Fußball-Bundesliga: HSV und 1. FC Köln: Tradition in Not
Eine letzte Chance? Oder doch das vorzeitige Ende? Dem 1. FC Köln und dem Hamburger SV droht an diesem Wochenende ein schmerzlicher Bundesliga-Spieltag.
Am späten Donnerstagnachmittag konnte der 1. FC Köln über seine Digitalkanäle eine erfreuliche Nachricht verbreiten. Sie stand unter der Überschrift „Lizenz für beide Ligen“. Die Kölner teilten mit, dass sie nunmehr über die Zulassung zur Ersten wie zur Zweiten Liga verfügen. Ein Witzbold könnte da die Frage stellen: Was macht der 1. FC Köln eigentlich mit einer druckfrischen Bundesligalizenz, die er gar nicht braucht? Kann er sie günstig weiter veräußern? Lässt sie sich bei Ebay meistbietend versteigern? An Vereine wie Holstein Kiel, Jahn Regensburg oder den VfL Bochum? Der Hamburger SV kommt als Interessent leider nicht in Frage. Der hat am Donnerstag ebenfalls die Lizenz für die Bundesliga erhalten, ohne Auflagen und Bedingungen.
Man muss eben auf alle Eventualitäten vorbereitet sein – und wenn sie noch so unwahrscheinlich sind. Dass Köln und Hamburg in der kommenden Saison weiterhin in der Bundesliga spielen dürfen, ist so ein unwahrscheinlicher Fall.
Vor dem viertletzten Spieltag beträgt der Abstand des HSV auf den Relegationsplatz acht Punkte, der des 1. FC Köln sogar neun – bei noch zwölf zu vergebenen Punkten. Die einzig positive Nachricht: Der Abstand auf den ersten echten Nichtabstiegsplatz ist genauso groß. Wenn Platz 16 noch möglich ist, müsste das für Platz 15 also genauso gelten.
Ein Sieg - und für den HSV wären es nur noch fünf Punkte
HSV-Trainer Christian Titz ist vor dem Heimspiel gegen den SC Freiburg (Samstag, 15.30 Uhr) gefragt worden, ob er an das Wunder von der Elbe glaube. „Ich glaube, dass wir am Samstag reelle Chancen haben zu gewinnen“, antwortete er. Titz hat auch erzählt, dass er viel mit Visualisierungen arbeite – und dass er seinen Spielern zur Vorbereitung auf die Partie gegen Freiburg schon gezeigt habe, „was passiert, wenn wir einen Heimsieg holen“. Hört sich so an, als hätte er schon mal eine Tabelle vorbereitet, in die der Erfolg gegen Freiburg entsprechend eingearbeitet wurde. Und siehe da: Die Hamburger liegen plötzlich nur noch fünf Punkte hinter dem Sportclub, der aktuell das Team stellt, bei dem der Trend am stärksten nach unten zeigt. Die Freiburger haben die jüngsten vier Spiele verloren, in den vergangenen sechs Begegnungen zudem nur ein Tor erzielt.
An solche Modellrechnungen klammern sie sich in Hamburg wie ein Schiffbrüchiger an ein morsches Stück Holz. Beim 1. FC Köln, der den Tabellenzweiten Schalke 04 empfängt (Sonntag, 18 Uhr), sind sie schon ein Stück weiter. Da haben längst die Debatten begonnen, die im Zwischenreich zwischen Erster und Zweiter Liga üblich sind. Wer bleibt überhaupt noch nach einem Abstieg? Mit wem könnte der Klub eine Ablöse erwirtschaften? Wie motiviert man sich, wenn die Lage aussichtslos ist? „Es ist sehr wichtig, dass wir erhobenen Hauptes die Saison zu Ende bringen“, sagt Mittelfeldspieler Marco Höger, der in dieser Woche mitgeteilt hat, dass er auch in der Zweiten Liga beim FC bleiben wird.
Für Köln wäre es der sechste Abstieg
Beim HSV haben sie es bisher geschafft, solche Diskussionen weitgehend zu unterbinden und sich ausschließlich auf die Gegenwart zu konzentrieren – oder die düstere Gegenwart erfolgreich auszublenden. Beim ersten Mal tut’s eben noch ein bisschen mehr weh. Anders als der HSV, dessen Fans sich dafür rühmen, „immer Erste Liga“ gewesen zu sein, hat der FC schon fünf Abstiege hinter sich. Realistisch betrachtet tragen die punktgleichen Mannschaften aus Wolfsburg, Mainz und Freiburg in einem eigenen Wettbewerb aus, wer sich nach der Bundesligasaison noch in der Relegation mit dem Zweitligadritten auseinandersetzen muss.
Der Tradition hingegen droht ein Crash, wie es ihn seit 1996 nicht mehr gegeben hat, als die beiden Gründungsmitglieder Eintracht Frankfurt und 1. FC Kaiserslautern erstmals aus der Bundesliga abstiegen. Köln und Hamburg sind ebenfalls Bundesligamitglieder der ersten Stunde, der FC gewann am Ende der Premierensaison sogar den Titel. Insgesamt kommen beide Klubs auf fünf Meisterschaften seit Einführung der Bundesliga – und auf zusammen 102 Jahre Zugehörigkeit zur höchsten deutschen Spielklasse.
Die Kölner haben in dieser Saison so viele Endspiele, so viele letzte und allerletzte Chancen gehabt, dass sie inzwischen des Kämpfens müde wirken. Trotzdem sagt Trainer Stefan Ruthenbeck: „Aufgeben gibt es nicht.“ Beim HSV hängt vieles vom Spiel gegen Freiburg ab. Ein Sieg, sagt Trainer Titz, würde dem Klub zumindest die Chance eröffnen, „in den Abstiegskampf wieder aktiver einzugreifen“.
Alles andere erscheint weiterhin vermessen.