Mit neuem Trainer Julian Nagelsmann: Hungriger Auftakt bei RB Leipzig
Mit Julian Nagelsmann kommt Aufbruchstimmung nach Leipzig, RB will endlich einen Titel. Dabei bewegen sie sich in Sachen Transfers auf Bayern-Niveau.
Julian Nagelsmann trägt das neue weiße Heimtrikot, Sportdirektor Markus Krösche das neue blaue Auswärtstrikot. Der erste große öffentliche Auftritt des neuen Führungsduos bei RB Leipzig soll lässig und leger wirken. So weit das möglich ist, bei einem Riesenkonstrukt eines Riesenunternehmens mit Riesenambitionen im Profifußball.
Jedenfalls grinsen die beiden jungen Entscheidungsträger, 38 und 31 Jahre alt, in Turnschuhen munter um die Wette, als sie eine Stunde vor dem Trainingsauftakt des Bundesligisten am Montagmorgen über ihre Ideen und Ziele referieren. Nach dem Abgang des bei öffentlichen Auftritten oft verkniffenen Ralf Rangnick, dem Manager-Trainer, soll es nun noch unterhaltsamer und noch erfolgreicher werden bei RB Leipzig.
Julian Nagelsmann kalauert sich hier und da etwas bemüht wirkend durch die Veranstaltung, schließt ab und an eine Aussage mit „das war natürlich ein Witz“ ab. Er lacht viel, der von der TSG Hoffenheim nach Leipzig gekommene Mann, der vor drei Jahren mit 28 Jahren jüngster Cheftrainer der Bundesliga wurde. Er erzählt über seine Philosophie, spricht darüber, dass er alle „vier Phasen“ des Fußballs „komplett bedienen“ wolle mit der Mannschaft. Also Ballbesitz, gegnerischer Ballbesitz und Umschaltspiel bei Ballgewinn oder Ballverlust. Das sind Allgemeinplätze, diese Aussage hat er schon einmal gemacht. Aber man dürfe schließlich in der heutigen Zeit nicht zu viel verraten, sagt Nagelsmann.
Für vier Jahre hat der ambitionierte Klub den ambitionierten Trainer Nagelsmann verpflichtet. Geschäftsführer Oliver Mintzlaff, nicht im Trikot sondern im schwarzen Hemd angetreten, sagt: „Er verkörpert alles, was RB Leipzig auszeichnet.“ Also Strebsamkeit, Ideenreichtum und so weiter. Nagelsmann sei ein „Perfect fit“ und „Hungry for more“.
Rund 500 Zuschauer applaudieren beim ersten Training
Letzterer Kraftspruch ist das Motto von Rasenballsport Leipzig - hungrig nach mehr also ist der perfekt passende neue Trainer, der im Schnitt zuletzt sogar mit Hoffenheim erfolgreicher gewesen sei als Rangnick mit Leipzig, stellt Mintzlaff fest: „In Hoffenheim belegte Julian am Ende die Plätze drei und vier, wir waren auf sechs und zwei.“ Mache sieben bei Nagelsmann und acht bei Leipzig in den jüngsten zwei Jahren, rechnet der Geschäftsführer vor.
Aber was heißt das schon, Nagelsmann ist nach Leipzig gekommen, um auch mal etwas zu gewinnen. „Ich liebe Klubs, bei denen eine Philosophie vorgegeben ist und nicht der Trainer die Philosophie vorgeben muss“, sagt er. Doch bei aller Liebe soll es in den kommenden vier Jahren ein Titel sein, verspricht der neue Trainer. Konkret wird Nagelsmann da nicht, den FC Bayern erwähnt er mit keiner Silbe. Dortmund auch nicht. An sich scheint die Chance zum Leipziger Angriff in der Bundesliga sich ja kommende Saison zu bieten, so defensiv wie der Meister aus München sich bislang verstärkt hat.
Doch auch in Leipzig sieht es noch nicht blendend aus: Hannes Wolf, zur Zeit verletzter österreichischer U-21 Nationalspieler, und Luan Candido, ein 18 Jahre junger Verteidiger aus Brasilien, sind neu im Team. Warum war Leipzig bisher auf dem Transfermarkt so zurückhaltend? "Nur zwei Spieler haben den Klub verlassen, wir haben hier keinen Riesenbedarf“, sagt Nagelsmann. „Ich werde hier nicht alles ändern. Wer gut ist im Training, der spielt.“ Und was ist mit dem Umstand, dass sich Emil Forsberg wohl nach einem neuen Arbeitgeber umschaut? Sportdirektor Krösche sagt: „Er hat Vertrag bei uns, wir gehen davon aus, dass er in Leipzig bleibt.“
Der erste Arbeitstag des neuen Trainers findet dann im schmucken Stadion auf dem Gelände der RB-Akademie seine Fortsetzung. Rund 500 Zuschauer applaudieren bei der öffentlichen Einheit artig. Julian Nagelsmann hat eine Trainingsjacke übergezogen, es ist kalt am Vormittag in Leipzig. Er beobachtet die Mannschaft, die er am Montag erst kennenlernt, wie er sagt, mit ernster Miene.
Das kann eine lustige Saison werden in Leipzig, die mit dem für die Sachsen gar nicht so lustigem Auftaktspiel am 18. August bei Aufsteiger 1. FC Union beginnt. Es ist aufgrund der unterschiedlichen Geschichte und Herkunft beider Ostklubs ein Duell mit Krawallpotenzial. Darauf angesprochen, wird Olaf Mintzlaff einen Satz lang ernst. „Was die Brisanz dieses Spiels betrifft, da sind die Verantwortlichen gefragt“, sagt der Leipziger Geschäftsführer. Und Julian Nagelsmann sagt, natürlich lächelnd: „Ich freue mich auf das Spiel.“