Kolumne: So läuft es: Go run, Brother!
Rein in den Flieger, raus ans Meer, empfiehlt unser Kolumnist - wann immer Ihnen Energie fehlt, und die Motivation zum Laufen: Laufen Sie in Kapstadt!
Wenn man zehn Deutsche im Bekanntenkreis fragt, von denen man weiß, dass sie in Südafrika gewesen sind, so hört man mindestens acht Schauergeschichten. Und man fragt sich als Läufer schnell: Wann kann ich denn wo und überhaupt laufen? Ohne ausgeraubt und schwerverletzt im Straßengraben zu liegen. Ich bin nicht ängstlich, aber ich gebe zu: Auch ich habe mich im Vorfeld meiner Reise nach Kapstadt ein wenig wuschig machen lassen.
Doch als ich meine Sachen im Hotel verstaut hatte, mich in die Laufsachen schmiss und zunächst unsicher die Küstenstraße von Seapoint aus Richtung Camps Bay lief, versank ich Meter für Meter in Scham und Demut. Was die Laufstrecke an der Alster für Hamburg ist, ist diese wundervolle Straße für Kapstadt. Mit einem sehr großen Unterschied: Auf dieser Strecke ist Liebe und tonnenweise positive Energie. Deshalb: Wann immer Ihnen Energie fehlt, und die Motivation zum Laufen: Laufen Sie in Kapstadt!
Ich trug ein Baumwollshirt der US-Rapper von Run-DMC, die in den 1980iger Jahren ihre starke Zeit hatten, und hörte dabei ihren Hit „Walk This Way“, der im Original von Aerosmith stammt. Alle zwei Kilometer werde ich von farbigen Sisters und Brothers gefeiert. Ich weiß nicht wie oft mir „Go Brother, go run, Mr. DMC“ zugerufen wurde. Mir wurden unzählige Hände entgegengestreckt, ich habe sie alle abgeklatscht.
Die Küstenstraße nenne ich seit einigen Tagen „Straße der Energie“. Jeder Meter gibt mir in der Tat Kraft für den „2 Oceans Marathon“, einen Ultramarathon über 56 Kilometer am Samstag. Deshalb bin ich nach Kapstadt gekommen. In der Regel sollte man vor einem solchen Marathon nicht jeden Tag 20 Kilometer laufen, aber … ich kann nicht anders. Die unfassbare Schönheit der Küste und die Power des Meeres geben mir auf jedem Meter mehr Kraft, so fühlt es sich an.
Alles was zählt, ist die Liebe zum Laufen
Was mir jedoch wirklich Energie gibt, sind all die Menschen, denen ich seit Tagen bei meinem täglichen Lauf begegne. Und es laufen unfassbar viele Läufer diese Strecke. Gut betuchte weiße Ladies mit ihren Gucci Sonnenbrillen. So groß, dass sie das Gesicht fast komplett verdecken. Sie machen sehr gezeichneten älteren und eher armen schwarzen Frauen und Männern Platz, damit diese überholen können. Und die Ladies entschuldigen sich, dass sie vielleicht etwas zu spät den Weg freigemacht haben.
Und alle, alle Läuferinnen und Läufer strahlen sich an. Mit einer Art von ehrlichem Lachen, das die Seele tief berührt. Es ist stets ein warmes Lachen. Und es spielt keine Rolle, welche Hautfarbe der Läufer hat. Und es spielt keine Rolle, was er oder sie hat. Alles was zählt, ist die Liebe zum Laufen. Und für den Moment, für alle, die diese Strecke nehmen, gibt es keinen Unterschied der Kulturen und der Hautfarbe. Um ehrlich zu sein: Jedoch nur für diesen Moment. Danach klafft wieder der fürchterliche Graben zwischen arm und reich.
Fast täglich begegnet mir auf der Höhe von Clifton Bay der Mann, der als erster „Go Brother, go run, Mr. DMC“ lachend und mit purer Freude rief. Er heißt Alfred. Ich habe ein zweites Run-DMC- Shirt gekauft. Und ich hoffe, er wird es mit ähnlicher Freude beim Laufen tragen, wie ich es tue. Und hört dabei „Walk This Way“. So läuft es.
- Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.
Mike Kleiß
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