zum Hauptinhalt
Drei Stars aus Afrika, die am Sonntag beim Berlin-Marathon um den Sieg laufen: Zersenay Tadese, Eliud Kipchoge und Wilson Kipsang.
© AFP

Afrikanische Läufer beim Berlin-Marathon: Jan Fitschen: "Ohne die Manager geht nichts"

Der frühere Langstreckenläufer Jan Fitschen über die Bedeutung der Berater für die afrikanischen Athleten, Abhängigkeiten und die Dominanz der Kenianer.

Von Johannes Nedo

Herr Fitschen, Sie haben selbst oft in Kenia trainiert. Wie wichtig sind Athleten-Berater für die afrikanischen Läufer?

Ohne die Manager geht nichts. Wenn die Athleten Geld verdienen wollen, müssen sie raus aus Afrika. Die kenianischen Läufer suchen deshalb fieberhaft nach Leuten, die ihnen Kontakte vermitteln. Ich habe das schon selbst erlebt.

Was ist Ihnen da passiert?

Ich wollte mit einer Trainingsgruppe in Kenia laufen und mir wurde angekündigt: die besteht aus zehn starken Läufern. Als die erste Einheit anstand, waren da plötzlich 30 Läufer – die alle super stark waren. Und ich habe mich gefragt: „Wo kommen die denn alle her?“

Und, wo kamen die alle auf einmal her?

Einmal pro Woche war ein Trainer aus Europa dabei. Und sie wollten von ihm entdeckt werden. Auch wenn ich beim Dauerlauf oder beim Spaziergang in Kenia unterwegs war, haben mich Athleten angesprochen und gefragt: „Kannst du mich managen? Kannst du mir das Geld für einen Flug nach Europa vorschießen?“ Selbst die Kenianer, die in ihrem Land eher nur zur zweiten oder dritten Reihe gehören, wollen zu den Rennen in Europa. Bei jedem kleinen Rennen, bei dem Geld zu verdienen ist, starten Afrikaner.

Sind denn auch die kleineren Preisgelder noch lukrativ für sie?

Die Athleten kommen meist aus extrem armen Verhältnissen. Da hilft das natürlich. Und wenn sie es schaffen, lange dabei zu bleiben – wie etwa die Top-Läufer Eliud Kipchoge und Wilson Kipsang, gibt es in ihrem Heimatdorf sogar einen kleinen wirtschaftlichen Aufschwung. Kipsang gehören Wohnungen und ein Hotel und er sponsert eine Kirchengemeinde.

Umso wichtiger sind dann gute Berater.

Absolut. Und die meisten Athleten haben ihren Managern auch viel zu verdanken, weil sie gut betreut werden. Da ist es zum Beispiel immer ein gutes Zeichen, wenn die Läufer langfristig bei Rennen antreten – und nicht nach ein oder zwei Rennen gleich wieder verschwinden. Aber man darf auch nicht alles schönreden. Es gibt leider auch schwarze Schafe, die die afrikanischen Athleten in Abhängigkeiten verwickeln. Gute Berater helfen den Läufern jedoch auch dabei, wie sie mental mit schnellen Erfolgen umgehen oder ihr soziales Umfeld gestalten.

Welche Bedeutung haben die Berater für die Veranstalter?

Auch bei den großen Marathon-Rennen geht ohne die Athleten-Manager nichts. Sie wissen genau, welcher der Top-Läufer fit ist und welche Tempomacher am besten passen, um starke Zeiten zu erreichen.

Wird durch die professionellere Betreuung der Berater die Dominanz der afrikanischen Läufer nur noch weiter manifestiert?

Der Vorsprung wird bleiben. Mit strukturiertem Training, besseren Coaches und auch einer guten Unterstützung durch Physios werden die Afrikaner sicher noch besser. Aber davon werde ich mir im Februar 2019 wieder ein genaues Bild vor Ort machen.

Was steht dann an?

Ich biete da wieder eine Reise nach Kenia für Hobbyläufer an. Es geht dabei nicht um ein Trainingslager, sondern darum, sich von dem Land und den laufbegeisterten Menschen dort inspirieren zu lassen.

Das Gespräch führte Johannes Nedo.

Zur Startseite