Füchse-Kapitän Iker Romero im Interview: "Stress? Typisch deutsch!"
Der ehemalige spanische Handball-Nationalspieler Iker Romero über seine Rolle als Kapitän der Füchse Berlin, den Abschied im nächsten Sommer von Berlin und Spiele an Weihnachten.
Señor Romero, was machen Ihre Deutschkenntnisse?
Sie sind schon besser geworden, aber es ist auch eine verdammt schwere Sprache. Bislang bin ich mit meinem Mix aus Deutsch, Englisch und Spanisch aber immer gut zurechtgekommen.
Manche Ihrer Teamkollegen bei den Füchsen Berlin scherzen, dass die Neuzugänge aus Schweden schon nach wenigen Monaten besser Deutsch sprechen als Sie nach zweieinhalb Jahren.
Wer hat das gesagt? Bestimmt die Schweden selbst. Das gibt Ärger! Aber Spaß beiseite: Ich erzähle auch viel Quatsch innerhalb der Mannschaft, da ist es doch klar, dass ich auch mal einstecken muss.
In diesem Jahr müssen Sie mehr Deutsch sprechen, seit Saisonbeginn sind Sie Mannschaftskapitän. Hat Sie das überrascht?
Ja. Aber ich habe Trainer Dagur Sigurdsson sofort zugesagt, als er mir dieses Amt angeboten hat – unter einer Bedingung: dass jemand anderes die Mannschaftsansprache vor dem Spiel hält. Ich bringe meine Stärken eher in anderen Bereichen ein, also auf dem Spielfeld, im Training, bei langen Auswärtsfahrten.
Im Verein sagen viele: Iker ist für die gute Laune verantwortlich.
Das sehe ich genauso. Ich mag eigentlich auch keine Interviews, das sollen andere machen, Heinevetter oder so. Als Kapitän bin ich für den Teamgeist zuständig, für eine positive Stimmung..
Als Ihnen Manager Bob Hanning im Sommer eröffnet hat, dass Ihr Vertrag am Saisonende nicht verlängert wird, soll Ihre Laune weniger gut gewesen sein.
Ich wäre gern noch geblieben, klar. Vor drei Jahren wollte ich auch Barcelona nicht verlassen, jetzt bin in Berlin und sehr zufrieden, so ist das Leben. Trotzdem bin ich niemandem bei den Füchsen böse.
Was machen Sie ab Sommer 2014?
Gute Frage. Im Moment habe ich keine Idee. Auf jeden Fall werde ich weiter in meiner Sportart arbeiten. Ich habe nun mal Karriere als Handballer gemacht und nicht als Doktor oder Steuerberater.
Klingt nach Trainerkarriere…
Ja und nein, es gibt auch ein Angebot, weiterzuspielen. Aber bestimmt nicht für irgendeinen Klub, weil ich Geld brauche. Ich war zehn Jahre in Barcelona, beim besten Klub der Welt, da haben wir alles gewonnen. Jetzt bin ich Berlin, einer anderen Weltstadt. Ich habe gewisse Ansprüche, das Paket muss stimmen.
Also doch noch ein, zwei Jahre als Spieler?
Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Leistungen nachlassen, ist die richtige Zeit zum Aufhören gekommen. Nur habe ich dieses Gefühl trotz 18 Jahren Profisport und fünf Operationen noch nicht, ich bin fit wie selten zuvor. Vor drei Jahren habe ich 107 Kilogramm gewogen, heute sind es nur noch 93. Im Spiel ist es dadurch zwar schwieriger, weil man in der Bundesliga körperlich stark sein muss. Für mich persönlich ist es aber besser so, sonst würde ich wahrscheinlich überhaupt nicht mehr spielen können.
Zumal Sie ohnehin eher von Ihrem Spielverständnis leben als von Ihrer Physis.
Das ist eine Frage der Handball-Kulturen. In Deutschland hat man über Jahre auf reine Physis gesetzt und im Training viele Kraft- und Ausdauereinheiten gemacht, ein völlig falscher Ansatz. In meiner Jugend in Spanien haben wir dagegen jeden Tag 30 Minuten Entscheidungen trainiert, kleinere Übungsformen mit Ball, sozusagen Handball-ABC: Wann werfe ich selbst? Wann steht der Nebenmann besser? Damals habe ich es nicht verstanden, heute hilft es mir ungemein.
Wenn Sie Berlin in ein paar Monaten verlassen – was werden Sie vermissen?
Erst mal fallen mir zwei Sachen ein, die ich gar nicht vermissen werde: das Wetter ist eine Katastrophe! Und dann diese furchtbaren Termine an Weihnachten! In drei Jahren Bundesliga haben wir drei Mal am 26. Dezember gespielt – und wir hatten noch Glück, dass es immer Heimspiele waren. In Spanien ist das verboten und unvorstellbar. Vermissen werde ich die Leute im Verein, die waren immer wie eine kleine Familie für mich.
Und wenn es gut läuft, könnten Sie Berlin sogar mit einem Titel verlassen, die Füchse sind in allen drei Wettbewerben aussichtsreich vertreten. Zusätzlicher Druck?
Ich mag das Wort nicht, typisch deutsch. Genau wie: Stress. Ich habe die beste Arbeit der Welt, komme herum, werde pünktlich bezahlt, habe Spaß. Stress haben Bauarbeiter, die acht Stunden am Tag arbeiten, um ihre Familie zu versorgen. Für uns Sportler ist es natürlich gut, wenn man gewinnt. Aber wenn man verliert, wird man ja auch nicht geköpft. Außerdem sollten wir nicht jetzt schon an den April denken, dann wird das meistens nichts mit einem Titel.
Und dann? Erst mal Urlaub?
Ich habe ein kleines Weingut in Spanien, da gibt es Wein für die nächsten 100 Jahre. Ich glaube, da halte ich es erst mal ein paar Wochen aus.
Das Gespräch führte Christoph Dach.
Iker Romero, 33, spielt seit 2011 bei den Füchsen. Am zweiten Weihnachtsfeiertag muss der Spanier in der Bundesliga um 17.15 Uhr in der Max-Schmeling-Halle gegen Balingen ran.
Christoph Dach