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Zum Verzweifeln: Hamburgs Torwart Christian Mathenia.
© dpa

Auslaufen mit Lüdecke: "Lebbe geht weider, HSV"

Der Relegationsplatz gehört doch traditionsgemäß dem HSV. Deswegen ist unser Kolumnist etwas verwirrt über die Tabellensituation.

Nach diesem kalten Spieltag, der an Attraktionen so reich war wie eine alte Folge „Praxis Bülowbogen“, möchte ich mich zwei ganz besonderen Mannschaften widmen: Wolfsburg und natürlich – Hamburg! Der VfL Wolfsburg steht in der Rangfolge der teuersten Bundesliga-Mannschaften auf Platz sieben, schickt sich aber gerade an, möglicherweise auf dem Relegationsplatz 16 zu landen. Viel fehlt jedenfalls nicht mehr. Hamburg dagegen steuert inzwischen gleich den direkten Abstieg an. Beide Entwicklungen sind überraschend.

Denn Platz 16 gehört eigentlich traditionsgemäß dem HSV. Das war immer so. Damit die Hamburger dann mit einer Mischung aus Glück und Fehlentscheidungen gegen irgendeinen unglücklichen Zweitligisten die Klasse halten können. Dagegen spricht jetzt die Statistik. Mit dem derzeitigen Punktestand der Hamburger ist noch jede Bundesligamannschaft abgestiegen. Und was sagen die Verantwortlichen? „Jetzt müsste schon etwas Außergewöhnliches passieren“, resümiert der Manager und ein Hamburger Stürmer sagt, er gebe zwar nie auf, aber „für unsere Restchance hätten wir gewinnen müssen“. Das klingt ääähhh… gar nicht gut. Es erinnert auch weniger an Ehrgeiz und sportliches Aufbäumen, sondern mehr an Kondolenzbekundungen vor der letzten Ruhestätte.

Interessante Parallele zwischen HSV und Wolfsburg

Es besteht eine interessante Parallele zwischen den beiden Vereinen. Beide haben vor kurzer Zeit ihren Trainer entlassen. Und die jeweils neuen Übungsleiter konnten bislang kein einziges Spiel gewinnen. Das ist natürlich blöd, wenn man das Führungspersonal auswechselt und die gewünschten Effekte ausbleiben. Was soll man nun tun? Noch mal den Trainer entlassen? Für Wolfsburg kommt das wohl eher nicht in Frage. Für Hamburg schon.

Der HSV hat ja in dieser Saison erst einen Trainer gewechselt. Das ist für hanseatische Verhältnisse solide. Sehr solide sogar. Da ginge schon noch was. Vielleicht zwei, drei Spieltage vor Schluss noch mal die hundertste Reißleine ziehen? Aber irgendwie spüren sie allmählich auch in Hamburg, dass es gar nicht an den Trainern gelegen hat. Wenn das Haus Risse im Mauerwerk aufweist und der Dachstuhl brennt, was nützt da eine neue Eingangstür?

Aber man muss fairerweise sagen, es gibt viele Dinge, die aus unserem Leben verschwunden sind. Die Telefonzelle, die Parkuhr, der Walkman. Und jetzt also der Hamburger SV aus der Bundesliga. Wie sagte der Sportphilosoph Dragoslav Stepanovic, den auch keiner mehr kennt? „Lebbe geht weider“. Ist echt so.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga

Frank Lüdecke

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