Finanzchef Ingo Schiller: „Hertha BSC wird 600 Millionen Euro wert sein“
Ingo Schiller, der Finanzchef von Hertha BSC, sucht weiter nach einem Investor. Der wird für Anteile des Klubs deutlich mehr zahlen müssen als noch KKR.
Ingo Schiller hat eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte zuerst: Sein Vortrag beim Sportbusiness-Kongress Spobis in Düsseldorf werde aus vielen Zahlen bestehen. Die gute: Man müsse sich nur eine Zahl merken. Es ist – und das ist für Ingo Schiller, den Finanzgeschäftsführer von Hertha BSC, wahrscheinlich die beste Nachricht – eine geradezu monströse Zahl. Eine, die für den Berliner Fußball-Bundesligisten vor nicht allzu langer Zeit noch außerhalb jedes Vorstellungsvermögens gelegen hat. Die Zahl lautet 600 Millionen Euro. „Ich glaube, dass Hertha BSC 600 Millionen Euro wert sein wird“, sagt Schiller. Nicht heute, nicht morgen, aber am Ende der Saison 2020/21, also in gar nicht mehr so ferner Zukunft.
Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren haben die Berliner knapp zehn Prozent ihrer Anteile an den Finanzinvestor KKR veräußert. Damals wurde Herthas Wert mit 220 Millionen Euro taxiert. Seitdem ist einiges passiert, mit der Fußballbranche im Ganzen, die sich im Zustand ewigen Wachstums befindet, aber auch mit Hertha im Speziellen. „Hertha BSC hat sich in den letzten fünf Jahren substanziell weiter entwickelt“, sagt Schiller. Die sportliche Performance, die Wirtschaftskraft, der Wert der Mannschaft: In allen Kategorien war die Entwicklung so positiv, dass der Klub im Herbst alle Anteile von KKR zurückgekauft hat – für insgesamt 71,2 Millionen Euro.
"Wir brauchen externes Kapital"
40 Millionen davon hat Hertha durch eine institutionelle Anleihe erlöst, 20 Millionen stammen aus Vorauszahlungen von Sponsoren, 10 aus Bankkrediten und 1,2 aus eigenem Vermögen. Hertha ist nun wieder Herr im eigenen Haus, was laut Schiller „die Chancen deutlich erhöht, neue Anteilseigner zu gewinnen“. Das ist weiterhin das Ziel. „Wir brauchen externes Kapital“, sagt der 53-Jährige. „Dafür sind wir offen.“
Ein neuer Investor wird deutlich mehr für die Anteile zahlen müssen, als es KKR getan hat. Stichwort: 600 Millionen. Die Summe entspringt nicht Schillers blühender Fantasie, sondern sie ergibt sich für ihn aus der Entwicklung der Vergangenheit und der mutmaßlichen Fortschreibung dieser Entwicklung in die Zukunft. Für 2020/21 rechnet Schiller mit einem Umsatz von 200 Millionen Euro. Im abgelaufenen Geschäftsjahr waren es 141 Millionen. Der operative Gewinn soll von zuletzt 17 Millionen Euro auf dann 50 Millionen steigen.
Der Umsatz soll auf 200 Millionen Euro steigen
Schiller glaubt, Umsatz und Gewinn werden im Fußball auch weiterhin überproportional steigen im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Dazu kommt der positive Effekt des Standorts Berlin. Die Entwicklungsmöglichkeiten in dieser Stadt „sind in Deutschland einzigartig“, sagt Herthas Geschäftsführer. Das Umfeld sei nicht nur investorenfreundlich, sondern auch aufgeschlossen für Innovationen. Herthas E-Sports-Akademie, die einzige eines Bundesligisten, arbeite bereits im ersten Jahr kostendeckend.
Im Unterschied zu 2014 und dem Einstieg von KKR hat Hertha laut Schiller jetzt eine ganz andere Zukunftsperspektive. „Beim letzten Mal mussten wir Altlasten abbauen“, sagt er, „jetzt gib es Gott sei Dank keinen Druck.“ Der Klub kann frei atmen, und Interesse gibt es auch. Trotzdem besteht für Schiller keine Eile. „Anteile können Sie nur einmal verkaufen, deshalb gilt es hier mit größter Sorgfalt vorzugehen“, erklärt er. Wen er sich denn als Investor vorstelle, wird Ingo Schiller gefragt. „Im liebsten hätte ich jemanden, der als Logo einen angebissenen Apfel hat“, antwortet er.