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Endlich losreißen. Herthas Stürmer Salomon Kalou (links) fordert von seinen Mitspielern für die letzten Saisonspiele eine andere Mentalität.
© dpa

Fußball-Bundesliga: Hertha will nur noch ins Ziel kommen

Berlins Bundesligist will in Frankfurt die Serie von sechs sieglosen Spielen beenden – auch für Trainer Dardai.

Eine Spielzeit in der Fußball-Bundesliga kann getrost mit einem Marathonlauf verglichen werden. Wer am Ende nach 34 Spieltagen oben steht, ist verdient Meister geworden, auch deshalb gilt dieser Titel als der ehrlichste. Von einem solchen Titel ist Hertha BSC traditionell weit entfernt. Wenn bei den Berlinern alles gut läuft und andere, größere Vereine schwächeln, ist vielleicht ein Platz im gehobenen Mittelfeld bis Platz sechs drin. Doch leider fehlen Hertha dafür derzeit die Steherqualitäten.

Es ist zu einer Berliner Eigenart geworden, auf der zweiten Streckenhälfte zu schwächeln. Irgendwann, so zwischen Kilometer 30 und 35, die meisten Marathonläufer kennen dass, steht der berühmte Mann am Streckenrand mit seiner noch berühmteren Keule und schlägt zu. Manchem gelingt es dann noch, sich zu berappeln. Einige steigen aus, andere quälen sich ins Ziel.

Momentan trifft das auf Hertha zu. Mit dem Spiel am Samstag bei Eintracht Frankfurt (15.30 Uhr/Sky) biegen die Berliner, die seit Wochen trudeln, auf die Zielgerade ein. Sie wollen wenigstens halbwegs aufrecht die letzten Schritte absolvieren. „Wir wollen einfach gut ins Ziel kommen“, sagt Co-Trainer Rainer Widmayer.

Vier Spieltage vor dem Saisonende geht es für Hertha vor allem um gefühlige Punkte. „Jeder möchte anständig in die Sommerpause gehen“, sagt etwa Salomon Kalou. Auch deshalb müsse die Mannschaft jetzt zeigen, dass sie nicht aufgibt. „Wir wollen Pal einen guten Abschied schenken“, sagte der Ivorer dem „Kicker“. Denn den habe sich Dardai verdient.

Die Berliner stehen vor einem personellen Wandel

„Dass die vergangenen Wochen nicht ideal verlaufen sind, ist uns bewusst“, sagte Herthas Manager Michael Preetz anderntags. Es gebe immer mal schwierige Phasen in einer Saison. Die Lösung sei nur, „sich da rauszuarbeiten“.

Seit sechs Spielen sind die Berliner ohne Sieg. Nach einer guten Hinrunde mit Höhepunkten wie den Siegen über Mönchengladbach, Bayern München und Frankfurt hat auch in diesem Frühjahr die chronische Rückrundenschwäche zugeschlagen. Eine, die rund um Ostern in der Amtsenthebung Dardais mündete. Nach dann viereinhalb Jahren als Cheftrainer wird im Sommer ein anderer auf den 43 Jahre alten Ungarn folgen.

In der Mannschaft hat diese Nachricht durchaus Verwunderungen hervorgerufen, wie auf Spielerseiten Kalou, Niklas Stark oder Valentino Lazaro sagten. Demnach ist es nicht so, dass Dardai die Mannschaft in den vergangenen Wochen verloren hätte. Am Ende ist es wohl so, dass Trainer und Manager unterschiedliche Auffassungen darüber haben, was das Potenzial des momentanen Spielerkaders anbelangt. Und es stimmt ja, dass etwas mehr drin gewesen ist in dieser Spielzeit. Ja, Hertha hat durch späte Gegen- oder Eigentore einige Punkte liegen gelassen. Doch wahr ist auch, dass Dardai immer wieder viele Stammspieler wegbrachen.

Und so stehen die Berliner kurz vor dem Ende dieser Saison vor einem personellen Wandel, der im Sommer größer ausfallen könnte als gedacht. Spieler wie Ondrej Duda, Arne Maier, Stark, Lazaro und Davie Selke sind über die deutschen Grenzen hinaus gefragt. Bei Leihspieler Marko Grujic entscheidet sowieso der FC Liverpool. Jüngst hat Atletico Madrid eine 40-Millionen-Euro-Offerte für den serbischen Mittelfeldspieler abgegeben.

Große Investitionen werden nicht möglich sein

Der ehemalige Champions-League-Sieger Kalou hat an seine Mitspieler appelliert, sich noch einmal zusammenzureißen. Der Grund für die enttäuschende Rückrunde sei nicht fehlende Qualität. „Was wir aus der Saison mitnehmen sollten, ist, dass es im Fußball nicht nur um Talent geht. Talent ist wichtig, aber erst die richtige Mentalität bringt dich auf ein Topniveau“, sagte er. Viele junge Spieler hätten schon die Zukunft bei Topklubs im Kopf. Doch statt sich damit zu beschäftigen, welcher Verein im Sommer interessant werden könnte, sollte sich jeder fragen, was er besser machen könne.

Herthas Manager schloss sich Kalous Appell an. „Es mag sein, dass die Erwartungen der Jungs schneller wachsen, als es da draußen einen Abnehmer gibt“, sagte Preetz. „Bis man interessant für große Klubs ist, muss man erst einmal konstant gute Leistungen bringen.“ Darüber hinaus ist es sein Bestreben, „die Mannschaft im Kern zusammenzuhalten“, sagte er, „wir müssen schauen, dass wir uns punktuell verstärken.“ Die Personalplanung laufe derzeit auf allen Ebenen, aber mit Entscheidungen sei nicht in Kürze zu rechnen. „Wir haben einen langen Sommer vor uns, in dem einiges passieren kann.“

Große Investitionen werden angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage des Vereins nicht möglich sein. Der Schuldenstand lag im Juli 2018 bei knapp 48 Millionen Euro, nach Ablauf des laufenden Geschäftsjahres zum 30. Juni 2019 wird er noch einmal deutlich steigen. Insofern würde den Berlinern jeder einzelne Rang helfen, um den sie sich in den vier ausstehenden Spielen in der Tabelle noch verbessern könnten.

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