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Vom Strand ins Stadion. Fußball wird in Indien meist von Cricket an den Rand gedrängt und nur als Freizeitaktivität betrieben. Eine neue Liga soll das ändern. Foto: Imago
© imago/Zakir Hossain Chowdhury

Neue Fußball-Liga in Indien: Indian Super League: Kicken mit Cricket

Ab der nächsten Saison werden alte Stars wie David Trezeguet und Robert Pires in der neu gegründeten Indian Super League spielen. Der Fußball will nun auch Indien erobern, aber braucht dafür die Hilfe des Nationalsports.

Der Fußball treibt seine Kolonisierung weiter voran. Die ewige Suche nach neuen Märkten hört nicht bei den USA, China und Katar auf. Die allgegenwärtige Supermacht des Sports macht sich derzeit auf nach Indien. Mit der neuen Franchise-Liga Indian Super League (ISL) sollen sich nun auch die 1,2 Milliarden Einwohner in Indien vom Fußball erobern lassen. Auch Indien soll sich nun endlich in die Weltsportart verlieben. Das gestaltet sich auf dem Subkontinent jedoch schwierig. Anders als in China und Katar gibt es dort keine sportlich-kommerzielle Lücke, die von der modernen Fußballmaschine eben mal gefüllt werden will. Anders als in China und Katar gibt es in Indien – Cricket.

Das Geschäft mit dem Fußball verlässt sich bei seiner weltweiten Vermarktung auf zwei wichtige Vorteile. Erstens ist es ein Massenphänomen, zweitens besitzt es eine große kommerzielle Macht. In Indien kommt es in beiden Fällen aber nicht an Cricket vorbei. Vor allem die Indian Premier League (IPL), die größte Cricket-Liga der Welt, wird in ihrem Heimatland geliebt. Die Liga ist ein Franchiseprodukt und lockt mit ihren finanziellen Möglichkeiten die besten Cricket-Stars nach Indien. Mehr Geld als in der IPL kann man als Cricketspieler nirgends verdienen. Laut der unabhängigen Vermögensbewertung durch „Brand Finance“ besitzt die Liga einen Marktwert von über vier Milliarden Euro. Mit ihrer Gründung 2008 hat die IPL das Cricket revolutioniert und „vom Geld her kann sich selbst Fußball mit Cricket nicht mehr messen“, sagt „Times of India“-Journalist Va Anand. Auch in den USA kann man die IPL nun verfolgen.

Wer Fußball in Indien zum Marktführer machen will, muss nicht gegen Cricket kämpfen, sondern nach Cricket-Regeln. Genau das macht die ISL. Wie die Cricket-Liga IPL ist auch die neue Fußball-Liga ein Franchiseprodukt. Wie in der IPL spielen dort acht Mannschaften aus Städten wie Kalkutta, Mumbai, Bangalore – in fast jeder Stadt, wo es eine IPL-Mannschaft gibt, wird es nun auch ein ISL-Team geben. Wie die IPL schielt somit auch die Fußball-Liga auf die vielen regionalen Rivalitäten Indiens. Die Teams gehören offiziell zu bestimmten Städten, vertreten aber eine Region. Die Mannschaft aus der Stadt Kochi wird nach der Region Kerala genannt, im Wappen des Kalkutta-Teams steht ein Löwe: das Symbol der Region Bengal.

In Europa hat die Indian Super League kaum Aufmerksamkeit erhalten

In Europa hat die Indian Super League bisher nur Aufmerksamkeit erhalten, weil die älteren Stars neben den USA oder Katar nun auch in Indien in einen äußerst lukrativen Vorruhestand wechseln können. David Trezeguet, Joan Capdevila und Luis Garcia haben schon unterschrieben. Spieler wie Freddie Ljungberg, Robert Pires und Alessandro del Piero sollen folgen.

Diese in Europa ruhmreichen Namen kennen jedoch die wenigsten Inder. Es könnten genauso gut Robin van Persie, James Rodriguez oder Thomas Müller in die neue Liga wechseln – und die Sporthelden in Indien würden weiterhin Mahendra Singh Dhoni, Ishant Sharma und Virat Kohli heißen. Allesamt Cricketspieler.

Für werbeträchtige Stars muss sich die ISL dann doch wieder beim Cricket bedienen. Und das ist der Liga mindestens außerhalb des Spielfelds bisher gelungen. Als die verschiedenen Teams versteigert wurden, stiegen auch zwei bekannte Cricketspieler ein. Sachin Tendulkar, nach Gandhi der beliebteste Inder der Geschichte, kaufte ein Team in seiner Heimatstadt Kochi. Der frühere Nationalmannschaftskapitän Sourav Ganguly erstand gemeinsam mit dem spanischen Fußballmeister Atletico Madrid die Mannschaft von Kalkutta. Tendulkars Beteiligung war wohl der bislang größte kommerzielle Sieg der ISL. In Indien verkauft sich der kleine Mann besser als Neymar in Brasilien. Seine reine Anwesenheit vergrößert die Strahlkraft der Fußballliga immens. Gangulys Einstieg zeigt dagegen eine andere Methode. Mit einem großen Cricketnamen neben einem großen Fußballnamen an seiner Seite versucht „Atletico de Kolkata“ die wenigen etablierten Fußballanhänger Indiens mit den Millionen Cricketfans unter ein Banner zu bringen.

Sowohl Tendulkar als auch Ganguly sehen in der Indian Super League nicht nur eine Geschäftsmöglichkeit, sondern offenbar auch eine soziale Pflicht. Tendulkar will nach eigener Aussage „andere Sportarten in Indien unterstützen“. Ganguly wünscht der ISL „eine Infrastruktur wie beim Cricket, um damit jungen Leuten andere Möglichkeiten zu geben“.

Ein wichtiger Punkt. Denn die Hegemonie von Cricket bedeutet auch, dass es für viele junge Sportler in Indien an Alternativen mangelt. Würde es der ISL gelingen, den indischen Fußball ein Stück prominenter zu machen, hätte die Fußballwelt eine neue Talentquelle. Die kommerzielle und kulturelle Dominanz von Cricket wird in Indien nie gebrochen. Ganguly, Tendulkar und Co. wollen ihrem Land aber zeigen, dass es noch etwas anderes gibt.

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