zum Hauptinhalt
Poser oder Poster? Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (l.) joggt in Berlin mit Bodyguards über den Pariser Platz.
© dpa

Kolumne So läuft es: Lauffotos bei Facebook & Co.: Posten ist nicht gleich posen!

Nicht jeder, der seine sportlichen Leistungen auf Facebook oder Instagram postet, ist ein Narzisst. Soziale Netzwerke sind wahre Motivationsmonster, um sich zu bewegen, meint unser Kolumnist.

Anerkennung, Wertschätzung und Lob. Das sind Dinge, die wir Menschen brauchen. Zum Überleben. Ureigene Bedürfnisse, die jeder von uns tief in sich trägt. Das ist das eine.

Das andere ist: Die Welt braucht Helden. Das war schon immer so. Helden, die zu Vorbildern werden. Vorbilder sind so unglaublich wichtig. Und zwar aus einem ganz besonderen Grund: Vorbilder motivieren uns, sie treiben uns an. Und wenn es Vorbilder in Sachen Sport sind, dann finde ich: Es kann nicht genug von ihnen geben. Denn egal ob Profi, Amateur oder Freizeitsportler, wer Vorbild ist, kann viel bewegen. Im wahrsten Sinne. Ein Laufvorbild kann sogar dabei helfen, dass sich immer mehr Menschen bewegen.

Die sozialen Netzwerke sind voll von diesen kleinen Motivationsmonstern. Von Menschen, die oft laufen. Und vielleicht sogar noch öfter ihre Ergebnisse posten. Sie posten ihre Jubelbilder nicht nur bei sich selbst, sie teilen sie auch noch zusätzlich mit anderen Läufern in einer der unendlich vielen Laufgruppen. Immer häufiger werden diese Läufer leider in einen Hater-Topf mit all denen geworfen, die stolz ihr bio-veganes Mittagessen posten. Oder mit Paaren, die öffentlich alle Liebeserklärungen auf die Pinnwand schreiben müssen. Wichtige Liebesbotschaften, wie „Seit 2 Wochen zusammen. #foreverinlove #yeah“.

Und es kommt noch dicker. Für die Psychologin Tara Marshall ist klar: Menschen, die ihre sportlichen Leistungen auf Facebook oder Instagram posten, haben eine psychische Störung. Sind Narzissten. „Narzissten brauchen die Aufmerksamkeit und vor allem die Anerkennung ihrer Freunde. Sie glauben, dass ihre Freunde sie dafür bewundern, wenn sie mit ihrer Fitness angeben“, sagte Tina Marshall erst kürzlich der „Huffington Post“. Die kecke Behauptung basiert auf einer Studie, die sie mit einem Forscherteam an der Brunel University in London durchführte. Die Selbstdarstellung auf Facebook war der Ansatz. Die Studie war jedoch bedingt durch die niedrige Fallzahl nicht repräsentativ. Puh!

Tina Marshall sollte vielleicht einfach mal eine Runde laufen gehen. Und ihr Laufergebnis posten. Um zu schauen, was passiert. Wie sich das anfühlt. Die sozialen Netzwerke und entsprechende Postings gehören zu unserem Alltag. Das kann man mögen, oder auch nicht. Sie sind in der Gesellschaft längst angekommen. So müsste man die Marshall-These dann auch skalieren. Und behaupten, dass ein großer Teil unserer Gesellschaft psychisch gestört ist. Völliger Unsinn. Man bedenke: 28 Millionen Menschen nutzen alleine in Deutschland Facebook aktiv. In Deutschland gibt es 13 Millionen Läufer. Und viele von ihnen fühlen sich schlicht durch entsprechende Likes ihrer Pinnwand motiviert.

Was aber viel wichtiger ist: Sie motivieren andere, sich mehr zu bewegen. Was Boris Becker in den 80er Jahren durch sein Tennis im Fernsehen schaffte – er löste einen Tennisboom aus – das geschieht heute durch die angebliche Selbstdarstellung vieler Läufer im Netz. Der Unterschied dabei ist: Es gibt unendlich viele Boris Beckers. Beckers wie du und ich. Und all diese laufenden Beckers sorgen für Bewegung, für mehr Spaß am Laufen, für pure Motivation. Posten wir, was das Zeug hält. Es tut allen gut. So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier wöchentlich übers Laufen. Zuletzt erschienen: "In jedem steckt eine Lauf-DNA" und "Der Winter macht stark" .

Zur Startseite