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Schal im Wind. Kommt die Super League zustande?
© imago images/PA Images

Substanzlose Drohgebärden gegen die Super League?: „Kartellrechtlich wären Sperren durch die Uefa problematisch“

Der Sportrechtler Cording über die Möglichkeiten der Uefa, die Super League zu verhindern und warum ein juristischer Streit für beide Seiten schlecht ist.

Die mögliche Einführung der Super League wirft viele Fragen auf - vor allem juristische. Sebastian Cording ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er besitzt spezielle Kenntnisse im Sportrecht. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel klärt er über die wichtigsten Fragen zur Super League auf.

Herr Cording, der europäische Fußballverband Uefa hat angedroht, Spieler und Klubs, die an einer Super League mitwirken wollen, bereits jetzt aus laufenden Wettbewerben zu verbannen. Wie sind die Aussichten?

Nicht besonders gut.

Warum?

Die Ankündigung einer solchen Super League ist ja an sich noch kein Verstoß. Jemanden zu sperren, aufgrund einer Absichtserklärung, erscheint mir kaum machbar. Ohnehin stellt sich noch eine andere Frage.

Ja?

Die Uefa müsste solch einen Fall explizit als Verstoß in ihren Regularien gelistet haben. Ich gehe davon aus, dass das bisher nicht der Fall ist.

Das könnte sie aber schnell ändern.

Das ist richtig. Die Uefa müsste sich im Verband Mehrheiten beschaffen, die den Ausschluss bei einer solchen Absichtserklärung unterstützen. Das wäre denkbar, weil die Front der Ablehnung sehr groß ist. Aber wie gesagt: Juristisch wäre die Verbannung von Klubs aus den nationalen Ligen aufgrund einer Ankündigung kaum haltbar.

Der Fachanwalt Sebastian Cording hält Sperren durch die Uefa für problematisch.
Der Fachanwalt Sebastian Cording hält Sperren durch die Uefa für problematisch.
© Promo

Mal angenommen, es bleibt nicht bei der Absichtserklärung und es kommt zur Gründung der Super League. Welche Möglichkeiten hat die Uefa dann?

Grundsätzlich kann ein Verband wie die Uefa seine Regularien frei gestalten – solange die Regularien nicht den Prinzipien der auf den Verband anwendbaren Rechtsordnung (hier Schweizer Recht) widersprechen. Sollte die Uefa Klubs und Spieler einer konkurrierenden Organisation aussperren, könnte dies als Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung ausgelegt werden. Die Uefa würde ihre Monopolstellung im europäischen Fußball einsetzen, um die Konkurrenz auszuschalten. Kartellrechtlich wäre dies zumindest problematisch.

Dabei gibt es im Sport durchaus Sonderrechte, wie zum Beispiel die Zentralvermarktung von TV-Rechten, die in den freien Marktwettbewerb eingreifen.

Das ist richtig. Aber dies war lange Gegenstand juristischer Diskussionen unter Einbeziehung der EU-Kommission. Und es basiert auf einem sehr weitgehenden Konsens unter den Teilnehmern der jeweiligen Wettbewerbe mit dem Ziel, einen einigermaßen funktionierenden Wettbewerb mit einem Mindestmaß an Chancengleichheit garantieren zu können. Im Falle der Super League gibt es dagegen eine Interessensgemeinschaft, die mit den bisher gültigen Spielregeln ganz offensichtlich nicht mehr einverstanden ist.

Was blieben der Uefa dann noch für Möglichkeiten?

Nun, in gewisser Weise hat die Uefa durchaus das Zepter in der Hand. Sie kann schnell auf der Grundlage ihrer – gegebenenfalls noch zu ändernden – Regularien Sanktionen aussprechen, Klubs von Wettbewerben ausschließen, Spieler nicht für ihre Nationalmannschaften zulassen et cetera. Dies würde dann sicher von den Betroffenen juristisch angefochten. Aber bis zu einer endgültigen Entscheidung würde es lange dauern und für alle Beteiligten der Super League entstünde bis dahin ein riesiger Schaden – und für die Uefa letztlich auch.

Also wäre es für beide Seiten am besten, wenn sie sich einigen könnten.

Das Problem ist, dass die großen Klubs schwer verschuldet sind, nicht nur, aber auch pandemiebedingt. Sollte es zum beschriebenen Szenario kommen, müssten Klubs wie Verbände schwere Einbußen hinnehmen. Insofern kann ein langer Rechtsstreit nicht im Interesse der beiden Seiten sein.

In Liverpool wird bereits darüber diskutiert, ob die Stadt den Namen FC Liverpool tilgen soll, sollte der Klub sich an der Super League beteiligen. Wäre dies überhaupt möglich?

Dazu kenne ich die englische Rechtslage nicht gut genug. In Deutschland ginge das wohl kaum. Die Stadt München zum Beispiel hat keine Lizenz etwa auf den Namen Bayern München. München steht hier als Ortsbezeichnung und weniger als markenrechtlicher Name. Anders würde es sich verhalten, wenn die Stadien der Klubs von der Stadt vermietet würden. Dann könnte die Stadt den Mietvertrag zumindest auslaufen lassen. Aber zum einen brauchen die Städte diese Einnahmen. Und zum anderen werden meines Wissens die meisten Stadien der in Frage kommenden Klubs nicht von der Stadt vermietet.

Wäre eine konkurrierende Liga ein „Verbrechen am Fußball“, wie es Rudi Völler nannte? Auch in anderen Sportarten und Ländern ist dies gang und gäbe.

Das ist richtig. Vor allem in den USA gibt es viele Ligen, die in privater Hand sind, sogenannte „Closed Shop“-Ligen, in denen es einen festen Kern an Teams beziehungsweise Franchises gibt. Aber ich kann persönlich die Bedenken, was die Super League angeht, durchaus verstehen.

Erzählen Sie.

Fußball ist hierzulande und in Europa ein Kulturgut mit langer Tradition. Den Reiz macht aus, dass es auch ein Dorfklub in die Bundesliga schaffen kann. Das funktioniert auch deshalb, weil Fußball auf einem durchaus solidarischen System gründet. Das bröckelt zwar seit Jahren, aber im Grundsatz existiert es noch. Das Modell der Super League ist dagegen ein geschlossenes, ein exklusives System. Daher stellt sich durchaus die Frage, ob der gemeine Fan mit diesem Kulturverständnis von Fußball einverstanden wäre. Ich würde sagen, nein. Und ohne zahlende Fans funktioniert das Geschäftsmodell nicht.

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