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Franz Beckenbauer schweigt und lässt stattdessen seinen Anwalt sprechen.
© dpa

Franz Beckenbauer und die WM-Affäre: Kaiser ohne Krone

Franz Beckenbauer muss in der Affäre um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 mehr und mehr um seinen Ruf fürchten.

Von Johannes Nedo

Franz Beckenbauer hat in seinem Leben vieles richtig gemacht. Er hat seine Titel und Erfolge im Fußball nicht einfach nur gewonnen, er hat sie zusätzlich mit seiner bayerischen Nonchalance garniert und sie so zu etwas ganz Besonderem gemacht. „Erfolg ist ein scheues Reh“, sagte Beckenbauer einmal. „Der Wind muss stimmen, die Witterung, die Sterne und der Mond.“ Und wegen Sätzen wie diesen, versehen mit einigen „Äähs“, lagen ihm schnell alle zu Füßen.

So wurde er nicht einfach nur zum Weltmeister als Spieler, zum Weltmeister als Trainer und zum Sommermärchen-Weltmeister als Organisator – er wurde zum Kaiser. Zum Kaiser eines Landes, das die Monarchie schon lange hinter sich gelassen hatte. Aber bei Beckenbauer haben die Deutschen gerne eine Ausnahme gemacht: Ja mei, unser Franz! Er hat seine kleinen Eskapaden. Aber er ist doch so toll!

Beckenbauer hat gerne damit kokettiert, dass er sich für Zahlen, Finanzen und Vertragsdetails nicht sonderlich interessiere. Alles nicht sein Bereich, sagte er und ließ seinen Charme spielen. Das funktionierte zunächst auch noch, als im Oktober des vergangenen Jahres der „Spiegel“ schrieb, die Weltmeisterschaft 2006 könnte womöglich gekauft worden sein. All die Hinweise, die danach zu Beckenbauer führten, tat er mit seltsamen Erklärungen und dem Mantra ab, er könne sich nicht mehr erinnern. Nach dem Motto: Ja mei, ich bin doch euer Franz, euer Kaiser! Macht doch eine Ausnahme!

Doch nun, da der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Freitag die Ergebnisse einer umfassenden Untersuchung vorgestellt hat, kann sich Beckenbauer, der immerhin Präsident des WM-Organisationskomitees war, nicht mehr so leicht herauspalavern. Ihm wurde nun sogar höchst offiziell von DFB-Seite der Kaiser-Titel aberkannt. Sein Sonderstatus in Deutschland bröckelt gewaltig. Denn die internen Ermittlungen der Kanzlei Freshfields zeigen: Beckenbauer steht im Zentrum eines seltsamen Vorgangs, der Korruption rund um die Vergabe der WM 2006 zwar nicht beweist, sie aber auch nicht ausschließt.

Ein zentraler Punkt in der Sommermärchen-Affäre ist eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro des DFB an die Fifa. Die Freshfields-Ermittlungen haben nun ergeben, dass zuvor auch Zahlungen in Millionenhöhe über ein Konto liefen, das Beckenbauer und seinem damaligen Berater Robert Schwan gehörten. Das Geld landete auf verschlungenen Pfaden bei einem ehemaligen hochrangigen Fifa-Funktionär aus Katar.

Die Fragen sind nun: Warum tat Beckenbauer das? Warum ließ er Finanztransfers an Fifa-Leute verschleiern? Und warum kann er sich seit Langem an kaum noch etwas erinnern, das in Zusammenhang mit der WM-Affäre steht?

Beckenbauers erste Reaktion darauf spricht Bände. Der 70-Jährige, der sonst so gerne Sprüche klopft wie den vom Erfolg und dem scheuen Reh, ließ seinen Anwalt sprechen. Und der sagte, Beckenbauer sei jetzt aber selbst überrascht. Wahrscheinlich darüber, dass es nun tatsächlich ernst wird für ihn. Strafrechtlich kann Beckenbauer zwar nicht mehr belangt werden. Aber jetzt steht sein Ruf auf dem Spiel. Lange wähnte er sich in seinem Kaiserreich in Sicherheit. Doch das ist nun vorbei.

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