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Volle Ränge und Fans ohne Maske. Viele Menschen in Deutschen wundern sich über das, was in Bundesliga-Stadien wie dem in Köln am Samstag trotz Pandemie noch möglich ist.
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Volle Stadien und Corona-Pandemie: Ist der Fußball noch ganz dicht?

Beim rheinischen Derby zwischen Köln und Mönchengladbach waren 50.000 Zuschauer im Stadion. Das befeuert die Corona-Debatte im Fußball neu.

Im Überschwang der Gefühle war es Mark Uth zu verzeihen, einmal nicht an die bedrohliche Corona-Lage gedacht zu haben. Wenn die Südtribüne „singt, tanzt, lacht, trinkt“, sagte der Kölner Stürmer nach dem Derbysieg gegen Mönchengladbach, ja, da gebe es kein „schöneres Gefühl“. Die Bilder von 50.000 feiernden Menschen dicht an dicht und entgegen der fast lächerlich späten Anweisung des Gesundheitsamtes oftmals ohne Masken verursachten bei Experten wie Kritikern dagegen genau das Gegenteil. In der Fußball-Bundesliga verdichtet sich wieder einmal der lähmende Streit über den richtigen Umgang mit der Pandemie.

„Volle Fußballstadien. Ich frage mich, was die, die auf Intensiv arbeiten, von diesem Land denken, wenn sie das übermüdet und am Ende der Kraft sehen“, twitterte die Co-Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, am Samstag ungefähr zu der Zeit, als sich in Köln der Derbyrausch vom Stadion in die Straßenbahnen und Kneipen verlagerte. In der Arena galt die 2G-Regel, die den Zutritt von ungeimpften Fans ausschließt.

„Ich finde es hochproblematisch, was wir beim Fußball sehen“, sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der „Bild am Sonntag“. „Die Menschen infizieren sich nicht im Stadion, aber die Anreise und die Feiern nach dem Spiel sind die Infektionsherde. Daher sind Spiele im vollen Stadion aktuell nicht akzeptabel.“ Der erst kurz vor dem Anpfiff verschickte „wichtige Hinweis“ von Stadt und Klub zur doch noch erlassenen Maskenpflicht auch auf den Steh- und Sitzplätzen erreichte augenscheinlich Tausende Fans nicht mehr – oder sie ignorierten ihn.

Nordrhein-Westfalens Landeschef Hendrik Wüst (CDU) hatte sich als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz damit hervorgetan, eine mögliche Impfpflicht für Profifußballer ins Spiel zu bringen. Der inzwischen mit Corona infizierte Bayern-Star Joshua Kimmich gehört sicherlich zu den prominentesten Nicht-Geimpften des Landes. Doch der Vorstoß kam bei den Bundesliga-Bossen nicht gut an.

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„In Deutschland hatte ich schon gelegentlich den Eindruck, dass es bei den Ministerpräsidenten-Konferenzen oftmals um die Überschriften für die nachfolgenden Pressekonferenzen ging“, sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga, im Interview der „Süddeutschen Zeitung“. Der 52-Jährige berichtete, von mehr als 1000 deutschen Vertragsspielern seien „Stand Mitte November“ 86 nicht geimpft. Er frage sich, ob es im Land „nicht drängendere Probleme gibt als 86 ungeimpfte Fußballer“, sagte Seifert, der weiterhin zum Impfen aufruft.

Wüst hatte vor der Partie in Köln die Entscheidung für die Vollauslastung des Stadions in der ARD verteidigt: „Ich glaube, das ist bei der Lage in Nordrhein-Westfalen eine angemessene Entscheidung.“ Die Entscheidungsgrundlage müsse aber immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Der gesundheitspolitische Sprecher der NRW-CDU, Peter Preuß, sagte derweil im Deutschlandfunk: „Ich bin mir sicher, dass eine solche Genehmigung, wie sie wohl erteilt worden ist, heute, unter den Bedingungen, die wir jetzt kennen, nicht erteilt worden wäre.“

Schon sprechen einige Klubs von Wettbewerbsverzerrung

Die Sieben-Tage-Inzidenz in NRW lag zuletzt bei 276,4. In Sachsen, wo am Sonntag die Partie zwischen Leipzig und Leverkusen als Geisterspiel angesetzt war, stieg der Wert auf 1205,5.

Die RB-Verantwortlichen hatten zuletzt Wettbewerbsverzerrung beklagt. Und abseits der in Heimspielen sicher unterstützenden Stimmung von den Rängen hängt der Profisport stark von den Einnahmen aus Kartenverkäufen ab, andere Sportarten noch viel mehr als der Fußball. Ein selbstverordneter Zuschauerausschluss an den Standorten, wo die Politik noch Fans erlaubt, ist deshalb eher unwahrscheinlich. Flächendeckend beschließen könnte diese und andere Maßnahmen (Auswärtsfanverbot, Streichung der Stehplätze) die DFL-Mitgliederversammlung, die nächste Sitzung ist für den 14. Dezember geplant.

Die neue Corona-Variante Omikron könnte der Liga diese Diskussion aber recht zügig abnehmen. „Es müssen auf jeden Fall die Zuschauerzahlen deutlich reduziert werden“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei „Sky“. In Bayern dürfen die Stadien derzeit bis zu 25 Prozent der Gesamtkapazität ausgelastet werden. Für das Spiel am kommenden Samstag zwischen Dortmund und dem FC Bayern in NRW sind 67.500 Fans zugelassen – noch. (dpa)

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