Kolumne "So läuft es": Jeden Monat einen Marathon fürs Kinderhospiz
Gesundheit ist bei Kindern keine Selbstverständlichkeit. Unser Kolumnist musste das während des Laufens von einem Bekannten erfahren.
Ich habe ein wenig Zeit gebraucht, um diese Kolumne zu schreiben, denn ich musste das Erlebte zunächst ein wenig sacken lassen. Kennen Sie das? Diese Momente, die einen derart berühren, dass man sie nur mit sich selbst teilen mag? Weil sie einen mitten ins Herz treffen? Und man sich fast doof vorkommt, wenn man darüber sprechen soll. Deshalb lässt man es. Leider. Weil man nicht die richtigen Worte findet. So ging es mir mit Frank Dieter und seiner Laufgeschichte. Aber jetzt muss es raus.
Frank wurde im hessischen Gelnhausen geboren, aufgewachsen ist er ganz in der Nähe, in Bad Soden Salmünster. Dort lebt er auch heute. Während des Brüder-Grimm-Laufs vor ein paar Wochen lief er in unserem Team mit. Mein Freund Peter hatte ihn eingeladen. In anerkennendem Tonfall sagte Peter zu mir: „Frank ist irre, im positiven Sinn.“ Er läuft jeden Monat einen Marathon. Für jeden Marathon-Kilometer spendet er einen Euro für das Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden.
Noch vor dem Start hatte ich Gänsehaut von innen. Frank erzählte mir, wie er angefangen hatte zu laufen, im Jahr 2000. Damals wog er 20 Kilogramm mehr, hatte einen neuen Job in einem viel zu kleinen Büro. Sein Kollege war Kettenraucher, der auf ihn als Nichtraucher keine Rücksicht nahm. Irgendwann hielt er das alles nicht mehr aus, wollte etwas verändern und begann zu laufen. Sein erster Lauf waren 100 Meter am Stück im Wald. Seinen ersten Marathon lief er 2002 in Frankfurt.
„Anfangs ging es mir um die gute Sache im Allgemeinen, nach einiger Überlegung bin ich schnell auf das Kinderhospiz gekommen“, erzählte mir Frank. „Es war reine Dankbarkeit über meine sechs gesunden Enkelkinder.“ Über 14.000 Euro hat Frank mittlerweile erlaufen, immer wieder gibt es Spenden von Bekannten oder Menschen, die von seinem Engagement erfahren. So hat ihn sein Arbeitgeber, die Deutsche Bahn, letztes Jahr mit dem DB Award in der Kategorie „Gesellschaftliches Engagement“ ausgezeichnet. Die 3000 Euro Preisgeld hat er gespendet.
Ein Tabuthema
Warum dieses Kinderhospiz? Der Auslöser war ein Foto an der Wand, das er im Kinderhospiz Bärenherz gesehen hat. Ein Vater hat es von seinem Kind (ca. sechs Jahre) gemacht. Man sieht darauf das Kind, von hinten, auf einem Feldweg. Darunter steht geschrieben: „Von hier an gehe ich meinen Weg alleine“. Das war für Frank ein emotionaler Moment, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging.
Er kämpft für mehr Aufmerksamkeit für ein Tabuthema. Frank ist sich sehr klar: „Ich möchte jedem klarmachen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es uns so gut geht, dass unsere Kinder gesund sind. Ich habe erfahren, dass in einem Hospiz gelacht wird, echte Freundschaften entstehen, auch über den Tod eines Kindes hinaus. Wer in unserer Gesellschaft hiermit konfrontiert wird, der versteht, wie unwichtig die täglichen Streitereien um nichtige Dinge wirklich sind.“
Danke, Frank. So läuft es.
Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.
Mike Kleiß
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