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Personifizierte Lässigkeit. John Anthony Brooks kann das Verteidigen leicht und locker aussehen lassen.
© Imago/Camera 4

Hertha BSC: John Anthony Brooks: Diamant sucht Schleifer

John Anthony Brooks wird bei Hertha BSC sehr geschätzt, manchmal aber fehlt es ihm noch an Konstanz.

Ende Januar wird John Anthony Brooks 23, er ist also noch ein vergleichsweise junger Mann. Trotzdem weist sein Haupthaar schon bedenkliche Lücken auf. Pal Dardai ist das am vergangenen Wochenende vermutlich ziemlich recht gewesen. Der Trainer von Hertha BSC packte Brooks am Kopf und gab ihm einen Kuss auf die kahle Stirn. Auf genau jene Stirn, mit der Brooks gerade gegen Bayer Leverkusen den Siegtreffer für den Berliner Fußball-Bundesligisten erzielt hatte.

Das Tor, das erste des Innenverteidigers seit fast 350 Tagen, hat Brooks wieder dahin befördert, wo er nach Ansicht vieler Experten mit seinen Anlagen eigentlich dauerhaft hingehört: ins Rampenlicht. „Es gibt wenige Innenverteidiger in der Bundesliga, die dieses Potenzial haben: Er ist riesig groß, kopfballstark, technisch gut und jetzt sogar noch torgefährlich“, sagt Dardai über Brooks. „Wenn er so spielt, ist er ein Diamant für den Verein.“

Obwohl Sebastian Langkamp nach Ablauf seiner Gelbsperre in die Mannschaft zurückkehren wird, besteht kein Zweifel daran, dass Brooks auch am Samstag bei Darmstadt 98 in der Anfangsformation auftauchen wird. Mit 1,93 Meter bringt er eine Qualität mit, die gegen den Aufsteiger gefragt sein wird. „Wir stellen uns darauf ein, dass wir viele Kopfballduelle haben werden“, sagt Langkamp. Aber auch sonst gibt es keinen Grund, Brooks aus der Mannschaft zu nehmen. Vier Mal hintereinander stand er zuletzt in der Startelf, nachdem er zu Beginn der Saison oftmals erst in den Schlussminuten zum Einsatz gekommen war. Die Vorbereitung hatte er zu großen Teilen verpasst, weil er mit der US-Nationalmannschaft am Gold-Cup teilgenommen hatte. „Es ist sehr unglücklich für ihn gelaufen“, hat Dardai zu Saisonbeginn gesagt.

Später kam Brooks auch noch eine Verletzung dazwischen – und die starke interne Konkurrenz. Kapitän Fabian Lustenberger ist in dieser Saison wieder vornehmlich in der Innenverteidigung zum Einsatz gekommen; Langkamp hat sich als Führungsspieler in der Viererkette etabliert, und mit dem 20 Jahre alten Niklas Stark haben die Berliner im Sommer ein weiteres hoffnungsvolles Talent verpflichtet, das bis zu seiner Verletzung mit erstaunlicher Reife überzeugt hat.

Diese Reife hat auch Brooks längst nachgewiesen. Mit 21 hat der gebürtige Berliner vor einem Jahr für die USA, die Heimat seines Vaters, zum ersten Mal an einer WM teilgenommen. Brooks ist schon früh mit dem ehemaligen Herthaner Jerome Boateng verglichen worden; auch bei Brooks sieht das Verteidigen leicht und lässig aus; auch Brooks kann das Spiel mit akkuraten Diagonalbällen aus der Abwehr eröffnen. Allerdings unterlaufen ihm – genau wie dem jungen Boateng – bisweilen folgenschwere Flüchtigkeitsfehler. Dass Brooks mit einer gewissen Sorglosigkeit durchs Leben geht, ist auch seinem Spiel anzumerken. Am Wochenende hatte er den Leverkusenern vor seinem Tor zum 2:1 mit einem haarsträubenden Fehlpass die große Chance zur Führung eröffnet, die Lustenberger schließlich vereitelte.

Dardai hat Brooks gewarnt, dass er nicht nachlassen dürfe, andernfalls werde er Probleme bekommen. „Es sieht gut aus. Wir sind alle zufrieden mit ihm.“ Der Ungar sieht Brooks perspektivisch sogar als Kapitän bei Hertha, zum einen wegen seiner sportlichen Qualität, zum anderen weil er mit seiner Herkunft aus dem eigenen Nachwuchs als Identifikationsfigur für das Berliner Publikum taugt.

Auch deshalb arbeitet der Klub seit längerem an einer Verlängerung des 2017 auslaufenden Vertrages. Im Sommer schien alles auf einem guten Weg, die Konditionen (Laufzeit bis 2019 mit Ausstiegsklausel) waren ausgearbeitet, doch dann wechselte Brooks den Berater. Dass er eine Anhänglichkeit an Berlin besitzt, ist bekannt; genauso aber, dass ihn die Premier League reizt. Zu welcher Variante er derzeit stärker tendiert, ist sein Geheimnis. Im Moment redet Brooks mal wieder (oder immer noch) nicht mit der Presse. Nicht mal das Nötigste. Auf die Frage, ob man mit ihm sprechen könne, schüttelt er nur leicht den Kopf.

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