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Andreas Voglsammer erzwang mit einem Kopfball den wichtigen Ausgleich.
© imago images/Fotostand

„Das qualifiziert sie schon für Höheres“: Jetzt gewinnt der 1. FC Union sogar die schwächeren Spiele

Der 1. FC Union beißt sich oben fest, will aber weiter nicht vom Europapokal sprechen. Der Sieg gegen Hoffenheim gibt viel Selbstvertrauen für das Derby.

Beim 1. FC Union legen sie stets großen Wert auf die Herkunft. Nicht im geografischen oder nationalistischen Sinne, aber sehr wohl im historisch-sportlichen Kontext. „Der Trainer liegt uns in den Ohren. Er predigt uns, wo wir herkommen – vor drei Jahren haben wir hier noch Zweitligafußball gesehen“, sagte Siegtorschütze Grischa Prömel nach dem 2:1-Heimsieg gegen die TSG Hoffenheim. Aus dieser Herkunft leiten die Berliner ihre öffentliche Zurückhaltung ab; vom Europapokal wollte selbst am Samstag mal wieder niemand reden, auch wenn Union für etwa drei Stunden auf einem Champions-League-Platz stand.

Zumindest galt das für die Berliner, denn Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß fand trotz Urs Fischers gestenreicher Bitte um Mäßigung sehr lobende Worte. „Union ist eine Mannschaft, die extrem schwer zu bespielen ist, keiner fährt gerne hier her“, sagte der 39-Jährige, und verwies auf die beeindruckende Heimbilanz, die nur eine Niederlage in den vergangenen 26 Ligaspielen ausweist. Er sehe wenige Begegnungen, in denen Union klar unterlegen sei, und eine erstaunliche Konstanz auf hohem Niveau. „Das qualifiziert sie schon für Höheres“, sagte Hoeneß.

Diese Einschätzung gilt ganz besonders, da Union momentan etwas gelingt, was in den vergangenen Jahren eher die Ausnahme war. Die Berliner punkten – und das sogar gegen Spitzenteams wie Leverkusen und Hoffenheim –, obwohl sie weit von ihrer Bestleistung entfernt sind. Damit bringt die Mannschaft eine von Fischer gebetsmühlenartig wiederholte Grundannahme langsam ins Wanken. „Union braucht während der ganzen Saison einen guten Tag, um Punkte mitzunehmen“, sagte der Trainer noch vor dem Spiel gegen Hoffenheim.

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In der Vergangenheit war das zweifellos der Fall. Frühe Tore waren ein wichtiger Faktor im Berliner Spiel, doch vor allem die defensive Stabilität war eine Voraussetzung für die vielen Überraschungen gegen stärkere Gegner. Die fehlt momentan zumindest phasenweise – und doch punktet Union munter weiter. Am Samstag war Hoffenheim in vielen Belangen überlegen, ging früh und verdient in Führung, wirkte auch später reifer. „Spielerisch war das keine gute Leistung von uns, das muss man so deutlich ansprechen“, sagte Prömel. „Sowohl defensiv als auch offensiv haben wir Probleme gehabt.“

Doch wie schon gegen Leverkusen in der Vorwoche gelang es Union, sich ins Spiel zu kämpfen, den Rhythmus des dominanten Gegners zu stören und in der zweiten Halbzeit mit Kontern sogar die gefährlicheren Aktionen herauszuspielen. „Union hat die Qualitäten, um in so einem Spiel stabil zu bleiben“, sagte Hoeneß.

Als offensiver Schlüssel erwies sich am Samstag die Einwechslung von Sheraldo Becker, gegen Leverkusen hatten Levin Öztunali und Andreas Voglsammer neue Impulse gegeben. „Du erhoffst dir natürlich von einem Einwechselspieler, dass er Schwung bringt“, sagte Fischer bezogen auf Becker. „Die Geschwindigkeit ist schwer zu verteidigen.“

Grischa Prömel traf für Union im zweiten Spiel in Folge.
Grischa Prömel traf für Union im zweiten Spiel in Folge.
© HANNIBAL HANSCHKE / AFP

Dass Toptorschütze Taiwo Awoniyi beim Afrika-Cup im Einsatz ist und nach seinem ersten Länderspieltor am Samstag mit Nigeria schon für das Achtelfinale qualifiziert ist, fängt Union bisher exzellent auf. Auch der Abgang von Marvin Friedrich hinterließ trotz einiger Wackler in der Defensive keine beunruhigend große Lücke.

Diese Widerstandsfähigkeit gehört zu Unions Selbstverständnis. Awoniyi fehlt? Friedrich weg? Frühes 0:1? Was soll’s! „Immer weiter ganz nach vorn“, wie es schon in der Vereinshymne heißt. Dass dies nun auch an schwächeren Tagen und nach Rückstand gelingt, ist ein weiterer Mosaikstein in der Entwicklung, die eigentlich irgendwann mal stocken müsste und doch immer weiter voranschreitet. Natürlich hat Fischer recht, wenn er auch das Spielglück als wichtigen Faktor nennt. „Die Momente waren auf unserer Seite“, sagte er. „Und die brauchten wir.“

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Doch über nun bereits 19 Bundesliga-Spieltage und insgesamt zweieinhalb Jahre in der Erstklassigkeit ist der Faktor Glück zu vernachlässigen. Viel wichtiger ist die Selbstsicherheit, die Fischer dem Team eingeimpft hat. Diese war schon nach dem 0:1 zu erkennen. Wo viele Mannschaften nach einem Gegentreffer erst die Ordnung wiederfinden müssen, hatte Union nur wenige Sekunden nach Wiederanpfiff eine Chance auf den Ausgleich. Es war ein Signal nach innen und außen. Verunsichert? Wir doch nicht!

Dieses Selbstvertrauen will Union nun auch in die Englische Woche mitnehmen. Am Mittwoch steht das Pokalderby gegen Hertha BSC im Olympiastadion auf dem Programm, „ein großes Spiel für den ganzen Verein“, wie Prömel sagt. „Deshalb fahren wir da hin, um zu gewinnen.“

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