Testspiel Deutschland gegen Argentinien: Lautaro Martinez ist das Gesicht des Umbruchs
Die großen Stars um Lionel Messi fehlen den Argentiniern in Dortmund. Doch der Hoffnungsträger von Inter Mailand hat eine herausragende Trefferquote.
Es gibt nur ganz wenige Orte in Argentinien, in denen der Fußball nicht Sportart Nummer eins ist. Bahia Blanca ist einer davon. Die 600 Kilometer südlich von Buenos Aires gelegene Stadt ist die Hochburg des argentinischen Basketballs und Heimat von Manu Ginobili. Während überall sonst im Land Kinder Lionel Messi oder dem Nationalheiligen Diego Maradona nacheifern, sind auf den Bolzplätzen Bahia Blancas auch zahlreiche junge Basketballer zu sehen – vorzugsweise im Trikot mit der legendären Nummer 20 der San Antonio Spurs.
Auch Lautaro Martinez träumte als kleiner Junge in Bahia Blanca von einer Karriere in der NBA. Lange spielte er sowohl Basketball als auch Fußball. „Ich liebe Basketball, aber mit 15 musste ich mich entscheiden und ich habe Fußball gewählt“, sagte Martinez der argentinischen Zeitung „El Grafico“. Angesichts seiner Körpergröße von nur 174 Zentimetern war es wohl eine gute Entscheidung. Denn mit 22 Jahren gilt Lautaro Martinez mittlerweile als einer der größten Hoffnungsträger des argentinischen Fußballs.
Wenn die Albiceleste, die Himmelblau-Weißen, am Mittwoch gegen die deutsche Nationalmannschaft antreten (ab 20.45 Uhr, live auf RTL), darf man den Begriff Testspiel durchaus wörtlich nehmen. Es ist ein Test für die nähere Zukunft, ein Test für die nächste Generation und auch ein Test für Martinez.
In Dortmund treten die Argentinier ähnlich wie das Team von Joachim Löw stark ersatzgeschwächt an. Messi ist nach seinen Korruptionsvorwürfen gegen den südamerikanischen Fußballverband bei der Copa America noch bis November gesperrt. Auf Sergio Aguero verzichtet Nationaltrainer Lionel Scaloni ebenso freiwillig wie auf Angel di Maria, Gonzalo Higuain und Mauro Icardi. Zudem werden die Spieler der großen argentinischen Rivalen Boca Juniors und River Plate kurz vor dem Duell im Halbfinale der Copa Libertadores in zwei Wochen geschont. So haben es neben dem einzigen echten Star Paulo Dybala von Juventus Turin etwa Lucas Alario (Bayer Leverkusen), Nicolas Gonzalez (VfB Stuttgart) und Leonardo Balerdi (Borussia Dortmund) in den Kader geschafft – und natürlich Martinez.
Der Stürmer von Inter Mailand steht stellvertretend für den Umbruch beim zweimaligen Weltmeister nach der enttäuschenden WM. Schon in Russland hätten ihn viele Fans und Experten gerne dabei gehabt, doch Trainer Jorge Sampaoli verzichtete trotz starker Leistungen für Racing Club auf Martinez. Sampaoli war kurz darauf Geschichte und sein Nachfolger Scaloni setzt seitdem voll auf „El Toro“, den Stier, wie er in der Heimat genannt wird. In zwölf Spielen seit der WM hat Martinez neun Tore erzielt.
Der FC Barcelona soll an Martinez interessiert sein
Zuletzt gelangen ihm im September bei einem Testspiel gegen Mexiko drei Treffer innerhalb von 22 Minuten. Am Morgen vor dem Spiel, das an Ginobilis alter Wirkungsstätte in San Antonio stattfand, hatte die Basketball-Legende den Fußballern einen Besuch abgestattet und sich auch kurz mit Martinez unterhalten. „Das war ein kompletter, ein perfekter Tag vom Morgen bis in die Nacht“, sagte Martinez der Zeitung „La Nacion“.
Mittlerweile ist er aus der Nationalmannschaft nicht mehr wegzudenken und das nicht nur wegen seiner beeindruckenden Torquote. Martinez ist für die gegnerischen Abwehrspieler durch seinen großen Bewegungsradius sehr unangenehm zu verteidigen, schießt mit beiden Füßen ebenso hart wie präzise und hat keine Angst vor großen Herausforderungen. Nach seinem Wechsel zu Inter Mailand für 14 Millionen Euro im Sommer 2018 sicherte er sich sofort das Trikot mit der Nummer zehn. Während er die großen Erwartungen in seiner ersten Saison nicht ganz erfüllen konnte, läuft es nun sehr gut. „Letztes Jahr musste ich mich erst anpassen. Dass ich in der Nationalmannschaft gut gespielt habe, hat mir dabei geholfen: Jetzt habe ich mehr Selbstvertrauen“, sagte Martinez der italienischen „Gazzetta dello Sport“.
In der vergangenen Woche erzielte er je ein Tor gegen Juventus Turin und den FC Barcelona. Die Katalanen sollen bereits Interesse an einer Verpflichtung des Argentiniers signalisiert haben und sich von der festgeschriebenen Ablösesumme in Höhe von 111 Millionen Euro nicht abschrecken lassen. Martinez' Berater ließ schon mal verlauten, dass es für seinen Klienten eine Ehre wäre, mit Messi zusammenzuspielen – ruderte nach großer Kritik aus Mailand aber schnell zurück. Er habe natürlich nur die Nationalmannschaft gemeint. Da harmonierten beide bei der Copa America ordentlich. Gegen Deutschland muss Lautaro Martinez aber erst mal ohne Lionel Messi auskommen.