zum Hauptinhalt
Kein Kuschelkurs. Frodeno (l.) und Lange sind im Kraichgau Konkurrenten.
© dpa/Omori

Triathlon: Lange und Frodeno messen sich im Kraichgau

Bei dem Halbdistanz-Rennen tritt dieses Wochenende die deutsche Ironman-Elite an. Jan Frodeno muss sich gegen Weltmeister Lange und Böcherer beweisen.

Patrick Lange hat eine unsichtbare Zielscheibe auf dem Rücken, wenn er am Sonntag um 9 Uhr in den Hardtsee springt, danach auf seinem Zeitfahrrad durch die hügelige Landschaft des Kraichgaus fährt und einen Halbmarathon läuft. Im Visier haben ihn niemand Geringeres als den Weltrekordhalter über die Ironman-Distanz, Jan Frodeno, und der Europameisterschaftszweite Andi Böcherer. „Aber für mich war das in den vergangenen Jahren ja genau da Gleiche“, sagte der 31-Jährige im Vorfeld des Halb-Ironman Kraichgau im Interview mit der Plattform „tri-mag.de“. Auch er jagte den Frodenos und Kienles hinterher, hatte ihr Hinterrad und die Abstände auf der Laufstrecke im Blick.

Der Ironman-Weltmeister hat sich seine Bescheidenheit bewahrt, trotz des steilen Aufstiegs vom Freizeittriathleten zum König von Kona innerhalb von nur eineinhalb Jahren. 2015 startete Lange zum ersten Mal bei dem Rennen, das einen Monat vor der Europameisterschaft über die volle Distanz in Frankfurt als kleine Schwester des oft von Hitze geschlagenen Ironmans am Main gilt.

Dieses Jahr allerdings tritt das Rennen aus dem Schatten des Metropolrennens: Bei der erstklassigen Besetzung gilt der Wettkamof als Formtest nicht nur vor Frankfurt, sondern bereits für die Weltmeisterschaften auf Hawaii im Oktober. Vor allem auf einen Herausforderer von Lange wird die Szene schauen: Wie viele Pfeile hat Doppelweltmeister Jan Frodeno im Köcher? Frodeno schien unbesiegbar, gewann den Saisonhöhepunkt auf Hawaii jeweils mit deutlichem Vorsprung. Dieses Bild bekam Risse, als er sich im vergangenen Jahr mit Rückenschmerzen auf der Laufstrecke krümmte, gar gehen musste und schlussendlich weit abgeschlagen als Achter ins Ziel kam.

Frodeno hat seinen Elan zurück

Von diesem Schock hat sich „Frodo“ scheinbar gut erholt. Der 36-Jährige ist ohnehin als Sunnyboy bekannt, dementsprechend locker war er auch im Gespräch vor seiner zweiten Halbdistanz dieser Saison. Das kann er sich auch erlauben: Bei seinem ersten Rennen in Oceanside gewann er souverän, wies den Kanadier Lionel Sanders in die Schranken. Noch verkatert von der Feier in Hawaii, die der lebenslustige Familienvater sich trotz der Niederlage nicht entgehen ließ, beschloss er, im Kraichgau zu starten. Den Winter nutzte er zur Besinnung und machte aus dem Reflektionsprozess ein Buch. Frodeno, der unter seiner Marke „Frodissimo“ auch Kaffee und Käppis verkauft, gibt sich aufgeräumt: „Die Saison 2017 war mehr ein Abhaken“, analysiert er seine Fehler. „Jetzt ist die Intention eine andere und ich gehe mit mehr Intention und Elan, aber auch mit mehr Zielstrebigkeit da ran.“ Sein Ziel: Zum dritten Mal Weltmeister werden.

Dritter im Bunde der Topfavoriten ist Andi Böcherer, der in Kona 2017 verletzungsbedingt ausfiel. Dafür gewann er in dieser Saison bereits den Halb-Ironman in der Provence und wurde über die Olympische Distanz „König von Buschhütten“ in direkter Konkurrenz mit Weltmeister Patrick Lange. Er ist kampflustig vor dem Kräftemessen am Sonntag. „Ich vermisse Sebastian Kienle hier“. Der Weltmeister von 2014 und Vorjahresvierter in Kona hätte einen Heimvorteil gehabt – er wohnt im nahegelegenen Mühlacker, kennt die Radstrecke auswendig. Kienle will sich dem direkten Kräftemessen aber noch nicht stellen und startet am Sonntag im slowakischen Samorín. Ganz konkurrenzlos ist er dort aber nicht: Die internationale Konkurrenz nutzt das Rennen dort ebenfalls als Formtest. Lionel Sanders und Michael Raelert werden neben Kienle an der Startlinie stehen.

Als Favoritin im Frauenfeld gilt im Kraichgau die Vorjahressiegerin Laura Philipp. Sie besiegte am vergangenen Wochenende ihre Konkurrentin Anja Beranek beim Halb-Ironman in St. Pölten. Die Erwartungen sind dementsprechend hoch. „Das Rennen von St. Pölten ist noch so präsent, dass ich einfach versuche, den Schwung mitzunehmen.“ Dabei könnte das Rennen nur sieben Tage vor dem Start im Kraichgau auch als Handicap gelten – eine Woche zur Regeneration nach einer Hitzebelastung ist wenig. Wie ihre männlichen Kollegen sieht sie Kraichgau letztendlich als Vorbereitung auf Frankfurt – „ein guter Trainingsreiz“.

Zur Startseite