Bundesliga-Saisonvorschau (12): Borussia Dortmund: Der Star ist nicht mehr der Trainer
Am 14. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 53. Saison. Wir testen Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine. Folge 12: Borussia Dortmund.
Was hat sich verbessert?
Bei einem Verein, der vom Gipfel des Champions-League-Finals zeitweilig bis auf den letzten Platz der Bundesliga abgestürzt ist, müssen sich die Dinge zwangsläufig verbessern. Bemerkenswert ist unter anderem der Umgangston, den der neue Trainer Thomas Tuchel mit seinem kickenden Personal, aber auch mit der Öffentlichkeit pflegt. Sein Vorgänger Jürgen Klopp überschritt mit seiner zwischen kumpelhaft, mitreißend, burschikos und brüskierend changierenden Art auch schon mal Grenzen. Tuchel dagegen achtet genau auf die Etikette. So lobte er bei Henrich Mchitarjan nicht nur die fußballerischen, sondern die menschlichen Qualitäten, nachdem dem sensiblen Edeltechniker beim 5:0 gegen Wolfsberg drei Treffer gelungen waren. Der Armenier sei ein Muster an „Trainingsfleiß, Offenheit und Herzlichkeit, ich bin sehr glücklich, mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen“. Der Entertainer Klopp hatte eine unverwechselbare Art, sein kickendes Klientel zu packen. Aber auch in einem Betriebsklima, wie es Tuchel vorlebt, könnten Spitzenleistungen gedeihen.
Wer sind die Stars?
Lewandowski, Götze, Reus, Hummels, Kagawa – egal wer in den letzten sieben Jahren im Trikot des BVB auflief, die Scheinwerfer richteten sich im Revier nur auf einen: Jürgen Klopp. Der Star ist der Trainer – diese Maxime gilt ab sofort nicht mehr. Zwar trägt auch Nachfolger Tuchel nach außen, dass er von sich und seinen Qualitäten überzeugt ist. Dennoch sucht er keine solch exponierte Position wie Klopp. Im Gegenteil: Als Reus, Aubameyang und Kagawa auf der PR-Tour des Börsenklubs nach Asien wie Popstars gefeiert wurden, hielt sich Tuchel dezent im Hintergrund. Der Mann hat so viel vor, dass es ihm nur recht sein kann, wenn andere im Fokus stehen.
Wer hat das Sagen?
Meinungsstark, selbstbewusst, durchsetzungsfähig: Hans-Joachim Watzke hat sich in der Bundesliga als einer der mächtigsten Macher positioniert. Der 59-jährige Unternehmer aus dem ostwestfälischen Marsberg scheut nicht davor zurück, sich regelmäßig mit Bayern München anzulegen. Vor allem mit Karl-Heinz Rummenigge. Mit dem Vorstandsvorsitzenden der Bayern verbindet Watzke seit Jahren eine Beziehung, die – nun ja – keinen Flitterwochen gleicht. Man findet in der Branche Profifußball mit Sicherheit Konstellationen, die von größerer Zuneigung geprägt sind.
Was erwarten die Fans?
Gute Frage: Nach der emotionalen Achterbahnfahrt der letzten Saison sollte eigentlich Demut eingekehrt sein. Doch das fällt den Anhängern nach all den Jubelarien der Ära Klopp sichtlich schwer. Die Erwartungen sind angesichts des millionenschweren Kaders und der von Tuchel verbreiteten Aufbruchstimmung hoch, obwohl die Neuzugänge Gonzalo Castro, Roman Bürki und Julian Weigl noch nicht die ganz großen Stars sind. Ein Platz in der Champions League, der sollte dennoch bitteschön drin sein. Ach ja: Den Europapokal der Pokalsieger (1966) und die Champions League (1997) hat der BVB bereits gewonnen. Es fehlt noch der Triumph in der Europa League, um den Briefkopf zu vervollständigen. Die Chancen stehen gut: In den Play-offs zur Gruppenphase geht es nun gegen Odds BK aus Norwegen.
Was ist in dieser Saison möglich?
Tuchel sieht seine Mannschaft hinter den großen vier der vergangenen Saison – Bayern, Wolfsburg, Gladbach und Leverkusen – in der Position des Herausforderers. Das ist taktisch geschickt, schließlich ist die Verfolgerrolle immer angenehmer als die des Gejagten. Zudem weiß der Trainer, wie knifflig seine Aufgabe als Klopps Nachfolger ist. Kommen die ersten Rückschläge, wird garantiert die Frage gestellt, ob die Fußstapfen nicht zu groß sind. In einem solchen Reizklima erscheint es ratsam, die Erwartungen nicht zusätzlich zu überfrachten.
Und sonst?
Das größte Stadion der Bundesliga wird noch größer: Der Block 63 im Unterrang der Nordtribüne wird zu einem weiteren Stehplatzbereich für BVB-Fans umgebaut, so dass ab der neuen Saison insgesamt 81 359 Zuschauer die Heimspiele in dem imposanten Bauwerk verfolgen können, das die „Times“ einst zum schönsten Stadion der Welt kürte.