Turnfest in Berlin: Hört Fabian Hambüchen auf? Ja, nein, jein!
Fabian Hambüchen wird auf dem Turnfest verabschiedet. Dabei ist er einem Comeback nicht abgeneigt.
Vor ein paar Tagen, das Internationale Deutsche Turnfest stand kurz bevor, saßen die beiden großen Helden des deutschen Gerätturnens nebeneinander. Eberhard Gienger, 65 Jahre alt, und der 36 Jahre jüngere Fabian Hambüchen. Der alte Held Gienger erzählte viel von früher, von seinen insgesamt 13 Turnfesten, an denen er teilgenommen hat. Der junge hörte zu und schob sich nebenbei ein Schnittchen nach dem anderen in den Mund. Und auch Gienger hatte Appetit. Als er fertig war mit seinem Plädoyer für das Turnfest, stand er auf, wickelte sich ein paar Brötchen ein und sagte, ganz der Schwabe: „Man glaubt nicht, was alles in einen reinpasst, wenn es nichts kostet.“
Alle lachten. Der CDU-Politiker kann gut unterhalten, konnte er schon immer. Und er ist immer noch drahtig und sportlich. An diesem Dienstag soll er bei der Stadiongala des Turnfestes mit dem Fallschirm ins Olympiastadion schweben. Gienger ist seit vielen Jahrzehnten vielleicht der Botschafter schlechthin des deutschen Turnens. Gut möglich aber, dass er in dieser Funktion bald abgelöst wird, von Fabian Hambüchen.
Wenn am Dienstag im Olympiastadion ab 20 Uhr mehr als 6000 Aktive vor den Augen von der als Besucherin angekündigten Bundeskanzlerin Angela Merkel das Turnen mit verschiedenen Darbietungen repräsentieren wollen, wird ein Programmpunkt auch die Verabschiedung von Hambüchen sein. „Ich bin eigentlich nicht nah am Wasser gebaut. Aber wenn ihr das hinbekommt, dass ich weine, dann Hut ab“, sagte Hambüchen trocken.
Tatsächlich spricht einiges dafür, dass der Programmpunkt nicht die allergrößten Emotionen wecken wird. Das dürfte schlicht und ergreifend daran liegen, dass überhaupt nicht klar ist, ob Hambüchen überhaupt aufhören wird mit dem Turnen. Auf nationaler Ebene, in der Bundesliga, turnt er ohnehin weiter. Sein vermeintliches Karriereende hatte immer für das internationale Turnen, für die großen Wettbewerbe wie Welt-, Europameisterschaften oder die Olympischen Spiele gegolten.
"Wenn ich ein Reck sehen, dann kribbelt es"
Doch wer Hambüchen in den vergangenen Wochen verfolgt hat, bekommt nicht den Eindruck, als würde er sich vom Sport lossagen. Bei der kleinen Turnfest-Promotion mit Gienger sagt er: „Wenn ich ein Reck sehe, dann kribbelt es, dann will ich zeigen, dass ich es immer noch drauf habe.“ Er habe in den vergangenen Wochen gemerkt, wie viel Lust er noch habe. Ob er sich vielleicht doch eine Rückkehr auf die große Bühne vorstellen könne, etwa bei den Turn-Weltmeisterschaften 2019 in Stuttgart? Hambüchen sagte, dass derzeit viele Fakten dagegen sprechen würden. Eine Rückkehr schloss er aber auch nicht aus.
Das klingt alles nicht so, als würde da einer eine Tür zuschlagen. Fabian Hambüchen, der sich derzeit noch von einer Operation an der Schulter erholt, verabschiedet sich auf dem Turnfest, um vielleicht bald schon wieder anzugreifen.
Dabei gäbe es keinen besseren Zeitpunkt und auch keinen besseren Ort für ihn, um endgültig zurückzutreten.
Vor zwölf Jahren war Hambüchen, der 17-jährige Schüler mit der Brille, der gefeierte Star beim Turnfest in Berlin. Hambüchen wurde Mehrkampfmeister und die deutschen Turner wussten, dass sie, sollte nichts Unvorhergesehenes passieren, einen neuen Gienger haben würden.
Hambüchen sollte Gienger sogar noch übertreffen, im vergangenen Jahr gewann er bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro die Goldmedaille am Reck. Dieses olympische Gold hat er ihm voraus.
Es heißt im Allgemeinen, dass man auf dem Höhepunkt abtreten solle. Manche, der Fußballspieler Philipp Lahm etwa, haben das geschafft. Viele andere nicht. Auf der anderen Seite: Was spricht dagegen, trotzdem weiter zu machen, auch wenn es nicht mehr reicht für die großen Taten von früher?
Fabian Hambüchen hat noch Lust aufs Turnen. Er wird wohl schon bald mitteilen, ob die Lust auch ausreicht, um sich noch einmal richtig zu quälen für den Wettkampf mit den Besten.