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Wir wollen hüpfen, hüpfen, hüpfen... Herthas Spieler feiern den Auswärtssieg in Ingolstadt mit dem mitgereisten Anhang.
© AFP

Bester Saisonstart seit sieben Jahren: Hertha BSC: Dreckig kann so schön sein

Was für ein Saisonstart! Nach zehn Bundesliga-Spieltagen setzt sich Hertha BSC oben fest. Warum das so ist? Eine Analyse.

Für einen Augenblick hat Mitchell Weiser am Samstagabend die Welt nicht verstanden. Meint der etwa mich, schien der 21-Jährige von Hertha BSC allein mit seiner Körpersprache zu fragen, beide Zeigefinger auf sich selbst gerichtet, die Augen weit aufgerissen. Ja, ganz recht, der Trainer meinte ihn, den Torschützen zum 1:0-Sieg beim FC Ingolstadt. In der kurzen Besprechung nach dem frühen, aber letztlich entscheidenden Treffer zitierte Dardai seinen Außenverteidiger an die Seitenlinie, um ihn mittels wilder Handzeichen mit Tipps für das Defensivverhalten zu versorgen. Weisers erstes Tor im Berliner Trikot, keine 60 Sekunden vorher gefallen, war offensichtlich kein Gesprächsgegenstand.

Die Szene wiederum war ein Sinnbild für das, was man bisher so mitbekommen hat vom Cheftrainer Dardai. „Er ist unglaublich ehrgeizig und zielorientiert“, sagte Manager Michael Preetz nach Herthas fünftem Saisonsieg über seinen Trainer. Dazu gehört eben auch, selbst dann auf detaillierte Möglichkeiten zur Verbesserung hinzuweisen, wenn Gesamteindruck und Resultat positiv sind.

Wobei in diesem Zusammenhang die Frage gestattet sein muss, ob der Saisonstart überhaupt besser für den Bundesligisten hätte verlaufen können? Dardai hat nach dem Trainingslager in Österreich zwar den bemerkenswerten Satz gesagt, dass „wir in dieser Saison zehn Punkte mehr holen, wenn das klappt, was wir geübt haben“. Angesichts der holprigen Vorbereitung hatte er diese gnadenlos optimistische Einschätzung allerdings ziemlich exklusiv. Drei Monate und zehn Bundesliga-Spieltage später steht nun die Gewissheit, dass den Berlinern der beste Saisonstart seit der Spielzeit 2008/09 gelungen ist. Seinerzeit hieß der Trainer Lucien Favre, im Kader wurde Dardai noch als Aktiver geführt und Hertha galt bis weit ins Frühjahr hinein als ernsthafter Mitbewerber um die Meisterschaft, die am Ende doch nach Wolfsburg ging.

Hertha ist endlich mal wieder über die Stadtgrenzen hinaus ein Thema

Dass die Berliner auch außerhalb ihrer Stadtgrenzen wieder ein Thema geworden sind – am Sonntag durfte sich Manager Preetz als Studiogast in Deutschlands bekanntester Fußball-Talkshow dezidiert zur Entwicklung des Vereins äußern – darf sich vor allem Dardai anheften. Sein ebenso mutiger wie aus ästhetischen Gründen notwendiger Plan, wegzukommen vom reinen Ergebnisfußball, ist bislang erstaunlich gut aufgegangen.

Dabei hat der Ungar seinem Team mehrere Systeme an die Hand gegeben, die im bisherigen Saisonverlauf bereits zur Vorführung gekommen sind: Gegen Dortmund etwa verteidigte Hertha in Otto-Rehhagel-Gedächtnis-Manier phasenweise mit einer Fünferkette, nicht nur Co-Trainer Rainer Widmayer erhielt im Anschluss Textnachrichten von befreundeten Kollegen, die ausdrücklich das taktische Konzept lobten. In allen Heimspielen war zudem die Vorgabe der Berliner erkennbar, mehr Wert auf das Spiel nach vorn zu legen. Mit Erfolg: Nach vier Heimspielen sind die Berliner bei einer Tordifferenz von 8:2 weiter ungeschlagen im Olympiastadion. Und sie haben nur gegen Teams verloren, die in der Tabelle vor ihnen stehen und qua Satzung ganz andere Ziele und Ansprüche verfolgen, in Dortmund, Wolfsburg und Schalke.

"Wir haben keine Superstars, aber als Mannschaft funktionieren wir super"

Das Spiel in Ingolstadt diente als neuerlicher Beleg dafür, dass Hertha auch nicht ganz anschauliche Spiele für sich zu entscheiden weiß. „Wir haben die drei Punkte auch mal dreckig geholt“, sagte Siegtorschütze Weiser. Dardai sprach von einem „Lerneffekt“ seines Teams. „Auswärts sind mir solche Spiele sogar lieber als wenn wir spielerisch glänzen“, sagte er. Das scheinen auch die Spieler verinnerlicht zu haben. Wer gesehen hat, wie Genki Haraguchi, also Herthas nominell einzige Spitze in Ingolstadt, am Samstag mehrfach mit eingesprungener Grätsche am eigenen Strafraum verteidigt und geklärt hat, wird dem kaum widersprechen können. Wer bei Dardai dauerhaft spielen möchte, darf sich dafür nicht zu fein sein.

Per Skjelbred fasste das Erfolgsrezept der Berliner dann noch in einem hübschen Satz zusammen. „Wir haben keine Superstars im Team“, sagte der Norweger, „aber als Mannschaft funktionieren wir im Moment einfach super."

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