Hertha BSC gegen Hoffenheim: Leider waren da diese zehn Minuten
Beim 3:3 gegen die TSG Hoffenheim zeigt Hertha BSC wieder Qualitäten, die zuletzt als verschüttet galten. Trainer Pal Dardai fordert mehr.
Manchmal tut es im Fußball ganz gut, ein gespieltes Spiel von seinem Ende her zu betrachten. Wenige Minuten vor dem Abpfiff gelang Hertha BSC durch einen vehementen Sturmlauf noch der Treffer zum überaus verdienten 3:3 gegen die TSG Hoffenheim. Es war so spät im Spiel eine Willensleistung der Berliner, eine drohende Niederlage abzuwenden.
Valentino Lazaro war das herrliche Tor gelungen, und wenn das Spiel vielleicht noch fünf oder zehn Minuten länger gedauert hätte, wer weiß. Nicht wenige der 45 000 Zuschauer im Olympiastadion hätten den Berlinern sogar noch einen Sieg zugetraut, so vogelwild wie die Hoffenheimer in der Schlussphase drauf waren.
Tja, vielleicht waren es diese zehn Minuten, die die Berliner zu Beginn des Spiels so unglaublich verträumt hatten. Da lagen die Hoffenheimer bereits mit zwei Toren in Front. „Wenn man so früh 0:2 zurück liegt, erwartet man einen schweren Nachmittag“, sagte Vedad Ibisevic nach dem Spiel. Herthas Kapitän hatte Hertha rasch auf 1:2 herangebracht, der Gastgeber war endlich im Spiel. Und anschließend waren die Berliner besser.
Nur leider waren da diese zehn Minuten, die Hertha anfangs verschlafen hatte und am Ende fehlten. Und sie kosteten den Berlinern den ersten Sieg seit dem umjubelten Heimsieg über den FC Bayern am 6. Spieltag Ende September. Seit 58 Tagen haben die Berliner in der Liga nicht mehr gewinnen können, dreimal spielten sie unentschieden (Mainz, Freiburg, Dortmund), zweimal verloren sie (Leipzig, Düsseldorf).
Wenn Hertha vor dem Spiel gegen Hoffenheim an einem kritischen Punkt war, so haben die Berliner diesen fürs Erste gemeistert. Denn nach sieben Gegentoren, die die Berliner in den vorangegangenen beiden Spielen gegen Leipzig und Düsseldorf kassiert hatten, musste man nach der frühen Hoffenheimer Führung Schlimmeres befürchten.
Marko Grujic feiert ein gelungenes Comeback
Doch angestachelt vom Anschlusstreffer kämpften sich die Berliner „Stück für Stück“ zurück, wie es Mathew Leckie sagte, der gleich nach der Halbzeitpause eine Chance zum 2:2 ausließ. Stattdessen folgte das 1:3, ein weiterer Nackenschlag. „Nach dem 1:3 ist das Spiel eigentlich durch“, sagte der danach eingewechselte Davie Selke. Doch dieses Mal ging noch was. „Als ich reingekommen bin, habe ich gleich gemerkt, dass die Jungs noch wollen und heiß sind“, sagte der Stürmer, der Leckie das 2:3 auflegte.
In der Folgezeit stürmte Hertha drauflos und hatte zahlreiche Chancen. An diesem Nachmittag hätten die Berliner gegen einen eigentlich starken Gegner wie die TSG sechs, sieben oder acht Tore schießen können. Ihre Torchancen hatten die Güte dazu. Insgesamt schoss Hertha 23 Mal auf das Gästetor, eine Anzahl, für die die Berliner in der vergangenen Spielzeit noch drei Spiele benötigt hätten.
„Es wäre sehr ungerecht gewesen, wenn wir dieses Spiel verloren hätten“, sagte der österreichische Nationalspieler Lazaro hinterher. Der Mannschaft gebühre „ein unglaubliches Lob, ich bin sehr stolz, dass wir uns gemeinsam noch einmal so rausgezogen haben“.
Für die Moral sei das Spiel samt seinem Ergebnis wertvoll, sagte Herthas Trainer, „das tut uns gut“. Gleichwohl mahnte Pal Dardai, dass es künftig mehr braucht. „Immer nur unentschieden ist ein bisschen zu viel unentschieden, wir müssen auch mal wieder ein Spiel gewinnen“, sagte Dardai. Doch auch der Ungar war letztlich zufrieden. Der letzte Eindruck sei grundlegend positiv, die Mannschaft habe sich zurückgekämpft und sich für ihren Aufwand und Mut zum Ende des Spiels mit einem Punkt noch belohnen können. So etwas gebe Kraft, stärke das Selbstvertrauen und verschaffe den Seinen wieder einen hoffnungsvollen Ausblick.
Kommenden Sonnabend müssen die Berliner bei Hannover 96 ran. Mit großer Zufriedenheit hat Herthas Trainer das gelungene Comeback von Marko Grujic registriert, der erstmals seit neun Wochen wieder ein Pflichtspiel bestreiten konnte. „Ich glaube es war gut, dass er sich durchgekämpft hat“, sagte Dardai. Von der Präsenz des 22 Jahre alten Serben im Zentrum des Spiels profitierte das Team.
Und so lag nach den jüngsten Enttäuschungen und atmosphärischen Störungen viel Versöhnendes über dem dampfenden Rasen des flutlichtumspülten Olympiastadions. Dardais Mannschaft hat wieder ein anderes Gesicht gezeigt und Qualitäten bewiesen, die zuletzt als verschüttet galten. Das wurde am Ende auch in der Ostkurve wieder bejubelt.