Rummenigge nach Skandal in Sinsheim: „Das ist das ganz hässliche Gesicht von Bayern München“
Im Bayern-Block kommt es zu Beleidigungen gegen Dietmar Hopp, die Partie steht vor dem Abbruch. Karl-Heinz Rummenigge schämt sich „zutiefst“.
Ab der 77. Minute wurde es in der Sinsheimer Fußballarena skurril. Die Spieler des FC Bayern und der gastgebenden TSG Hoffenheim spielten sich gegenseitig die Bälle in die Füße. 6:0 stand es da schon für die Bayern – doch das war nicht der Grund für das Friedensabkommen. Vielmehr lag es an den Bayern-Fans, dass ein bis dahin einseitiges Bundesligaspiel in die Geschichtsbücher eingehen wird.
Weil sie in der zweiten Halbzeit wiederholt TSG-Mäzen Dietmar Hopp beleidigten, unterbrach Schiedsrichter Christian Dingert das Duell beim Stand von 0:6. Die Bayern-Fans spielten auf eine Kollektivstrafe für die Fans von Borussia Dortmund an. Als es schließlich weiterging, klatschten die Spieler, blaue wie rote, miteinander und ließen den Ball nur noch pro forma über den Rasen rollen. Ein irres Schauspiel.
Das Spiel wird zweimal unterbrochen
Hoffenheims Mehrheitseigner Hopp war bereits schon häufiger zum Ziel von Schmähungen geworden. Besonders in der Ultra-Szene gilt er als Symbol für die Kommerzialisierung des Fußballs, nachdem er Hoffenheim mithilfe seines Geldes aus dem Amateurfußball bis in die Bundesliga führte.
Im September 2018 hatten Dortmunder Fans unter anderem ein großes Banner ausgerollt, welches das Konterfei von Hopp hinter einem Fadenkreuz zeigte. Am 20. Dezember 2019 waren die Banner kleiner, aber nicht weniger beleidigend. Dabei hatte Hopp bereits Hausverbote gegen Dortmunder Anhänger erwirkt.
Zuletzt hatte der DFB die Bewährung einer 2018 verhängten Strafe gegen den BVB ausgesetzt: In den kommenden zwei Spielzeiten bleibt der Gästeblock bei Partien zwischen beiden Bundesligisten in Hoffenheim leer.
Am Samstagnachmittag hatte alles Mitte der zweiten Halbzeit begonnen. Die Bayern lagen 6:0 vorn, als die Fans des Rekordmeisters den Hoffenheimer Mäzen mit dem in Ultrakreisen üblichen Schmähplakat beleidigten. Es brachte auch wenig, dass einige Bayern-Spieler, angeführt von Trainer Hansi Flick, vor die eigene Fankurve stürmten, um die Anhängerschaft gestenreich zur Räson zu bringen.
Doch die Bayern-Fans hörten nur kurz auf ihre Spieler, weshalb eine zweite Spielunterbrechung nötig wurde. Diesmal liefen auch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Kahn zu den Fans. Dingert schickte die Spieler in die Kabinen. Die Partie stand vor dem Abbruch.
Nach etwa 15 Minuten kehrten die Spieler auf das Feld zurück. Sie verständigten sich darauf, nicht aktiv weiterzuspielen und passten sich in den verbleibenden zwölf Spielminuten nur noch den Ball zu. Ab der 83. Minute ruhte der Ball schließlich komplett, Hoffenheimer und Münchner Spieler klatschten gemeinsam mit den vielen anderen Fans im Stadion, ein symbolisches Zeichen.
Rummenigge war schon während der ersten Unterbrechung zu TSG-Mehrheitseigner Hopp auf der Ehrentribüne gegangen und hatte diesen in den Arm genommen. Seit Jahren sind sie gute Freunde. Später standen sie Schulter an Schulter am Spielfeldrand im strömenden Regen und beobachteten sichtlich ergriffen die bemerkenswerte Aktion ihrer Mannschaften.
„So wie die Spieler das gemacht haben, das ist ein absolutes Zeichen“
Weil die Anhänger der Gäste reichlich Pyrotechnik zündeten, war zudem schon die zweite Halbzeit verspätet losgegangen. „Ich schäme mich zutiefst“, sagte Rummenigge im Anschluss an das Spiel. „Das ist eigentlich nicht zu entschuldigen.“ Nach dem heutigen Tag müsse ein Umdenken stattfinden, man habe „viel zu lange die Augen zugemacht“.
Der Klub werde „mit aller Schärfe“ gegen die Verantwortlichen vorgehen. „Das ist das ganz hässliche Gesicht von Bayern München“, befand Rummenigge. „Es war eigentlich eine absolute Watschen für die Fans von Bayern München.“ Zumindest über die Aktion seiner Profis konnte er sich freuen: „So wie die Spieler das gemacht haben, das ist ein absolutes Zeichen“, sagte Rummenigge.
Zuvor hatte der FC Bayern die Kraichgauer sportlich regelrecht demontiert. 0:4 stand es nach gerade mal 33 gespielten Minuten, besser wurde es aus Sicht der Hoffenheimer nicht mehr. Die Bundesligafußballer in den blauen Trikots ließen sich wie ein Bezirksligist vorführen, während die Münchner bewiesen, auch ohne Robert Lewandowski, ihren verletzten Stürmerstar, offensiv bestens aufgestellt sind.
Ein Eigentor Baumanns, Joshua Kimmich, Joshua Zirkzee, zweimal Coutinho und Leon Goretzka schossen die Tore für die brutal dominanten Gäste. Und hätten die Münchner weitere hochkarätige Chancen genutzt, wäre die TSG womöglich mit einem zweistelligen Ergebnis vom Platz gegangen. Doch dann rückten andere Dinge in den Fokus – und das Ergebnis geriet völlig zur Nebensache. (mit dpa)