Da hilft auch keine Ballermann-Musik: Leverkusen beendet die Saarbrücker Pokalträume
Der Viertligist versucht es mit spezieller Atmosphäre, aber es nutzt nichts: Leverkusen lässt beim 3:0-Sieg nichts anbrennen und steht im Finale des DFB-Pokals.
Wenigstens ein bisschen Atmosphäre sollte es doch sein für den 1. FC Saarbrücken. Weil das erste Halbfinale seit 35 Jahren vor leeren Rängen stattfand, versuchte der Viertligist bestmöglich so etwas wie Stimmung zu simulieren. Aus den Stadionboxen liefen in der Stunde vor dem Anpfiff des Pokal-Halbfinals gegen Bayer 04 Leverkusen deshalb abwechselnd Vereinshymnen, Ballermann-Musik und Sprachnachrichten der Fans in extremer Lautstärke.
Die Kneipen in Saarbrücken durften mit einer Sondergenehmigung sogar bis 24 statt bis 23 Uhr öffnen – für den Fall von Verlängerung und Elfmeterschießen. Doch das hatte sich am Dienstagabend schnell erledigt.
Mit wenig Glanz, aber eiskalter Professionalität beendete der Bundesligist das Fußballmärchen des Viertligisten und greift nun nach dem ersten Titel seit 1993. Auch ohne den angeschlagenen Kai Havertz ließ das Team von Peter Bosz beim 3:0 (2:0) im ersten Halbfinale des DFB-Pokals in Völklingen zu keinem Zeitpunkt Zweifel an einem Favoritensieg aufkommen. Bei ihrer vierten Finalteilnahme, die erste seit 2009, treffen die Leverkusener am 4. Juli in Berlin auf den FC Bayern München oder Eintracht Frankfurt.
„Man spielt ein Finale, um es zu gewinnen. Das wird der nächste Auftrag“, kündigte Trainer Bosz beim TV-Sender Sky sogleich an. Sportchef Rudi Völler träumt dabei, dass es kein komplettes Geisterspiel wird. „Ich bin da ein bisschen Optimist und habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir da vielleicht ein paar Zuschauer dabei haben werden. Vielleicht will man ja in dem großen Stadion ein kleines Zeichen setzen. Aber das entscheidet die Politik.“
Saarbrücken, das als erster Viertligist im Halbfinale Pokalgeschichte geschrieben hatte, blamierte sich nicht und hielt zumindest tapfer dagegen. Nach drei Monaten ohne Spiel, ohne Stadionpublikum und gegen einen diesmal übermächtigen Gegner war die fünfte Sensation nach den Siegen gegen die Bundesligisten Köln und Düsseldorf sowie die Zweitligisten Regensburg und Karlsruhe aber illusorisch.
FCS-Torhüter Daniel Batz war „unfassbar enttäuscht“. Der Respekt sei zu groß gewesen. „Wir haben alles gegeben. Unser Matchplan sah anders aus. Wir haben das 5-5-0 so gespielt, wie wir es nicht spielen wollten.“ Trainer Lukas Kwasniok ergänzte: „Wir haben verloren. Das ist für den Gemütszustand erstmal schlecht. Wir waren da, aber nicht griffig. Wir wollten alle Waffen ziehen und haben mit Wattebällchen geworfen.“
Moussa Diaby (11.) und Lucas Alario (17.) hatten für die frühen Tore gesorgt, die Bayer ersehnt und der FCS befürchtet hatte. Danach ging es nur noch um die Höhe des Ergebnisses. Mit nur einem weiteren Tor durch Karim Bellarabi (58.) gestaltete der Champions-League-Aspirant das Ergebnis letztlich gnädig.
Taktisch überraschte Saarbrückens Trainer Kwasniok, der sein Team sechs Wochen nur auf dieses Spiel vorbereitet hatte und einen „Schlachtplan statt Matchplan“ angekündigt hatte, mit einer Fünferkette mit dem einstigen Bundesliga-Profi Manuel Zeitz als Mittelmann. Bayer begann trotz fünf Änderungen und ohne den erneut angeschlagenen Nationalspieler Havertz im gewohnten 4-2-3-1, das allerdings wie erwartet sehr offensiv interpretiert wurde.
Der Außenseiter war schnell im Wettkampfmodus, doch Leverkusen ging die Aufgabe konzentriert und seriös an. Und wurde schnell belohnt. Nach einem sehenswerten Pass von Kerem Demirbay erzielte Diaby per Volleyschuss durch die Beine von Daniel Batz die Führung.
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Sechs Minuten später verhinderte Batz, Elfmeterheld im Viertelfinale gegen Düsseldorf, gegen den freistehenden Charles Aranguiz noch das 0:2. Weitere zwei Minuten später war der sonst starke Keeper mitschuldig am zweiten Tor, als er den Ball unglücklich zu Alario abwehrte.
83 Prozent Ballbesitz und 15:1 Torschüsse waren zur Halbzeit für den Bundesligisten notiert, der aber nach dem 2:0 zunächst die Gier vermissen ließ. Saarbrücken hätte das Spiel so mit einem Tor wieder spannend machen können. Batz aus dem Tor und Kwasniok am Spielfeldrand brüllten das Team abwechselnd nach vorne.
Als der zur Pause eingewechselte Bellarabi jedoch ohne großen Widerstand das 3:0 erzielte, war auch für größte Saarbrücker Optimisten klar, dass das Pokalmärchen hier endete. Leverkusen spielte den Stiefel am Ende souverän herunter und hat nun bald wieder einmal die Chance auf einen Titel. Dann vermutlich in etwas anderer Atmosphäre. (Tsp/dpa)