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Bild vom vergangenen Jahr: Unser Kolumnist und Mama Mzansi im Jahr 2016.
© promo

Kolumne: So läuft es: Liebe statt Superfood

Unser Kolumnist ist zurück in Kapstadt - und bei Mama Mzansi. Und bei der lernt er, dass vorwiegend Vegetarisches viel Kraft gibt.

Sportsfreunde, das wird heute eine sehr klare Jacke. Es geht ums Läuferessen. Und Mama Mzansi ist schuld. Aber von vorne: Ich bin wieder zurück in Kapstadt. Letztes Jahr bin ich den 2Oceans Ultramarathon zwar gelaufen, aber ich war ziemlich unvernünftig. Vier Tage vor den 56 Kilometern bekam ich eine leichte Grippe, dachte aber: Kleiß, Du bist nicht 11.000 Kilometer geflogen, um den Marathon nicht zu laufen. Und schleppte mich so durch. Ich war mir sicher: Ich werde das Ding nie wieder laufen. Letztes Jahr im Oktober habe ich mich doch wieder angemeldet um herauszufinden wie es ist, den „schönsten Marathon der Welt“ in gesundem Zustand zu laufen.

Außerdem hatte ich mich in die Menschen und das Land verliebt. Und in Mama Mzansi. Und wieder bin ich zurück bei ihr, in ihrem Wohnzimmer in dem sie kocht. Mitten in Langa, dem in der Tat gefährlichen Township in Cape Town. Wer den Weg zu ihr findet, wird für seinen Mut mit dem besten Essen Kapstadts belohnt. Und mit Worten und Gedanken, die einen erden. Die einen wieder auf den Boden der Tatsachen holen. Was machen sich viele Läufer irre im Kopf, wenn es um die richtige Ernährung geht. Low Carb, low fat, vegan, und... nur keinen Zucker. Superfood muss es sein. Hauptsache Superfood. Clean muss es sein, und natürlich sehr, sehr gesund. Je mehr Chiasamen, Linsen und Ingwertee desto besser. Besonders böse ist alles mit Weizen. Weizen ist quasi das neue Rauchen.

Die Grundlage von allem war immer Pap

Klar gehöre ich auch zu genau dieser irren Gattung Läufer. Aber sowas von. „Der Hauptbestandteil des Essens, das du hier vor dir siehst ist Liebe!“, sagt Mama Mzansi. „Und damit es noch klarer ist: Kraft gibt dir kein Superfood der Welt. Meine Familie und ich haben im Township immer jede Menge Kraft gebraucht. Für die schwere Arbeit, fürs Überleben. Dabei hat kein Superfood geholfen. Sondern das, was verfügbar war. Vorwiegend Vegetarisches. Die Grundlage von allem war immer Pap. (Ein fester Maisbrei, der in Südafrika wie in vielen Teilen Afrikas eine wichtige Essensgrundlage ist). Dazu gab es fast ausschließlich saisonales Gemüse. Fleisch gab es dann, wenn wir Tiere geschlachtet haben, also sehr sehr selten. Meine Mutter hatte Hühner. Es wurden immer mehr Hühner. Plötzlich waren überall Hühner, weil wir es nicht übers Herz brachten, sie zu töten. Die Menschen, die jeden Tag Fleisch essen, sollten die Tiere selbst schlachten. Dann wären sie schnell geheilt.“

Eine sehr kurze Ansprache von Mama Mzansi, die wirklich alles aussagt. Überall in Afrika wird Pap gegessen, und wir wissen, wie schnell afrikanische Läufer sind. Das liegt ganz sicher nicht am Pap allein. Aber vielleicht daran, dass in ihrem Essen – und nicht nur in dem von Mama Mzansi – viel Liebe steckt. Und man Respekt vor Tieren hat. Auf den Punkt: Das Superfood in Afrika besteht vor allen Dingen aus Liebe. Nicht aus Chia. So läuft es.

- Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier jede Woche übers Laufen.

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