Gegentor in der siebten Minute der Nachspielzeit: Hertha BSC verspielt Sieg gegen den FC Augsburg
Lange führt Hertha BSC im Schneeregen gegen den FC Augsburg mit 1:0. Aber tief in der Nachspielzeit kassieren die Berliner im Olympiastadion noch den Ausgleich.
Die Nachspielzeit lief schon lange. Davie Selke hatte den Ball, ging Richtung gegnerische Eckfahne. Dann wurde es unübersichtlich. Selke lag auf dem Boden, mehrere Augsburger Spieler versuchten, an den Ball zu kommen. Es gab eine Rudelbildung und in der Folge Gelb für Herthas Stevan Jovetic und Iago, sowie Freistoß für den FC Augsburg.
Damit nahm das Unheil für Hertha BSC seinen Lauf: Sekunden später brachte Fredrik Jensen den Ball in den Strafraum, Michael Gregoritsch traf per Kopf in der siebten Minute der Nachspielzeit. In der Hektik nach dem Ausgleich sah Herthas Co-Trainer Andreas „Zecke“ Neuendorf die Rote Karte. Durch das 1:1 (1:0) hat Hertha auf ganz bittere Art zwei Punkte verloren. Genau wie beim vorigen Heimspiel gegen Bayer Leverkusen, als der Ausgleich in der 90. Minute fiel.
„Das fühlt sich beschissen an. Ich weiß nicht, was der Schiedsrichter da gesehen hat“, sagte Selke über die Aufregerszene kurz vor dem Ende. Es hätte durchaus Freistoß für Hertha geben können. Allerdings war auch etwas Theatralik im Spiel. „Dann liegt der Freistoß gefühlt 20 Meter zu weit vorn“, sagte der Stürmer. Trainer Pal Dardai ärgerte sich: „Es war die 95. oder 96. Minute und alle rasten aus. Da kommst du aus dem Konzept. Das darf nicht sein. Wir müssen den Gegner den Freistoß machen lassen und konzentriert bleiben.“
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Stattdessen verpasste es Hertha an diesem grauen Novembernachmittag, an dem der Niederschlag irgendwann von Regen in Schnee übergegangen war, ein bisschen Abstand zu den ungemütlichen Tabellenregionen herzustellen. Hertha ist 14., mit einem Punkt mehr als der FCA auf Relegationsrang.
Die Gastgeber hatten einiges gutzumachen nach dem schwachen Auftritt beim 1. FC Union. Und sie wollten einiges gutmachen. In der siebten Minute fand Suat Serdar eine Lücke in der Abwehr. Er legte den Ball auf Belfodil, der sich gegen zwei Gegenspieler durchsetzte, jedoch an Torwart Rafal Gikiewicz scheiterte.
Belfodil war einer von drei Neuen in der Startelf im Vergleich zum Derby. Der Stürmer und Jurgen Ekkelenkamp sollten für Krzysztof Piatek und Lucas Tousart ohnehin reinrücken. Dann klagte Marton Dardai beim Aufwärmen über muskuläre Probleme. Seinen Platz nahm Jordan Torunarigha ein. Augsburg fehlte kurzfristig Kapitän Jeffrey Gouweleeuw, der sich nach einem Coronafall in der Familie in Quarantäne begeben hatte.
Auch die zweite Hertha-Gelegenheit gehörte Belfodil. Wieder tauchte er allein vor Gikiewicz auf, dieses Mal nach Zuspiel von Ekkelenkamp. Doch wieder brachte er den Ball nicht im Tor unter. „Wir haben zwei Riesenchancen, machen aber kein Tor", sagte Dardai.
Unterdessen legten die Gäste ihre Zurückhaltung in Sachen Offensive öfter ab – und trugen ihren Teil zu einer recht unterhaltsamen ersten Halbzeit bei. Eine Chance hatte Andi Zeqiri nach einem Querschläger im eigenen Strafraum von Niklas Stark, Torunarigha blockte den Ball. Torwart Alexander Schwolow hielt später einen Schuss von Iago und einen Kopfball von Ruben Vargas. Bei letzterem war aber Abseits angezeigt worden.
Marco Richter trifft gegen seinen Ex-Verein
Dass Hertha vor nur 14.523 Fans im Olympiastadion mit einer Führung in die Pause ging, lag zu einem Großteil an den Augsburgern. Eigentlich hatten sie an der Strafraumgrenze alles unter Kontrolle. Dann kam es zum Missverständnis zwischen Gikiewicz, der rausgelaufen war, und Robert Gumny. Der gelernte Außenverteidiger, der aufgrund der schwierigen Personalsituation in der Innenverteidigung spielte, drehte mit dem Ball am Fuß ab, hatte aber nicht Marco Richter in seinem Rücken bemerkt. Dieser schob den Ball mit links ins leere Tor. Auf Jubelgesten verzichtete Richter, er hatte neun Jahre in Augsburg gespielt.
Nach der Pause hatten die Gastgeber das Geschehen zunächst im Griff. Gefährlich wurde es nach einer Stunde, als Serdar im Mittelfeld den Ball eroberte, loszog und mit seinem Schuss Gikiewicz zu einer Parade zwang. Die Schlussphase gestaltete sich äußerst turbulent: Tore von Torunarigha und dem eingewechselten Jovetic zählten aufgrund von Abseitsstellungen nicht. Zwischendurch hatte Augsburg binnen weniger Sekunden drei Mal die Chance zum Ausgleich. Doch mit vereinten Kräften verhinderten Schwolow und seine Vorderleute bei den Gelegenheiten von André Hahn, Iago und Zeqiri das Gegentor. Die Gäste versuchten nun alles, verzeichneten am Ende 20 Torschüsse, doppelt so viele wie Hertha.
Trotzdem hätten die Berliner das Spiel entscheiden können. „Wir hatten genug Räume und Umschaltmomente“, monierte Dardai. So aber blieb Augsburg im Spiel – und Gregoritsch traf. Dardai bilanzierte: „Wenn der Gegner so viel riskiert und mit Elan angreift und im letzten Moment ein Tor köpft, ist das verdient.“