2:2 nach 0:2 gegen Werder Bremen: Hertha BSC legt die nächste Aufholjagd hin
Hertha muss zu Hause erneut einem frühen Rückstand hinterherhecheln. Das Team kommt aber zurück und ärgert sich am Ende über einen verpassten Sieg.
Nach knapp acht Minuten machte die Ostkurve den Anhängern von Werder Bremen ein verlockendes Angebot. Die Fans von Hertha BSC wollten einen Wechselgesang gegen den derzeit nicht besonders wohlgelittenen Deutschen Fußball-Bund starten, doch ihr „Scheiß DFB!“ blieb von den Gästen zunächst unbeantwortet. Den Bremern stand nicht der Sinn nach Beleidigungen. Sie wollten sich endlich einmal unbeschwert freuen.
Kommt in dieser Saison ja nicht besonders oft vor. Insofern konnten die Gäste ihr Glück vermutlich gar nicht fassen, als sie vor 58.028 Zuschauern im Berliner Olympiastadion gegen Hertha BSC nach etwas mehr als fünf Minuten bereits mit 2:0 führten. Zum wichtigen Sieg im Abstiegskampf reichte es für Werder trotzdem nicht. Weil Hertha wie schon vor einer Woche nicht aufsteckte und es die nächste Aufholjagd gab. 2:2 (1:2) hieß es am Ende. Und eins zumindest kann man den Berlinern nicht vorwerfen: dass ihre Spiele langweilig sind.
Es entwickelt sich mehr und mehr zu einer unschönen Tradition, dass Hertha früh in Rückstand gerät, dem die Mannschaft dann hinterherhecheln muss. „Vielleicht sollten wir uns beim nächsten Mal schon vor dem Spiel sagen, dass wir 0:2 zurückliegen“, sagte Herthas Innenverteidiger Niklas Stark. „Ich glaube, dann geht’s.“
Nouri änderte seine Startelf diesmal auf fünf Positionen
Nach sieben Änderungen vor einer Woche beließ es Trainer Alexander Nouri diesmal bei fünf. Trotzdem begann die Mannschaft gegen den Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga wie wild zusammengewürfelt. „Ich weiß nicht, ob der eine oder andere Angst hat“, rätselte Marius Wolf. „Es kommt mir manchmal so vor.“
Schon nach einer Minute verhinderte Jordan Torunarigha mit einer beherzten Grätsche einen möglichen Rückstand. Der aber war nur aufgeschoben. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld schalteten die Bremer schnell um, Joshua Sargent wurde nicht angegriffen und zog aus 18 Metern ab. Der Ball rauschte an Torhüter Thomas Kraft vorbei ins Tor.
Hertha wirkte in dieser Phase hilflos und überfordert, exemplarisch zu beobachten beim zweiten Tor der Gäste. Milot Rashica konnte relativ unbehelligt von links flanken, der einlaufende Davy Klaassen lenkte den Ball mit dem Kopf an Kraft vorbei zum 2:0 ins Tor. Herthas Torhüter sah unglücklich aus, war aber nur das letzte Glied einer Fehlerkette.
Hertha wurde Mitte der ersten Halbzeit zwingender
Die Bremer machten es gut, spielten einfach und direkt. „In unserer Situation ist das alles andere als selbstverständlich“, sagte Werders Trainer Florian Kohfeldt. Hertha irrte orientierungslos über den Platz. Allein der gallige Matheus Cunha entwickelte so etwas wie Widerstandsgeist. „Er war als Individualist herausragend“, sagte Kohfeldt.
Der Brasilianer war es auch, der Werders Ersatztorhüter Stefanos Kapino in seinem insgesamt vierten Bundesligaspiel erstmals zum Eingreifen zwang. Cunhas erster Schuss aus der Distanz bereitete ihm wenig Probleme, beim zweiten musste er sich schon gehörig strecken.
Vielleicht hatten Herthas Feldspieler Schiss vor einer weiteren deftigen Halbzeitansprache ihres Torhüters Kraft. Ab Mitte der ersten Halbzeit wurde ihr Auftritt zwingender. Das Geschehen spielte sich nun zunehmend in Werders Hälfte ab, Bremer Konter wurden schon im Ansatz entschärft. „Nach den ersten zehn Minuten haben wir ein ordentliches Spiel abgeliefert“, sagte Stark, der kurz vor der Pause nach einer Freistoßflanke von Marvin Plattenhardt per Kopf den wertvollen Anschlusstreffer für die Berliner erzielte.
Nouri lobte die „großartige Moral“ seines Teams
Hertha hatte zuletzt vor mehr als sechs Jahren ein Spiel gegen Werder gewonnen. Immerhin wehrte sich die Mannschaft gegen eine weitere Niederlage. Was ihr an spielerischem Vermögen fehlte, machte sie durch Eifer wett. Und auch wenn die Berliner sich zu Beginn der zweiten Hälfte schwertaten, zu klaren Chancen zu kommen, erhöhten sie das Stresslevel für die Bremer.
In der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit konnte Werder dem Druck noch standhalten, dann wehrte Kapino einen Schuss von Mittelstädt vor die Füße von Matheus Cunha ab. Der Brasilianer traf aus zwölf Metern zum Ausgleich.
Alexander Nouri, der die Aufholjagd vor einer Woche in Düsseldorf, nahezu regungslos hingenommen hatte, sprintete nach dem Tor wie ein Irrwisch aufs Feld. Herthas Trainer lobte die „großartige Moral“ seines Teams, hätte aber gern noch mehr gehabt als den einen Punkt. Doch das blieb ihm und seiner Mannschaft versagt – auch weil Schiedsrichter Guido Winkmann zehn Minuten vor Schluss einen bereits verhängten Handelfmeter für Hertha nach Ansicht der TV-Bilder wieder zurücknahm.