zum Hauptinhalt
Fest im Griff: Granitza (r., mit Gerhard Grau) traf zweimal gegen die Bayern im Pokalspiel 1977.
© Werek/imago

Achtelfinale im DFB-Pokal: "Hertha BSC hat die Qualität, Bayern zu besiegen"

Karl-Heinz Granitza hat mit Hertha im Pokal schon gegen Bayern gewonnen. Er erinnert sich gut an das Spiel 1977 und glaubt an eine Wiederholung am Mittwoch.

Herr Granitza, nachdem Hertha BSC die Bayern im Februar 1977 im Viertelfinale des DFB-Pokals 4:2 nach Verlängerung besiegt hatte, sagte Herthas Präsident Ottomar Domrich: „Das war heute mein aufregendstes Fußballspiel.“ Wie sehen Sie es 42 Jahre später in der Rückschau?

Das Spiel war in der Tat sehr aufregend, das kann ich bestätigen. Es gehört zu denen in meiner Karriere, die mir immer noch bestens in Erinnerung sind.

Woran liegt das?
Die Bayern waren schon eine große Nummer und haben viel Geld für gute Spieler ausgegeben. Sie haben dann ja später auch Hanne Weiner von uns geholt.

In der Saison 1976/77 standen sie allerdings, das ist eine Parallele zu heute, nicht ganz oben. Die Münchner waren Vierter.
Aber sie hatten in der Saison davor den Landesmeisterpokal gewonnen, waren Weltpokalsieger. Wir haben jedoch nicht mit Glück gegen sie gewonnen, wir waren überlegen und haben sie richtig besiegt. Es hat geregnet, der Rasen war schon beim Anpfiff tief, ein Holperacker, auf dem die Bälle versprungen sind. Wir haben ihn noch einmal richtig umgepflügt.

Die einhellige Meinung lautete danach, dass Sie der beste Herthaner auf dem Platz waren. Hertha lag zweimal zurück, Sie haben jeweils ausgeglichen.
Das erste Tor war ein Elfmeter. Ich war vorher nicht als Schütze bestimmt worden, aber keiner wollte schießen. Das 2:2 war ein Kopfball. An unserer Führung in der Verlängerung war ich zumindest indirekt beteiligt …

… als ein Kopfball von Ihnen ans Knie von Lorenz Horr sprang und von dort ins Tor ging. Den vierten Treffer erzielte Bernd Gersdorff. Was war der Schlüssel zum Sieg?
In 120 Minuten haben die Bayern vielleicht fünf Mal auf unser Tor geschossen. Franz Beckenbauer hat sich normalerweise in die Offensive eingeschaltet. Gegen uns ging das nicht, wir haben sie fast permanent hinten reingedrängt.

Karl-Heinz Granitza, 67, spielte von 1976 bis Ende 1978 bei Hertha. Er schoss 34 Tore in 73 Bundesligaspielen. Danach wechselte er nach Chicago (USA).
Karl-Heinz Granitza, 67, spielte von 1976 bis Ende 1978 bei Hertha. Er schoss 34 Tore in 73 Bundesligaspielen. Danach wechselte er nach Chicago (USA).
© Matthias Koch/imago

In der Liga lief es zu der Zeit für Hertha nicht gut. Warum klappte es dann plötzlich im Pokal gegen den FC Bayern?
Wir hatten in der Bundesliga sieben Mal in Folge nicht gewonnen, Trainer Georg Kessler stand unter Druck. Aber wir hatten den unbedingten Willen, in diesem Spiel den Bock umzustoßen. Ich habe mir kürzlich noch einmal eine Zusammenfassung angesehen und war überrascht, welche Qualität wir in dem Spiel gezeigt haben. Schade, dass nur gut 40.000 Zuschauer dabei waren.

Ihr Sturmpartner Lorenz Horr war bereits 34 Jahre alt, spielte seit 1969 in Berlin. Er hat Hertha nach der Saison verlassen. Sie waren fast zehn Jahre jünger. Wie war das Zusammenspiel?
Ich war kurz nach Saisonbeginn von Röchling Völklingen aus der Zweiten Liga gekommen. Und auf wen treffe ich in Berlin – den großen Lorenz Horr. Er war extrem ballsicher und im Training immer ein Vorbild. Wenn wir Samstag gespielt haben, war Sonntag auslaufen, und Montag war er der Erste auf dem Platz und hat sein Pensum abgespult, bevor es überhaupt richtig losging. Er ist neben Timo Konietzka …

… dem Schützen des ersten Bundesliga-Tores, der wie Sie in Lünen geboren wurde …
… derjenige, von dem ich am meisten gelernt habe. Bayerns Gerd Müller und ich haben später in den USA gespielt. Er hat damals zu mir gesagt: ,Lorenz Horr und du, ihr wart schon zwei sehr, sehr gute Spieler.’ Da muss also was dran sein.

Vor dem Wechsel nach Berlin hatte auch der FC Bayern Interesse an Ihnen gehabt.
Ich war in Völklingen Torschützenkönig geworden. Irgendwann hat mich Trainer Herbert Binkert zu sich nach Hause eingeladen und gesagt: ,Du bist aus Gütersloh zu uns gekommen und hast dich hier freigeschwommen, jetzt wollen dich die Bayern.’ Das hätte dem Verein sehr viel Geld gebracht. Aber Binkert meinte, dass ich in München nicht spielen würde und sie mich nicht gehen lassen.

Dann hat Hertha um Sie geworben.
Erwin Kostedde war kurz zuvor aus Berlin zu Borussia Dortmund gewechselt. Ich habe wieder mit unserem Trainer Binkert gesprochen.

Was hat er diesmal gesagt?
Dass ich bei Hertha zum Zuge kommen und für Furore sorgen werde.

Er hat sich nicht geirrt.
Ich habe in den ersten beiden Bundesligaspielen drei Tore geschossen. Und insgesamt 15 in der Saison.

Hertha hat bislang dreimal im Pokal gegen die Bayern gespielt. Dem Sieg 1977 stehen Niederlagen 1967 und 1986 gegenüber. Was erwarten Sie für das Spiel am Mittwoch?
Hertha kann die Bayern zu Hause besiegen. Im September in der Bundesliga hat man das ja gesehen.

Ist das auch zweimal in einer Saison möglich?
Warum nicht? Die Qualität ist da, mehr als 70.000 Fans werden im Stadion sein. Ich glaube an ein 2:1 für Hertha.

Das Gespräch führte Sebastian Schlichting.

Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de

Zur Startseite