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Sie verstehen sich. Bayern-Torwart Manuel Neuer (l.) und Hoffenheims Boss Dietmar Hopp.
© Daniel Roland/AFP

Skandalspiel Hoffenheim - FC Bayern: Jetzt beginnt der Machtkampf mit den Fans

Nach dem Bayern-Auftritt schießen Funktionäre gegen die Fanszene. Es dürfte der Beginn einer harten Auseinandersetzung in der Bundesliga sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von David Joram

Der 29. Februar könnte die Fußballkultur in Deutschland nachhaltig verändern. Weil die Fans des FC Bayern wiederholt Dietmar Hopp beleidigten, den Hoffenheimer Mäzen und Multimilliardär, stoppte der Schiedsrichter das Bundesliga-Duell in der Sinsheimer Arena. Und als er es nach 15-minütiger Unterbrechung wieder anpfiff, streikten die Spieler.

Hoffenheimer und Münchner passten sich die Bälle gegenseitig zu. Blau kickte zu Rot, Rot wieder zu Blau. Aber nicht, weil es beim Stand von 6:0 für die Bayern keinen Sinn mehr ergeben hätte weiterzuspielen. Nein, die Herren Profis wollten sich solidarisch mit Dietmar Hopp zeigen, dem Angegriffenen, dem Feindbild der Fankurven im Land.

Rummenigge will "mit aller Schärfe" vorgehen

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob dieses (zweifellos starke) Zeichen der Profis ein angemessener Protest war oder doch zu viel des Guten. Was sich in Hoffenheim ganz sicher offenbart hat, war ein Machtkampf in Reinform: auf der einen Seite die hochbezahlte Sportindustrie, unpolitisch und kapitalfreudig, auf der anderen Seite der skeptische Pöbel, sportpolitisch und kommerzkritisch.

Weil es in so einem Machtkampf auch immer um die Deutungshoheit geht, dürfte Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel gerne vor die TV-Kameras getreten sein. "Das ist das hässliche Gesicht des Fußballs", klagte Rummenigge und spezifizierte sogleich: "Das ist das ganz hässliche Gesicht von Bayern München."

Anzugträger im Regen. Dietmar Hopp (l.) und Karl-Heinz Rummenigge stehen Seit an Seit.
Anzugträger im Regen. Dietmar Hopp (l.) und Karl-Heinz Rummenigge stehen Seit an Seit.
© Daniel Roland/AFP

Er sprach zudem "von Leuten" - in diesem Falle dem Kern der Bayern-Fans -, die in Fußballstadien nichts mehr verloren hätten, "gar nichts mehr". Zur Rechenschaft wolle man jene ziehen und "mit aller Schärfe" gegen sie vorgehen, sagte er in bester Innenministermanier.

Aber ist der Fall so klar, wie das Rummenigge glaubt? Auf den ersten Blick vermutlich schon. Da wird ein honoriger Mann beleidigt, der, wie es gerne heißt, für den Fußball und die Region so viel getan hat. Und gewiss stimmt es, dass Dietmar Hopp sich diese Beleidigungen (der übelsten Sorte) nicht gefallen lassen muss. Das muss übrigens niemand hinnehmen, egal ob Multimilliardär oder Tellerwäscher.

Was soll das? Kölns Kapitän Jonas Hector steht vor den Ultras, die ein Schmähplakat gegen Hoffenheims Dietmar Hopp zeigen.
Was soll das? Kölns Kapitän Jonas Hector steht vor den Ultras, die ein Schmähplakat gegen Hoffenheims Dietmar Hopp zeigen.
© Rolf Vennenbernd/dpa

Nur ist es eben auch so, dass ein gewisses Kernklientel deshalb gegen Hopp agiert, um das System anzuprangern. Die Bayern-Botschaften umfassten neben den Hopp-Beleidigungen eben noch den Zusatz: "Der DFB bricht sein Wort."

Gemeint war damit, dass der DFB wieder auf Kollektivstrafen setzt, zuletzt bei den Fans von Borussia Dortmund, die (weil ein kleiner Teil Hopp beleidigt hatte) nun zwei Jahre lang kein BVB-Spiel in Hoffenheim besuchen dürfen.

Am Samstagabend, als der 1. FC Köln 3:0 gegen Schalke 04 gewann, tauchte auch im Kölner Block ein Schmähplakat auf. Es umfasste dieselbe Thematik. Die Funktionäre und Sportler, gefangen in einem recht überschaubaren Kosmos, zeigten auch in Köln dafür kaum Verständnis. Warum auch? In ihrer Welt dreht sich eben alles um Fußball; und was diesem Geschäft schadet, wird attackiert.

Die Fanszenen im Land sind harte Körner in der Geldmühle Bundesliga, speziell auch ein gewisser Kern der Bayern-Anhänger, die ihren Kluboberen den Spiegel vorhalten, wenn diese Steuern hinterziehen oder Trainingslager in Katar goutieren. Wie Dietmar Hopp stehen sie für ihre Rechte ein, anders als Hopp führen sie diesen Kampf ziemlich grob. Vermutlich hat kaum ein Bayern-Fan persönlich etwas gegen Hopp – aber viele haben etwas gegen Hopp als Symbol.

Dietmar Hopp gilt in Fankreisen als Symbol

Gegen einen reichen Mann, der nur mithilfe schier unerschöpflicher Kapitalmittel einen Verein privatisiert hat – und damit nun noch mehr Geld verdient. So muss man das nicht sehen, kann man aber. Diesem Gedanken einen Ausdruck zu verleihen, ist legitim. Wenn Rummenigge in diesem Zusammenhang vom "ganz hässlichen Gesicht des Fußballs" spricht, übertreibt er gewaltig.

Das ganz hässliche Gesicht des Fußballs zeigt sich dann, wenn Weltmeisterschaften gekauft werden, Arbeiter beim Bau von WM-Stadien sterben oder Funktionäre zig Millionen Steuern hinterziehen. Dass an diesem wunderbaren Sport immer mehr fußballfremde Akteure verdienen wollen und verdienen, gefällt einem kleinen Teil der Branche nicht, es ist meist jener Teil, der mit zugespitzten Botschaften auf sich aufmerksam macht.

Weil den Rummenigges dieser Welt der unmündige Fußball-Konsument lieber ist, droht der Bundesliga bald ein verschärfter Machtkampf zwischen ihren Kurven und dem gut bezahlten Fachpersonal. Dietmar Hopp ist da nur der Auslöser für einen schon lange schwelenden Konflikt.

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