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Die letzten Würfe. Iker Romero verlässt die Füchse Berlin im Sommer und geht zurück in seine Heimatstadt Vitoria im Norden Spaniens.
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Handball-Bundesliga: Komiker, Künstler, Kapitän: Iker Romero beendet seine Karriere

Vor drei Jahren wurde der Wechsel von Iker Romero zu den Füchsen Berlin belächelt, jetzt beendet der Spanier im Sommer seine Karriere beim Handball-Bundesligisten - und der 33-Jährige geht als Legende.

Es war Mitte März, als sich in der Max-Schmeling-Halle eine Szene mit Seltenheitswert ereignete. Iker Romero hechtete einem abgeblockten Ball hinterher, als ginge es gerade um mehr als ein lumpiges Resultat in einer frühzeitig entschiedenen Begegnung. Energisch warf er sich auf das Spielgerät und vergrub es mit einer Verbissenheit unter sich, dass sogar der Hallenboden quietschte. Dabei sind die Knochen des 33-Jährigen eigentlich gar nicht mehr gemacht für kräfteraubende Drecksarbeit in der Defensive, der Spanier in Diensten von Handball-Bundesligist Füchse Berlin ist bei seinem Arbeitgeber nur in zweiter Linie Kapitän und in erster Künstler. Vom Hallensprecher wird er stets als „Mann für die besonderen Momente“ angekündigt. Wie also passte das bitteschön zusammen?

Romero musste nach besagtem Spiel gegen Hannover-Burgdorf selbst lachen, als er auf die Szene angesprochen wurde. „Ich liebe Abwehr, das hat großen Spaß gemacht“, sagte er, und das war natürlich gnadenlos geflunkert. Wesentlich ernster war dagegen der folgende Satz gemeint: „Egal ob im Angriff oder in der Abwehr – ich will jeden Augenblick genießen.“ Weil sich seinerzeit bereits abzeichnete, was am Dienstagmorgen per offizieller Pressemitteilung zur Gewissheit wurde: Nach 17 Profijahren beendet Romero am Saisonende seine Karriere. Dass die Füchse den auslaufenden Vertrag mit ihrem Kapitän nicht mehr verlängern würden, weil er zu den kostspieligsten Angestellten zählt und mit Paul Drux zudem ein hochtalentierter 19-Jähriger für die Position im linken Rückraum bereitsteht, war seit Monaten klar. Dass Romero seine Laufbahn nun tatsächlich bei den Berlinern beendet, ist auch als Adelung für den Klub zu verstehen, der vor eineinhalb Wochen mit dem Sieg im DHB-Pokal den ersten Titel der Vereinsgeschichte gewonnen hat. Offenbar hat der Pokalsieg auch Romeros Entscheidung beeinflusst. „Der perfekte Moment kommt nie, aber ich denke jetzt ist der passende Zeitpunkt“, sagt er. Zumal die Berliner Mitte Mai noch die Chance besitzen, ihre ohnehin erfolgreiche Spielzeit mit einem Sieg im EHF-Cup zu veredeln.

Mit dem 33-Jährigen verlieren die Füchse eine der großen Persönlichkeiten des Welthandballs: Romero debütierte bereits mit 17 Jahren in Spaniens höchster Spielklasse, anschließend spielte er sich zum FC Barcelona vor, mit dem er alle nationalen Titel und zwei Mal die Champions League gewann. Für seine Nationalmannschaft erzielte er darüber hinaus 752 Treffer in 199 Spielen und zählte 2005 zum spanischen Weltmeisterteam. Trotz dieser Visitenkarte wurde Romeros Wechsel nach Berlin vor drei Jahren als PR-Gag belächelt. Zu alt, zu teuer, zu anfällig für Verletzungen, lautete das weitläufige Urteil, das Romero allerdings eindrucksvoll widerlegte. Vor allem in den großen Spielen zeigte der Rechtshänder immer wieder seine Klasse, zuletzt im Pokalfinale gegen Flensburg. „Unser Trainer und unser Manager haben vor drei Jahren eine Wette abgeschlossen. Sie wussten nicht, ob es aufgeht oder nicht. Ich denke aber, sie sind zufrieden“, sagt Romero.

Bob Hanning bestätigt das selbstverständlich. „Viele Spieler, die wir haben gehen lassen, haben mir weh getan, aber das ist der schwierigste Moment meiner Tätigkeit als Geschäftsführer“, sagt er, „Iker hat in den drei Jahren in Berlin unseren Verein geprägt, die Mentalität des Siegens vermittelt und war Vorbild.“ Abgesehen von allen sportlichen Qualitäten machte sich Romero innerhalb der Mannschaft mit einer sehr liberalen Interpretation seines Amtes beliebt. „Als Kapitän bin ich für den Teamgeist zuständig, für eine positive Stimmung“, hat Romero einmal gesagt, „und dazu gehören natürlich auch Scherze.“ Darauf werden die Teamkollegen in den nächsten Jahren zwangsläufig verzichten müssen, wenngleich Romero den Füchsen in beratender Funktion erhalten bleiben soll. „Ich habe lange überlegt, was ich mache und was das beste für mich, meinen Kopf, mein Herz, meinen Körper und meine Familie ist“, sagt Romero, und die Antwort lautet: eine Rückkehr in seine Heimatstadt Vitoria im Norden Spaniens. „Ich war 18 Jahre weit weg von meiner Heimatstadt. Das ist eine lange Zeit, jetzt kommt mein neues Leben mit der Familie zusammen.“ Wie das in etwa aussehen könnte, hat Romero bereits vor einigen Monaten im Interview mit dem Tagesspiegel durchblicken lassen. Auf die Frage, was er nach der Karriere zu tun gedenke, sagte er: „Ich habe in Vitoria ein kleines Weingut, da gibt es Wein für die nächsten 100 Jahre.“ Klingt erstmal nicht so schlecht.

Christoph Dach

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