Formel 1: Kabale und Antriebe: Red Bull und Renault liegen im Dauerstreit
Vor dem Grand Prix am Sonntag in Malaysia zerbricht die Formel-1-Partnerschaft zwischen Red Bull und Renault öffentlich. Nach erfolgreichen Jahren streiten sie sich nun über den Motor.
Das gute Qualifikations-Ergebnis von Malaysia glättete die Wogen ein bisschen. Doch die vom Regen begünstigten aussichtsreichen Startpositionen vier und fünf für die Red-Bull-Piloten Daniel Ricciardo und Daniil Kwjat konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es hinter den Kulissen des Formel-1-Rennstalls ordentlich kracht. In der langjährigen Erfolgsehe zwischen Red Bull und dem Motorenlieferanten Renault kriselt es so stark, dass eine Trennung am Ende wohl unausweichlich ist.
Gemeinsam mit Sebastian Vettel hatte die Paarung vier Weltmeistertitel eingefahren, doch nun bleiben die Erfolge aus und die Spannungen nehmen zu. Sicher liegt ein großer Teil der Verantwortung bei Renault. Der französische Autokonzern hat beim Wechsel des Motorenkonzepts auf den V6-Turbo und die Hybrid-Technologie den Anschluss verpasst. Weil eine Konzeptänderung aber per Reglement verboten ist, kämpft Renault auch mit stumpfen Waffen.
Vielleicht auch wegen dieser Ohnmacht liegen die Nerven nun blank. So sehr, dass Red Bulls Motorsportkoordinator Helmut Marko nach dem Saisonauftakt schon mit dem Formel-1-Ausstieg seines Teams drohte, wenn sich nicht am Reglement etwas änderte. In seinem Rundumschlag kritisierte er aber auch den Motorenpartner Renault öffentlich heftig. „Das ist eine katastrophale Sache, die da passiert“, schimpfte der Österreicher. „Es wird uns immer wieder versprochen, beim nächsten Mal wird’s besser. So kann es nicht weitergehen.“
Diese Tirade stieß in der obersten Führungsebene der Franzosen so sauer auf, dass der Chef der Renault-Sportabteilung, Cyril Abiteboul, von dort die Anweisung bekam, einmal kräftig zurück zu schießen. So etwas könne man schließlich nicht auf sich sitzen lassen. Abiteboul bezeichnete unter anderem Red Bulls langjährigen Autodesigner Adrian Newey als „Lügner“, der die Verantwortung für alles immer nur auf die Motoren schiebe.
Erst einmal wechselt Renault in Malaysia nun auf die alte, bei den Wintertests verwendete Software zurück. Das scheint zumindest einen kleinen Fortschritt zu bringen. Dennoch fehlten den Autos selbst im Regen 1,7 Sekunden pro Runde auf die Mercedes. Und selbst auf Sebastian Vettel im Ferrari, der sich wohl inzwischen schon mehrfach zu seinem Wechsel beglückwünscht haben dürfte.
Wie es angesichts des zerbrochenen Porzellans bis zum Vertragsende nach der Saison 2016 zwischen beiden Parteien weitergehen soll, scheint keiner so recht zu wissen. Auch der fast beschwörende Aufruf des Piloten Daniel Ricciardo zu konstruktiver Zusammenarbeit verhallte quasi ungehört. Stattdessen ließ Renaults Sportchef Abiteboul in Malaysia seinerseits eine Ausstiegsdrohung folgen: „Wir schauen uns viele Optionen an, einschließlich der, die Formel 1 zu verlassen.“ Red Bulls Teamchef Christian Horner meinte daraufhin, das könne dann automatisch bedeuten, dass dann auch Red Bull weg wäre – mangels Motor. Denn von den Werksteams Mercedes und Ferrari würde wohl kaum einer einem potenziell so starken Konkurrenten wie Red Bull Triebwerke liefern.
Auch deswegen trägt man sich bei Red Bull schon länger mit dem Gedanken, einen eigenen Motor zu bauen. Aus diesem Grund hat Red Bull den früheren Formel-1-Motorenguru Mario Illien bereits unter Vertrag genommen und eigene Motorenprüfstände angeschafft. Doch ein Antrieb Marke Eigenbau lässt sich auf die Schnelle nicht verwirklichen, 2017 wäre der früheste denkbare Termin. Von den enormen Kosten einmal ganz abgesehen.
Ein genereller Formel-1-Ausstieg von Renault ist nur ein Szenario. Das wahrscheinlichere im Moment ist eher, dass die Franzosen ein eigenes Team kaufen. „Vielleicht dieses da“, wie Abiteboul in Sepang mit Blick auf den neben ihm sitzenden Franz Tost sagte. Der Teamchef des Red-Bull-Schwesterteams Toro Rosso war sofort begeistert. „Das wäre doch toll für uns, das würde unsere Position als eines der Top-5-Teams sichern“, sagte Tost. Auch bei Sauber hat sich Renault bereits umgeschaut, doch Toro Rosso scheint angesichts der besseren finanziellen Situation des Teams der wahrscheinlichere Übernahmekandidat zu sein.
Red-Bull-Firmenchef Dietrich Mateschitz scheint wohl tatsächlich bereit dazu zu sein, zumindest eines seiner beiden Teams abzustoßen. Gerüchten zufolge steht ihm der Sinn ohnehin nach mehr: Er soll daran interessiert sein, der Formel-1-Eigentümergesellschaft CVC größere Teile der Rennserie abzukaufen und dann selbst die Vermarktung zu übernehmen. Diese Idee begeistert zumindest offiziell auch Bernie Ecclestone. „Das würde CVC und auch mich sehr freuen“, sagte der Formel-1-Boss. „Der Job von CVC ist es ja gerade, Unternehmen zu kaufen und wieder zu verkaufen.“
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