Verdienter 3:0-Erfolg gegen Hoffenheim: Hertha BSC feiert Sieg im ersten Spiel unter Magath
Gegen Hoffenheim feiert Hertha BSC einen verdienten Erfolg im Kampf gegen den Abstieg. Es ist das erste Spiel nach dem Trainerwechsel.
Es dauerte und dauerte. Mark Fotheringham, der Trainer für ein Spiel, wartete und wartete. Nahezu reglos stand er da, ganz vorne in der Ecke seiner Coachingzone. Als der Schiedsrichter dann mit den Fingern ein Rechteck in die Luft malte, reckte Fotheringham seinen Arm senkrecht in die Höhe, stand da wie das Denkmal eines kommunistischen Kämpfers. Um ihn herum brach in diesem Moment der Wahnsinn los.
Hertha BSC führte 1:0 gegen die TSG Hoffenheim, durch ein Tor von Niklas Stark, das erst auf Intervention des Videoassistenten gegeben wurde. Die Dinge entwickelten sich also tatsächlich in die Richtung, die sie sich beim Berliner Fußball- Bundesligisten nach dem Trainerwechsel vor einer Woche erhofft hatten – auch wenn der neue Chef Felix Magath wegen seiner Coronainfektion gar nicht auf der Bank Platz nehmen konnte, sondern von seinem Assistenten vertreten wurde.
Auch der, Mark Fotheringham, brauchte seinen Platz eigentlich gar nicht. Der Schotte stand die ganze Zeit an der Seitenlinie, dirigierte, wenn es etwas zu dirigieren gab, wirkte aber alles in allem nicht allzu aufgedreht. Dazu bestand auch kein Grund. Gemessen an der komplizierten Gesamtsituation legte Hertha gegen Hoffenheim einen durchaus reifen Auftritt hin - und feierte am Ende einen ebenso wichtigen wie verdienten Erfolg im Kampf gegen den Abstieg. „Ich bin megastolz auf unsere Jungs“, sagte Fotheringham.
Die Berliner setzten sich mit 3:0 (1:0) gegen die TSG durch. Es war nicht nur der erste Sieg nach fünf Niederlagen hintereinander, es war auch der erste im gesamten Jahr 2022. Vom vorletzten Platz der Tabelle verbesserte sich Hertha dadurch zumindest schon mal wieder auf den Relegationsrang. „Wir sind brutal erleichtert und voller Vorfreude“, sagte Niklas Stark.
Schwolow kehrte ins Tor zurück
Im Vergleich zum letzten Spiel unter Tayfun Korkut vor einer Woche nahm Herthas neues Trainerteam Magath/Fotheringham vier Änderungen vor. Alexander Schwolow kehrte ins Tor zurück, neu im Team waren außerdem Kapitän Dedryck Boyata sowie Marco Richter und Suat Serdar. Stevan Jovetic fehlte erneut, Vladimir Darida stand wegen einer Coronavirus-Infektion nicht zur Verfügung.
Die Aufstellung mit drei Innenverteidigern ließ erneut auf eine Dreier- respektive Fünferkette schließen. Doch Stark spielte als einziger Sechser in einem 4-1-4-1-System. In dieser Grundordnung ging Hertha die Sache mit frischem Mut an. „Der ist Wahnsinn, der Typ“, sagte Stark. „Der hat Energie, das ist krass.“ Die Mannschaft begann forsch, stand hoch und attackierte entschlossen. Die letzte Reihe formierte sich dort, wo Hertha in früheren Zeiten den Gegner erst attackiert hat: an der Mittellinie.
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Auf diese Weise nahm die Mannschaft nicht nur das Publikum mit, das jeden Ballgewinn mit Verve feierte, sie löste auch bei den Hoffenheimern eine Menge Stress aus. So wie nach sieben Minuten, als Jacob Brunn Larsen ein Rückpass spektakulär misslang. Marco Richter ersprintete sich den Ball. Sein Schuss aus verheißungsvoller Position ging allerdings recht deutlich am Tor vorbei. „Hertha war gefühlt präsenter als wir“, sagte Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß über die Anfangsphase.
Mitte der ersten Hälfte kamen die ersatzgeschwächten Gäste besser ins Spiel. Sie hatten nun meistens den Ball. Hertha zog sich weiter zurück, geriet mehr und mehr in eine Abwehrhaltung, ließ defensiv allerdings nicht allzu viel zu. Die größte Chance hatte Bruun Larsen, der einen Diagonalpass von Kevin Akpoguma perfekt aus der Luft annahm, nur noch Torhüter Alexander Schwolow vor sich hatte, den Ball aber über die Latte setzte.
Dass Hertha knapp fünf Minuten vor der Pause durch Starks Kopfballtreffer nach einem Freistoß von Marvin Plattenhardt in Führung ging, kam fast ein bisschen überraschend. Die Hoffenheimer schienen die Angelegenheit mit mehr als 70 Prozent Ballbesitz einigermaßen unter Kontrolle zu haben. Trotzdem war Herthas Auftritt deutlich konzentrierter als in den vergangenen Wochen.
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Trainer Magath, der vor dem Spiel per Video in die Kabine zugeschaltet war, meldete sich auch in der Halbzeit noch einmal zu Wort. „Der Boss war immer dabei“, sagte Fotheringham. Magath wirkte in der Pause beruhigend auf die Mannschaft ein. „Er hat uns noch mal runtergebracht“, berichtete Marco Richter.
Offenbar mit Erfolg. Magaths Team wehrte sich mit großem Eifer und machte den Hoffenheimern das Leben schwer. Den Gästen fiel wenig ein. Ein Freistoß von Nationalspieler David Raum gleich zu Beginn der zweiten Hälfte war für lange Zeit die einzige gefährliche Aktion der TSG. Als Anerkennung für die kollektive Arbeit seiner Mannschaft in der Defensive reckte Mark Fotheringham anerkennend den Daumen in die Höhe.
Herthas Offensivbemühungen hingegen blieben überschaubar, doch die Mannschaft entdeckte ein wirkungsvolles Stilmittel neu für sich: Standards. Wie die Führung in der ersten Hälfte, so entsprangen auch das 2:0 und das 3:0 Freistößen von Marvin Plattenhardt. Beide Male wurde der Ball in die Mitte abgelegt, zunächst traf Ishak Belfodil, zehn Minuten später Lucas Tousart. „Was ist denn hier los!“, rief der Stadionsprecher. Gute Frage.