Trotz gestiegener Coronavirus-Fälle: Japans Regierung dementiert Absage der Olympischen Spiele
In Umfragen hatte sich die Mehrheit der Japaner für eine Absage oder Verlegung der Spiele ausgesprochen. IOC-Chef Thomas Bach sieht dafür keinen Anlass.
Japans Regierung hat einen Medienbericht dementiert, wonach sie intern zum Schluss gekommen sei, dass die Olympischen Spiele in Tokyo wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden müssen. „Wir weisen den Bericht vollständig zurück“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Manabu Sakai am Freitag in Tokio. Natürlich müsse die Situation im Ausland berücksichtigt werden, und irgendwann müsse entschieden werden, ob die Veranstaltung stattfinde. „Aber bis dahin wird die japanische Regierung das tun, was getan werden muss“, bekräftigte er.
Die Londoner „Times“ hatte unter Berufung auf ein nicht näher genanntes Mitglied der japanischen Regierungskoalition berichtet, es bestehe Einigkeit darüber, dass die bereits um ein Jahr verschobenen Spiele zum Scheitern verurteilt seien und abgesagt werden müssten. Ziel sei es nun, eine gesichtswahrende Form zu finden, die Absage anzukündigen und sich die Option offen zu halten, zu einem späteren Zeitpunkt Olympia-Gastgeber zu sein. Die nächste Möglichkeit dafür wäre im Jahr 2032.
IOC-Chef Thomas Bach hatte in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview betont, er sehe keinen Anlass für eine Absage der Spiele. „Wir haben zurzeit überhaupt keinen Grund zu glauben, dass die Olympischen Spiele in Tokio nicht am 23. Juli im Olympiastadion von Tokio eröffnet werden“, sagte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo. Es gebe „keinen Plan B“ für die Austragung der Spiele.
Wegen deutlich gestiegener Coronavirus-Fälle hatte Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga in der Vorwoche den Notstand über den Großraum Tokio hinaus auf sieben weitere Präfekturen ausgeweitet. Es gilt ein weitreichendes Einreiseverbot bis 7. Februar. In jüngsten Umfragen hatte sich eine deutliche Mehrheit der Japaner für eine Absage oder erneute Verlegung der Olympischen Spiele ausgesprochen.
„Eine vollständige Absage hätte einen Dominoeffekt zur Folge"
Eine mögliche Olympia-Absage hätte nach Ansicht von Eberhard Gienger unübersehbare Folgen für den deutschen Sport. „Eine Absage der Olympischen Sommerspiele in Tokio hätte katastrophale Auswirkungen für die deutschen Athleten, die Sportfachverbände und Vereine zur Folge“, sagte der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Der Gesamtschaden könne laut Gienger bei einer Absage kaum beziffert werden - unter anderem, weil wichtige Werbepartner für lange Zeit verloren gehen würden oder viele Nachwuchssportler sich langfristig vom Leistungssport abwenden könnten. „Eine vollständige Absage der Sommerspiele 2021 in Tokio hätte einen Dominoeffekt zur Folge: Die Sportstrukturen würden geschwächt und die Sportentwicklung in Deutschland nachhaltig gebremst“, sagte der 69 Jahre alte einstige Reck-Weltmeister.
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Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag, sieht nicht nur die nationale Finanzlage, sondern auch die im Weltsport durch einen Ausfall der Tokio-Spiele vom 23. Juli bis 8. August gefährdet. „Es könnte möglicherweise beim IOC und damit für die Nationalen Olympischen Komitees problematischer werden, die in besonderer Weise von den Einnahmen der Spiele abhängen“, sagte sie. Vor einem Jahr habe sich das Internationale Olympische Komitee laut Mitglied John Coates finanziell noch gut gewappnet gesehen für den Fall, dass die Spiele ausfallen müssten, so die SPD-Politikerin. „Sollte sich das geändert haben, wird das IOC den Rotstift ansetzen müssen“, sagte sie. Wenn die Zahlungen an die Nationalen Olympischen Komitees reduziert würden, wäre auch der Deutsche Olympische Sportbund betroffen. Der DOSB bekommt vom IOC für eine Olympiade, den Zeitraum von vier Jahren, rund 30 Millionen Euro. (dpa)