Afrika-Cup in Äquatorialguinea: Jubeln auf Anordnung
Erst ausgeschlossen, dann Ausrichter: Äquatorialguinea, eines der korruptesten Länder der Welt, will beim Afrika-Cup als Gastgeber glänzen – mit Tickets für Arme und eingebürgerten Spielern.
Teodoro Obiang legt sich mächtig ins Zeug für sein Turnier. Der Präsident von Äquatorialguinea hat höchst selbst 40 000 Tickets gekauft, um sie an die Armen zu spenden – sie sollen doch schließlich auch dabei sein können. Und für seine Beamten hat er ebenfalls eine Wohltat parat. An den Spieltagen bekommen sie zwei Stunden früher frei, damit alle in die Stadien gehen. Obiang versucht mit aller Macht, aus dem Afrika-Cup eine große Jubelveranstaltung zu machen: für sich selbst. Wenn am Samstag mit dem Eröffnungsspiel zwischen Äquatorialguinea und der Republik Kongo in Bata die 30. Auflage des Kontinentalturniers beginnt, soll gefälligst jeder drei Wochen lang nur schöne Bilder sehen. Von den neuen Stadien, den überdimensionierten Prachtbauten und feiernden Fußballfans.
Normalerweise bekommt Obiangs kleines Land an der Atlantikküste Zentralafrikas kaum gute Presse. Denn es ist zwar reich an Erdöl, doch Dreiviertel der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Zudem gilt es als eines der korruptesten Länder der Welt. Und Obiang regiert schon seit einem Putsch 1979 autoritär – und ist somit der am längsten amtierende Präsident Afrikas.
Der 72-Jährige muss also um positive Nachrichten kämpfen. So war es für ihn ein Glücksfall, als der Afrikanische Fußball-Verband (CAF) im November Marokko den Ausrichterstatus und die Teilnahme am Afrika-Cup entzog. Marokko hatte darauf gedrängt, das Turnier wegen des Ebola-Ausbruchs in Westafrika zu verschieben. Die CAF lehnte ab. Rund zwei Monate vor Beginn sah sich aber kaum ein Land in der Lage, nun die Organisation zu stemmen. Außer Äquatorialguinea, das ungefähr so viele Einwohner hat wie Stuttgart (rund 600 000) und so groß ist wie Brandenburg. Aber weil die ehemalige spanische Kolonie vor drei Jahren schon mal den Afrika-Cup ausgetragen hatte, zusammen mit Gabun, traut ihr die CAF jetzt zu, allein das größte Fußballereignis Afrikas auszurichten.
Eigentlich wurde Äquatorialguinea als Strafe bereits vom Afrika-Cup ausgeschlossen
Wirklich skurril ist jedoch, dass Äquatorialguinea nun ein Turnier veranstaltet, von dem es bereits im Sommer 2014 von der CAF ausgeschlossen worden war. Obiangs Fußball-Verband wurde für etwas bestraft, was er bereits seit gut einem Jahrzehnt praktiziert. Äquatorialguinea sucht überall auf der Welt nach Spielern, die es einbürgern kann: in Afrika, bei der alten Kolonialmacht Spanien und in Südamerika. Vor drei Jahren wurden für eine Partie neun gebürtige Brasilianer nominiert. Dass bei diesen Spielern dann kaum Verbindungen zu Äquatorialguinea bestehen, interessierte die CAF und die Fifa lange nicht, obwohl sich die Gegner ständig darüber beschwerten. Einige Spieler gaben sogar zu, Geld für die Einbürgerung erhalten zu haben.
Doch im Juli, während eines Qualifikationsspiels gegen Mauretanien, wies der Gegner nun nach, dass Äquatorialguinea einen Kameruner eingesetzt hatte, der nicht spielberechtigt war. Eine abschreckende Wirkung hat das aber nicht. Auch im Kader des Afrika-Cups finden sich zahlreiche Spieler, die in Spanien oder Kamerun geboren wurden.
Welch großer Druck auf der Nationalmannschaft lastet, zeigen auch die Ereignisse vom Jahreswechsel. Vor zwei Wochen entließ Äquatorialguineas Verband seinen Trainer Andoni Goikoetxea. Der frühere spanische Profi mit dem berüchtigten Spitznamen „der Schlächter von Bilbao“ hatte während des Vorbereitungslagers in Portugal zwei Testspiele verloren. Er wurde durch den bisherigen Sportdirektor Esteban Becker ersetzt. Der Argentinier soll laut Verbandsmitteilung ein Team formen, „das die Erwartungen der Menschen in Äquatorialguinea erfüllt“. Es können nur die höchsten sein. Sonst hätte Obiang ja nicht 40 000 Karten für die Armen gekauft. Wobei, belastet hat es seinen Geldbeutel nicht. Ein Ticket kostete 75 Cent. Und 30 000 Euro kann ein Mann mit geschätztem Privatvermögen von mehr als 500 Millionen Euro locker verkraften.
Johannes Nedo