Lauftrainingslager in Bad Saarow: Hartes Programm für die Profis von Hertha BSC
Hertha BSC hat gute Erfahrungen mit dem Lauftrainingslager in Bad Saarow gemacht. Aktuell legen die Berliner dort die Grundlagen für eine anstrengende Hinrunde.
Die Trainingsmannschaft mit den grünen Leibchen hatte ihren Gegnern in den gelben Leibchen einen nicht zu unterschätzenden Vorteil voraus. Sie spielte in eine Richtung, in die das Spielfeld sichtbar abfällt. „Der Platz ist ein bisschen schief“, sagt Pal Dardai, „aber das schadet nicht.“
Der Trainer von Herthas BSC ist ohnehin ein ausgewiesener Pragmatiker. Zum wiederholten Mal hält der Berliner Fußball-Bundesligist auf der umwaldeten Anlage des SV Eintracht Reichenwalde in der Nähe Bad Saarows ein mehrtägiges Konditionstrainingscamp ab. Bis auf die Schräge des Platzes sind alle im Hertha-Tross voll des Lobes über die Bedingungen. Dass es derzeit nicht sommerlich heiß ist, kommt den getriezten Spielern entgegen. Trotzdem sind die drei grünen Tonnen am Rande des Feldes nach jeder Einheit gut besucht. Hier steigen die Profis ins hüfthohe Eiswasser.
Morgens um halb acht geht es los
Das Programm mit drei Einheiten am Tag ist knackig. Der Tag beginnt mit einem Waldlauf noch vor dem Frühstück, am Vormittag ist in der Einheit der Ball gelegentlich dabei, und am späten Nachmittag gibt es fast ausschließlich Belastungsläufe oder Sprintübungen. Die beiden Athletiktrainer Henrik Kuchno und Hendrik Vieth geben meist den Ton an. Zwar erzählt Dardai, dass immer am Abend zuvor am Kartentisch derjenige aus seinem Trainerteam ausgespielt wird, der am nächsten Tag das Kommando auf dem Platz hat, doch am Ende bleibt der 41-jährige Ungar der Chef. „Ich halte meine Augen immer offen“, sagt Dardai und schmunzelt.
So stand beispielsweise in der dritten Einheit des Samstags ein Intervalltraining auf dem Programm, das es in sich hatte. Die Spieler hatten jeweils Blöcke von zweimal 200 Metern und einmal 400 Metern zu absolvieren. Dieses Spielchen wiederholte sich zehn Mal. Dabei wurde von jedem Einzelnen die Herzfrequenz direkt am Platz überwacht und gegebenenfalls eingeschritten. „Keiner soll überfordert, keiner soll unterfordert sein“, erzählt Kuchno.
Noch in Berlin war ein kompletter Trainingstag für eine umfangreiche Leistungsdiagnostik benutzt worden. „Die Ergebnisse waren gut“, sagt Kuchno. Basierend auf den Daten sind die Spieler für das Lauftraining in Leistungsklassen aufgeteilt worden, so kann beispielsweise erreicht werden, dass jeder Einzelne sich während der Läufe bei rund 90 Prozent seiner maximalen Herzfrequenz bewegt.
Bei den Profis stehen Tage wie diese nicht sonderlich hoch im Kurs. Trotzdem hätten alle im Mannschaftshotel „Guten Morgen“ zu ihm gesagt, erzählt Kuchno. Natürlich verlässt der 43-Jährige sich nicht allein auf die Daten, die die vielen technischen Messgeräte ausspucken. „Deshalb laufen wir Athletiktrainer ja mit, wir wollen hören, wie die Spieler atmen. Wir achten auf die Lauftechnik und erkennen daran, wie einer den Fuß aufsetzt, in welcher Verfassung er ist.“ Und natürlich holen sich die beiden Athletiktrainer in persönlichen Gesprächen mit einzelnen Spielern Rückmeldungen ab.
Bis Weihnachten stehen bis zu 26 Spiele an
Mit Konditionstrainingslagern wie diesem haben die Berliner in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. „Wir haben davon immer profitiert, hier wird die Grundlage für die Spielzeit gelegt“, sagt Dardai. Wegen der Teilnahme an der Europa League stehen in dieser Hinrunde bis Weihnachten 26 Pflichtspiele auf dem Programm. Aber deswegen würden jetzt die Umfänge nicht ausgedehnt werden, vielmehr werde gezielter und individueller trainiert. „Schon jetzt lässt sich an den frischen Basisdaten erkennen, dass die Spieler in einer besseren Verfassung sind als vor einem Jahr“, sagt Kuchno.
Vielleicht auch deshalb begrüßte Pal Dardai seine Mannschaft am Sonntagvormittag mit einer kleinen Lobes- und Motivationsrede. Über allem stehe der Teamgeist, sagte der Trainer. Für seinen Geschmack hätte sein Team bisher gut mitgezogen, gerade in den anstrengenden Einheiten. Einige Spieler wie Sinan Kurt oder Ondrej Duda müssten noch „ein paar Kilos abgeben“, sonst aber sei er mit dem Niveau und der Leistungsbereitschaft zufrieden. „Wir haben eine gute Mentalität in der Gruppe“, sagt Dardai, „denn gerade hier geht es darum, das Konditionstraining gemeinsam durchzuziehen und es gemeinsam zu überleben.“ Die Trainingsspielchen zwischendrin sind nicht mehr als eine schöne Abwechslung, wenngleich eine ziemlich schräge.