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Lars Windhorst rückt bei Hertha BSC wieder in die deutsche Öffentlichkeit.
© imago/Bernd König

Neue mögliche Investitionen von Lars Windhorst: Hertha BSC darf sich nicht in zu große Abhängigkeit begeben

Lars Windhorst stellt weitere 150 Millionen Euro für Hertha in Aussicht. Doch der Klub muss aufpassen, zu welchen Konditionen das passieren würde. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Michael Rosentritt

Lars Windhorst ist anders. Irgendwie auch schon immer gewesen. Als 16 Jahre alter Schüler gründete er 1993 sein erstes Unternehmen. Er schrieb Software und baute in der heimischen Garage Computer zusammen. Mit seiner Electronic GmbH machte er im ersten Jahr schon einen Umsatz von 80 Millionen D-Mark. Als „German Wunderkind“ begleitete er den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl auf Wirtschaftsreisen nach Asien. Er war erfolgreich, legte eine Insolvenz hin und wurde vom Landgericht Berlin wegen Untreue verurteilt. Später kam er wieder auf die Füße und rückte als finanzstarker Investor bei Hertha BSC erneut in die deutsche Öffentlichkeit.

Inzwischen ist Windhorst 43 Jahre alt und denkt immer noch oder schon wieder groß. Eine Viertelmilliarde Euro hat er in den chronisch angeschlagenen Charlottenburger Fußballverein gesteckt, dafür 49,9 Prozent der Anteile an der ausgegliederten Profiabteilung erhalten. Nun stellt er weitere 100 oder 150 Millionen Euro in Aussicht. Coronavirus-Pandemie hin oder her. „Die Naturgesetze der Wirtschaft werden auch jetzt automatisch greifen“, sagte er in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung.“

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Windhorst sieht sich als „glühender Verfechter“ der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. „Je weniger Regulierung, desto besser.“ Von dieser Denke lässt er sich leiten. Dabei wirkt diese gerade ein wenig aus der Zeit gefallen, wo doch so vieles, was der Kapitalismus an Auswüchsen mit sich führt, in der Gesellschaft hitzig diskutiert wird. Das System Profifußball mit seinen Maßlosigkeiten sei krank, heißt es von Seiten der Fans. Der Deutschen Fußball-Liga selbst ist das inzwischen auch aufgefallen, sie denkt über Regulierungen wie der Deckelung von Gehältern und neue Strukturen nach.

Ja, die 50+1-Regel, die sich der deutsche Profifußball schon vor Jahren auferlegt hatte, war und ist diskutabel – weil mit dem EU-Recht nicht konform. Sie untersagt Investoren die Stimmen-Mehrheit an einem Klub zu erlangen.

Nüchtern betrachtet, profitiert Hertha vom Einstieg des Investors. Ein Klub, der viele Jahre entlang der Liquiditätsgrenze taumelte, steht selbst in Zeiten wie diesen stabil da. Hertha würde sich gegen frisches Geld von Windhorst nicht entscheiden. Die Frage bleibt, zu welchen Konditionen dies passieren würde. Die Abhängigkeit vom Investor würde ganz sicher nicht kleiner werden. Und ganz nebenbei: Wenn im Zuge der Coronavirus-Pandemie die gesamte Branche etwas herunterkühlen und eine Abkehr von bisweilen exzessiven Transfersummen und Spielergehälter vonstatten ginge, könnte das zur Gesundung und gesellschaftlichen Akzeptanz beitragen. Das Investorengeld sollte man klüger verwenden.

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