfte er einmal von Beginn ran.

Bei Bastian Schweinsteiger stellt sich die Situation etwas anders dar. Als Kapitän hat ihm der Bundestrainer weiterhin eine Hauptrolle zugedacht. Allerdings ist fraglich, ob er bis zur EM in der nötigen körperlichen Verfassung sein wird. Mitte März hat sich der 31-Jährige einen Innenbandteilriss im Knie zugezogen, seitdem hat er für seinen Klub Manchester United nicht mehr gespielt. „Da müssen wir noch ein bisschen abwarten“, sagte Löw. Er berichtete, dass Schweinsteiger zumindest im Lauftraining wieder voll belastbar sei. „Wichtig ist, dass er im Moment keine Probleme hat.“ Aber die wirklich wichtigen Fragen wird Schweinsteiger dem Bundestrainer frühestens in der kommenden Woche im Tessin beantworten können: „Hält sein Knie? Gibt es irgendwelche Nachwirkungen? Ist er voll belastbar?“

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