Biathlon-WM in Oslo: Laura Dahlmeier wird Weltmeisterin in der Verfolgung
Zwanzig Sekunden mühelos aufgeholt. Laura Dahlmeier lieferte bei der WM in Oslo das perfekte Rennen ab. Franziska Hildebrand als Vierte und Franziska Preuß als Sechste rundeten das glänzende Ergebnis ab.
Von der Sonne, die am Tag zuvor noch so passend durch die Jalousien geschienen hatte, war diesmal nichts zu sehen. In der Ecke der Biathlonanlage auf dem Holmenkollen, in der Laura Dahlmeier 25 Stunden vorher ihren fulminanten Lauf zu WM-Bronze im Sprint genoss, war es diesmal recht finster. Dem Gefühlszustand der frischgebackenen Weltmeisterin entsprach die Wetterlage über Oslo natürlich nicht ansatzweise. Aber um solche Äußerlichkeiten schert sich die 22-Jährige generell nicht. Sondern entwirft, wenn es sein muss, ihre ganz eigenen Bilder.
So wie am Sonntag bei ihrem Triumph im Verfolgungsrennen von Oslo, bei dem sie nach der dritten von vier Schießübungen die Gejagte war. Allerdings eine Gejagte mit komfortablem Zeitpolster. Sogar einen Fehlschuss hätte sie sich erlauben können – und mit diesem Gefühl relativer Sicherheit rutschte die Garmischerin vor die fünf schwarzen Scheiben. „Ich habe mir vorgestellt, es ist Sommer und ich mache mein Ding“, erzählte sie später in ihrer dunklen Ecke.
Also ließ sie in ihrem Inneren die Sonne aufgehen – und los ging's: „Erster Schuss – danach habe ich mir gedacht: Ich kann das. Zweiter Schuss: Auch. Dritter Schuss: Auch. Nach dem vierten dachte ich: Jetzt kann eh nix mehr schiefgehen. Beim fünften habe ich ganz kurz gezögert – und dann ging's wie im Training.“ Der Rest war Genuss pur. Völlig einerlei, dass das Fähnchen in den Deutschlandfarben, das sie auf dem Berg vor der letzten Abfahrt von einem Techniker in die Hand gedrückt bekam, um einiges bescheidener ausfiel als die gewaltige blau-weiß-rote Flagge, mit der Martin Fourcade zwei Stunden zuvor die Vollendung seines Oslo-Hattricks feiern durfte.
Franziska Hildebrand und Franziska Preuß rundeten das glänzende Ergebnis ab
Für den Franzosen war der Sieg eine schöne Gewohnheit. Für Dahlmeier war es der nächste Meilenstein auf ihrem Weg in den großen Fußstapfen von Magdalena Neuner. Diesen Vergleich allerdings mag sie gar nicht, und jenseits ihres großen Potenzials haben die Abenteurerin Dahlmeier, die immer wieder zu waghalsigen Klettertouren aufbricht und schon mal auf einem schmalen Felssims 800 Meter über dem Boden nächtigt, und Rekordweltmeisterin Neuner, die sich mit 25 aus dem Biathlonsport ins Privat- und Familienleben verabschiedete, wenig gemeinsam.
WM-Gold hatte Laura Dahlmeier im letzten Jahr in Kontiolahti bereits mit der Staffel gewonnen, nun folgte die Premiere in einer Einzelkonkurrenz. Mit 20 Sekunden Rückstand auf die norwegische Sprintsiegerin Tiril Eckhoff ging Dahlmeier, eine ausgesprochene Liebhaberin der Verfolgung, ins Rennen. Am Ende war sie 48 Sekunden schneller als die zweitplatzierte Italienerin Dorothea Wierer und 57 Sekunden als Marie Dorin-Habert aus Frankreich auf Rang drei. Franziska Hildebrand als Vierte und Franziska Preuß als Sechste rundeten das glänzende Ergebnis für die deutschen Biathletinnen ab.
Die ultimative Strahlefrau aber war Laura Dahlmeier – deren Lohn unter anderem ein Besuch beim norwegischen Monarchen Harald V. war. „Als ich klein war, haben mir meine Eltern gesagt: Wenn du gut bist, darfst du auch mal mit dem König sprechen.“ Nun war es so weit – und später erzählte Dahlmeier vom Plausch mit dem Staatsoberhaupt: „Er hat sehr langsam gesprochen, hat mir gratuliert und mir seine Schwester vorgestellt. Das war alles sehr entspannt.“ So ruhig wie sie selbst zuvor im Rennen. „Ich war überhaupt nicht nervös – dieser Modus passt für mich einfach“, präsentierte Dahlmeier ihr Erfolgsrezept.
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