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Haltungsnote: Geht so. Jose Mourinho muss sich im Moment einiges anhören. Er reagiert darauf wie immer – und weist die Kritik von sich.
© AFP

Nach Manchesters Niederlage gegen Juve: José Mourinho: Bockig wie ein Teenager

In Manchester wird die Kritik an José Mourinho immer lauter – wie lange hält sich der Trainer noch?

Paul Scholes hat am Dienstag einen bemerkenswerten Satz gesagt. „Juventus hat Manchester United völlig deklassiert“, sprach die lebende ManU-Legende. Für den zweiten Experten, Rio Ferdinand, sah es sogar so aus, als ob in der Champions League gerade „Männer gegen Jungen“ gespielt hätten. Die Männer – das waren die Spieler von Juventus, die einen entspannten 1:0-Sieg im Old Trafford holten. Früher standen im Stadion des englischen Rekordmeisters Größen wie Ferdinand und Scholes auf dem Feld. Aber jetzt, so ließ sich die Andeutung zweifelsfrei verstehen, ist da nur noch ein Haufen kleiner Jungen.

José Mourinho hat die Kommentare bestimmt zur Kenntnis genommen. Es ist ja nicht das erste Mal in letzter Zeit, dass Vereinslegenden scharfe Worte über den United-Trainer und seine Mannschaft gefunden haben. Womöglich ist der Portugiese auch deshalb so empfindlich. Jedenfalls reagierte er nach der jüngsten Niederlage weder wie ein Mann noch wie ein Junge – sondern erneut wie ein bockiger Teenager. „Juventus hatte Gonzalo Higuain, Mario Mandzukic und Paulo Dybala – und sie wollten trotzdem mehr, also kauften sie Cristiano Ronaldo“, nörgelte Mourinho. Um United auf das Niveau von Juventus, Barcelona oder Real Madrid zu heben, müsse man schon die besten Spieler kaufen.

Das war ein guter Witz. Schließlich hat ManU mehr als 400 Millionen Pfund für Personal ausgegeben, seitdem Mourinho im Amt ist. In den vergangenen zwei Spielzeiten waren die Brutto-Ausgaben höher als die Real Madrids und wesentlich höher als die von Watford, Bournemouth oder Wolverhampton – allesamt Teams, die in der Premier-League-Tabelle gerade vor United liegen.

Selbst der Anhang ist zunehmend genervt

Mourinho sieht sich im Belagerungszustand, wieder einmal. „Respekt, Respekt, Respekt“ forderte er im August von den Medien – einmal für jeden der drei Premier-League-Titel, die er gewonnen hat. Aus dem selben Grund zeigte er Chelsea-Fans am Wochenende drei Finger, als ihn diese verhöhnten. Auch am Dienstag zeigte Mourinho die Geste gegenüber Juventus-Anhängern, dieses Mal als Erinnerung an sein Triple mit Inter Mailand.

Doch Mourinho kann sich längst nicht mehr auf alte Verdienste berufen, es gibt ja auch andere Zahlen: Tabellenplatz zehn und nur ein Sieg aus den letzten sieben Spielen zum Beispiel. Das führt zu Kritik, vor allem von den Ex-Profis. Scholes etwa sagte vor Kurzem, es sei „peinlich“, dass sich der Trainer so verhält. Er sei überrascht, dass der Portugiese noch im Amt sei. „Es ist mir egal, was Paul Scholes sagt“, entgegnete Mourinho. „Es ist ein freies Land, es gibt die Meinungsfreiheit, er kann sagen, was er will. Die Leute können alle sagen, was sie wollen. Vor allem die United-Fans.“

Aber selbst der Anhang ist zunehmend genervt, vor allem von Mourinhos Spielweise. „Attack, attack, attack“, lautet ein Schlachtruf der Fans. Mourinho setzt allerdings auf Konterfußball. Die defensive Einstellung würden die Fans vermutlich verzeihen, wenn sie denn funktionieren würde. Zur Zeit geht aber kein Plan auf.

Mourinho braucht Resultate

Obendrein gibt es das Problem Paul Pogba. Der Dauerstreit mit seinem Mittelfeldspieler hat Mourinho besonders geschadet, ihn besonders verunsichert aussehen lassen. Nach einem Unentschieden gegen Wolverhampton hatte Pogba eine offensivere Spielweise gefordert; Mourinho entzog ihm die Kapitänsbinde. Seitdem liefert sich der Weltmeister regelmäßig Wortgefechte mit dem Coach. Dass sich Mourinho, der niedrige Ausgaben beklagt, mit einem Spieler streitet, der für eine Rekordablösesumme zurückgeholt wurde, sagt im Grunde alles.

Trotzdem ist der Trainer weiter im Amt. Vielleicht auch, weil sein Vorgesetzter Ed Woodward auch um seinen Job bangt. Woodward hat seit 2013 zwar viel Geld für Transfers ausgegeben, aber die Zahl der Fehleinkäufe ist hoch. Zuletzt ließen Fans ein Banner über das Old Trafford fliegen: „Ed Woodward: Ein Spezialist im Versagen“, stand darauf geschrieben – eine Anspielung auf einen berüchtigten Mourinho-Spruch über Arsene Wenger.

Mourinho braucht Resultate, Manchester United ist aktuell jedenfalls Lichtjahre von seiner einstigen Größe entfernt. Das zeigte sich auch am Dienstag, als Mourinho entschied, lieber zum Stadion zu laufen als im Mannschaftsbus im Stau zu stecken. „Ich bin mit einem Kapuzenpulli durch die Fans gelaufen, und es hat mich keiner erkannt!“, staunte er später. Womöglich lag es daran, dass er im Hoodie nicht mehr wie eine Trainer-Legende aussah – sondern wie ein bockiger Junge.

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