Borussia Dortmund vor dem Spiel gegen Hertha BSC: Julian Weigl ist die Entdeckung der jungen Saison
Neuzugang Julian Weigl ist bei Borussia Dortmund die große Entdeckung der noch neuen Saison. BVB-Trainer Thomas Tuchel schwärmt von den Qualitäten des 19-Jährigen - der Mittelfeldspieler könnte bald den nächsten Schritt machen.
Der junge Mann lief vom Spielfeld und strahlte über das ganze Gesicht. Julian Weigl versuchte gar nicht erst, zu verbergen, wie sehr er den Augenblick genießt. Es mache „riesigen Spaß, in einer solchen Mannschaft Fußball zu spielen“, verkündete der 19-Jährige.
Es gibt einige Spieler bei Borussia Dortmund, die durch den Höhenflug der Mannschaft ins Rampenlicht gespült wurden. Henrich Mchitarjan, der früher so traurig über den Platz trottete und nun so beseelt wirbelt, dass ihm in dieser frühen Saisonphase bereits 14 Scorerpunkte (acht Tore plus sechs Vorlagen) gelungen sind. Oder Ilkay Gündogan und Mats Hummels, die unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel aufdrehen wie zu besten Zeiten. Am meisten aber verblüfft dieser Newcomer, der mit seiner ebenso unbekümmerten wie abgeklärten Art im defensiven Mittelfeld des BVB so famos das Geschehen beherrscht, dass Nationalspieler wie Sven Bender und Gonzalo Castro von außen zuschauen müssen. Derzeit scheint Weigl jede Kombination, jeder Laufweg, jede Finte schwerelos vom Fuß zu gehen.
"Ein wahnsinnig fleißiger Lerner"
Gerade Mal zwei Spiele in der Ersten Liga hat Weigl bestritten, heute folgt gegen Hertha BSC das dritte. Wer Weigl spielen sieht, könnte zur Erkenntnis gelangen, die Zahl seiner Einsätze in der Bundesliga bewege sich im dreistelligen Bereich. „Er hat sehr abgeklärt gespielt“, lobte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc nach Weigls Debüt gegen Borussia Mönchengladbach. „Man hatte das Gefühl, er hat immer einen Plan.“ Weigl verfügt über strategisches Geschick, er läuft Lücken zu, bestreitet Zweikämpfe und erkennt Gefahrenherde, bevor sie entstehen.
Wenn Weigl diesen Standard konservieren kann, wird er mit Sicherheit auch für Bundestrainer Joachim Löw interessant. Dieses Tempo hat alle überrascht – außer seinen Trainer. „Wir haben ihm diese Leistung zugetraut, sonst hätten wir ihn nicht aufgestellt“, sagte Tuchel. „Julian ist ein wahnsinnig fleißiger Lerner. Er streckt sich jeden Tag im Training an die Decke. Auf ihn kann man sich verlassen.“
Taxi-Episode bei 1860
Julian Weigl hat noch alles vor sich, aber auch schon ein bisschen was erlebt. Bei seinem Ex-Klub 1860 München wurde er mit 18 zum Kapitän befördert, bevor ihn diese Taxi-Episode ereilte. Als Weigl mit einigen Mitspielern unterwegs war und ein paar Kaltgetränke konsumiert hatte, lästerte er auf der Rückfahrt im Taxi über seinen Klub – nicht ahnend, dass der Fahrer Löwen-Fan ist und ihn bei seinem Arbeitgeber denunzieren würde. Weigl musste zum Rapport und war die Binde los. Trotzdem haben sie ihn in München in bester Erinnerung behalten. Sein ehemaliger Trainer Friedhelm Funkel sagt, dies sei „einer der besten Jungen, die ich je hatte“.
Der BVB hat diesen Spieler für 2,5 Millionen Euro bekommen. Weigl ist ein bodenständiger Typ, er kommt aus Bad Aibling, nicht weit von Rosenheim, der Heimat von Sven Bender, den Weigl als Vorbild bezeichnet. Bender nahm den Neuen vor der Saison in seine Obhut. „Es tut jedem Spieler gut, wenn er jemanden hat, der ihm zur Seite steht, wenn er sich neu zurechtfinden muss“, sagte Bender. „Julian ist für die nächsten Jahre ein guter Junge.“ Da wusste er noch nicht, wie rasant dessen Entwicklung verlaufen würde – und dass er eines Tages selbst darunter zu leiden hätte.