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Um Längen voraus. Zum „Arima Kinen“ werden am Sonntag mehr als 100 000 Zuschauer erwartet.
©  Imago/Kyodo News

Heiligabend in Japan: Heiliges Pferderennen statt Weihnachten

Nirgendwo ist die Begeisterung für Galopprennsport so groß wie in Japan – vor allem am 24. Dezember beim "Arima Kinen".

Nein, Weihnachten wird in Japan nicht gefeiert. Die Japaner feiern am Heiligabend ein ganz anderes Fest. Für sie gibt es kein Halten mehr, wenn auf der Rennbahn Nakayama der „Arima Kinen“ ausgetragen wird. Das Galopprennspektakel wird seit 1956 über eine Distanz von 2500 Metern gelaufen und „Rennen des Volkes“ genannt – zehn der 16 startberechtigten Vollblüter werden durch eine Volksabstimmung ausgewählt.

Kaum ein Land ist so vom Pferdesport begeistert wie Japan. Nirgendwo auf der Welt werden vergleichbare Wettumsätze erzielt, nirgendwo anders finden sich so viele Zuschauer ein wie auf den Rennbahnen Nakayama und Fuchu im Großraum von Tokio. Dort werden die beiden wichtigsten Galopprennen in Japan ausgetragen: eben das Arima Kinen und der Japan Cup, der vier Wochen zuvor stattfindet.

Der seit 1981 immer am Totensonntag ausgetragene Japan Cup soll vor allem die besten internationalen Galopper beziehungsweise deren Besitzer zu einem Start motivieren. Maximal zehn Gastpferde treten gegen acht japanische Vollblüter auf der 2400-Meter-Distanz an, dotiert ist die Prüfung mit insgesamt 648 Millionen Yen, umgerechnet 4,9 Millionen Euro. Und die Gewinnaussichten sind verlockend: Selbst der Zehntplatzierte erhält noch ein stattliches Preisgeld. Zudem wird es als Einladungsrennen gelaufen – die Gäste haben also nichts zu bezahlen, können aber sehr viel gewinnen. Mittlerweile muss man es aber anders formulieren: Die Gäste könnten sehr viel gewinnen. Wie in den Anfangsjahren dieser Rennprüfung, als die Sieger fast immer aus Europa, den USA, Australien oder Neuseeland kamen.

Seit 2005 aber hat kein Gastpferd mehr gegen die japanischen Vollblüter gewonnen . Dieser Trend setzte sich auch in diesem Jahr vor der beeindruckenden Kulisse von 110 000 begeisterten und dabei doch extrem disziplinierten Zuschauern fort. Es siegte Cheval Grand. Insgesamt belegten die Gastgeber die ersten vier Plätze. Der Wettumsatz nur in diesem Rennen lag bei 22,2 Milliarden Yen, also knapp 170 Millionen Euro.

Das Starterfeld für das Rennen wird von den Fans gewählt

Das sind Umsätze, die weltweit unerreicht sind. Andererseits sind die Summen für japanische Verhältnisse eher normal, um nicht zu sagen „bescheiden“. Als Lando als bisher einziges deutsches Pferd 1995 den Japan Cup gewann, wurden 190 000 Zuschauer auf der Rennbahn gezählt und der Wettumsatz betrug mit knapp 40 Milliarden Yen fast das Doppelte.

Getoppt wird der Japan Cup noch vom Arima Kinen am Heiligabend. Für die herausragenden Stars unter den japanischen Rennpferden ist es oftmals der letzte Start in ihrer Rennkarriere und eine gute Gelegenheit, im Falle eines Sieges ihr Gewinnkonto noch einmal mit umgerechnet 2,5 Millionen Euro aufzustocken. Neben den materiellen Gewinnen zählt aber auch der immaterielle Wert eines Sieges in dieser Rennprüfung: Vollblüter wie Deep Impact, Gentidonna oder Orfevre genießen in Japan einen Kultstatus.

Den hat jetzt schon der Drittplatzierte des Japan Cups, der fünfjährige Hengst Kitasan Black – ein auch physisch auffallend großes Pferd. Es wird sicherlich die meiste Unterstützung und Aufmerksamkeit unter den Fans bekommen. Geritten wird er vom bekanntesten japanischen Jockey, Yutake Take, der kurz vor seinem 4000. Sieg steht und gerade von der Internationalen Föderation für Galopprennsport mit dem Orden für besondere sportliche Leistungen honoriert wurde.

Das Starterfeld für die Jahresendparty im japanischen Galopprennsport ist gewählt, mehr als 100 000 Zuschauer werden erwartet, die mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen Gesamtumsatz von 250 Millionen Euro sorgen werden. Zwar wird nicht mehr so viel Geld ausgegeben wie in den goldenen 90er Jahren, als für eine bis heute unerreichte Marke von 87,5 Milliarden Yen gewettet wurde, damals 840 Millionen US-Dollar. Geld alleine ist es aber nicht, was die japanischen Fans bewegt. Trotz ihrer weltweiten Ausnahmestellung geben sie als größtes sportliches Ziel an, endlich einmal den „Prix de l'Arc de Triomphe“ in Paris zu gewinnen.

Ulrich Nickesen

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