Joachim Löw nach dem 2:1-Sieg in der Ukraine: „Ich sehe das große Ganze“
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kann doch noch gewinnen. Darüber ist auch der Bundestrainer erleichtert und spricht von Erfolgen als „Klebstoff“.
Der erste Sieg des Nationalteams nach fast einem Jahr ist für Joachim Löw auch eine Bestätigung seines Kurses. Dieser wurde vor dem 2:1 in der Ukraine bereits kritisiert. Für den Bundestrainer ist das Erfolgserlebnis vor allem wichtig für den weiteren Weg zur EM. Nach dem Spiel stellte sich Löw in der Online-Pressekonferenz den Fragen der Journalisten.
Wie beurteilen Sie den Sieg?
Wenn man das Spiel realistisch einschätzt, ist uns nicht alles gelungen, aber einiges auf jeden Fall. Wir haben völlig verdient gewonnen. Nach dem 2:0 hatten wir noch zwei, drei große Chancen. Auf der anderen Seite hatten wir noch den unnötigen Elfmeter. Es bestand keine Gefahr. Wenn Niklas Süle auf den Beinen bleibt, passiert nichts. Aus dem Spiel heraus haben wir keine herausgespielten Chancen zugelassen. Wir haben sehr aufmerksam und konzentriert agiert. Die Mannschaft hat gut gearbeitet.
Es gibt keinen Ersatz für Siege. Wie sehen Sie den Wert des 2:1 gerade nach den zuletzt verspielten Vorsprüngen?
Ich habe der Mannschaft gesagt, Siege sind der Klebstoff. Dass man einfach mit breiterer Brust Richtung EM geht. Daher ist es gut, das wir gewonnen haben.
Wie werden Sie jetzt das nächste Spiel am Dienstag in Köln gegen die Schweiz angehen?
Wir haben insgesamt nicht so viele Spiele bis zur EM, noch sieben bis zum Beginn der Vorbereitung. Wichtig ist, dass sich jetzt die Mannschaft auch einspielt. Auch diese Mannschaft war ja über zehn Monate nicht mehr zusammen. Das ist eine lange Zeit. Daher werden wir gegen die Schweiz nicht viel verändern, wenn alle fit sind, wovon ich ausgehe.
Es gab viel Unruhe, Kritik von Ex-Nationalspielern. Haben Sie das Gefühl, Sie können es niemanden recht machen?
Nein. Kritik darf jeder äußern. Man reflektiert sich auch selbst ständig, was kann man besser machen. Man kann nicht immer alles erwarten, was man sich wünscht, wenn die Spieler wie im September ohne Wettkampfpraxis zur Nationalmannschaft kommen. Gegen die Türkei stand ja auch eine junge Mannschaft mit wenig Erfahrung auf dem Platz. Wir hatten nur einmal miteinander trainiert. Von daher kann ich es gut einordnen. Für uns ist wichtig, dass wir uns selber im Team hinterfragen, wo wir den Hebel ansetzen können. Ich sehe das große Ganze und nicht ein einzelnes Testspiel. Ich sehe den Weg Richtung EM, da, wo wir herkommen seit November 2018 nach der WM und der Nations League. Da waren wir ganz weit unten. Die junge Mannschaft, die wir verändert haben, hat die EM-Qualifikation gewonnen gegen Holland. Wir haben ein paar sehr gute Spiele gemacht. Dann waren wir zehn Monate nicht zusammen und haben die Spiele aus dem Stand heraus gemacht. Da muss man doch eine realistische Einschätzung machen.
Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Arbeit mit Ihrem Team in nächster Zeit setzen?
Aufgrund der wenigen Zeit ist es schwierig, im Training ständig neue Akzente und neue Einflüsse einzubringen. Nach der Regeneration haben wir am Montag schon das Abschlusstraining. Es geht viel über die Theorie und über Spiele. Einige Punkte haben wir schon klar angesprochen. Nicht nur über die Spiele, die waren und kommen, sondern über den Weg und die Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Was wollen wir tun? Wie sieht unsere Identität aus? Wie sieht die Art und Weise unseres Spiels aus? Da ist jedes Training wichtig. (zusammengestellt von dpa)