Donald Trump als Box-Promoter: Große Töne, schwere Schläge
In den 1980er Jahren betätigt sich der neue US-Präsident Donald Trump als Box-Veranstalter. Er verdient Millionen – und scheitert am Ende doch.
In Washington ist formal niemand für den Sport zuständig. Gäbe es in der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika jedoch auch ein „Department of Sports“, der unberechenbare neue Präsident Donald Trump hätte sein umstrittenes Personal im Kabinett um eine gruselige Personalie bereichern können: Mike Tyson als „Secretary of Sports“. Hintergrund dieser satirischen Anmerkung: Trump und Tyson waren in den Achtzigerjahren Geschäftspartner.
Im Wahlkampf unterstützte der einstige Skandal-Boxer den Kandidaten der Republikaner. Der 50-jährige Afroamerikaner und konvertierte Muslim sagte der „Huffington Post“: „Ich mag Trump. Ich denke, Donald sollte Präsident der Vereinigten Staaten sein.“ Als Tyson 1992 wegen Vergewaltigung zu sechs Jahren Haft (drei davon auf Bewährung) verurteilt wurde, verteidigte ihn Trump und nannte das Urteil „eine Farce“.
Damals, drei Tage nach dem Urteil des Gerichts im Bundesstaat Indiana, argumentierte der Mentor des „bösesten Mannes auf dem Planten“ (Tyson über Tyson) auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz, er sei zwar für harte Strafen. Doch in diesem speziellen Fall wäre „eine beträchtliche Entschädigung“ für das Opfer und eine Einrichtung für missbrauchte und vergewaltigte Menschen in Indiana, finanziert durch Tyson, sinnvoller als Haft. So tickt Trump. Tyson war schließlich ein Million-Dollar-Fighter. Neunmal, davon viermal in einem WM-Kampf, hat der jüngste Champion des Schwergewichts aller Zeiten zwischen 1985 und 1990 bei Donald Trump seine Gegner zusammengeschlagen.
Am 27. Juni 1988 ist der Schwergewichts-Champion auf der Höhe seines Könnens. Donald J. Trump höchstpersönlich geleitet die geladenen Berühmtheiten auf die Ehrenplätze am Boxring, darunter Madonna mit Ehemann Sean Penn und andere Stars aus Hollywood. Unmittelbar vor dem ersten Gong stellt der „Let’s get ready to rumble“-Ansager Michael Buffer den eitlen Gastgeber im Ring vor. Das Publikum jubelt Trump zu, der gemeinsam mit dem bereits von Parkinson gezeichneten Muhammad Ali in die Menge winkt.
Die Herrschaften haben kaum Platz genommen, da ist auch alles schon vorbei. Der 21-jährige Mike Tyson hat im Kampf der unbesiegten Champions im Schwergewicht den zehn Jahre älteren Michael Spinks nach 91 Sekunden k.o. geschlagen. Für Trump ist Tyson das wichtigste Zugpferd, um die Spielerstadt Atlantic City in New Jersey zum Las Vegas des Ostens zu machen. Der damals 42 Jahre alte Immobilientycoon denkt sich sogar einen griffigen Slogan für sein Projekt aus: „Make Atlantic City Great.“ Dieses Motto wird Donald Trump 28 Jahre später als Motto seines Wahlkampfes übernehmen: „Make America Great Again.“
Boxen bietet die attraktivste Werbung für die Tempel des Glückspiels in Las Vegas und besitzt eine magische Anziehungskraft auf die high rollers, die finanzstärksten Zocker. Boxen boomt in der Wüste. Bald auch am Atlantik. Trump hat am berühmten Boardwalk, der Flaniermeile am Meer, ein kolossales, 39 Stockwerke hohes Hotel-Gebäude errichtet und nennt es „Trump Plaza Hotel and Casino“. Direkt durch einen Wandelgang angeschlossen ist das 22 000 Zuschauer fassende Convention Center.
Trump hat Boxen als Geschäftsmodell für sich entdeckt, natürlich mit dem ihm eigenen Hang zur Gigantomanie. Trotz der Konkurrenz in Las Vegas kündigt er vollmundig an: „Jeden Kampf, den ich haben will, werde ich auch bekommen.“ Er überbietet das für seine Boxkämpfe berühmte Casino Caesar’s Palace in Las Vegas und erhält den Zuschlag für den zweiten Jahrhundertkampf in den USA nach Ali gegen Frazier. Trump zahlt dem skrupellosen Impresario Don King die exorbitante Rekordsumme von elf Millionen Dollar für die Veranstaltungsrechte.
Mike Tyson unterstützte Trump zuletzt in dessen Präsidentschaftswahlkampf
„Super Bowl of Boxing“ nennen die Zeitungen den Mega-Event Tyson-Spinks. Das Fachmagazin „The Ring“ preist Trump als den „wahrscheinlich mächtigsten Spieler im Boxgeschäft“. 1300 Medien-Vertreter aus aller Welt sind akkreditiert. Auf deren postkartengroßen Plastik-Ausweisen sticht der Name Trump doppelt so groß ins Auge wie der Tysons.
Der Veranstalter hat einen Montag für diesen Blockbuster gewählt, um die Zocker über das Wochenende hinaus für vier Tage ins Casino zu locken. Der Polizei von New Jersey zahlt Trump mehr als 200 000 US-Dollar, damit sie die zum Wochenanfang gebuchte „Police Expo ’88“ verschiebt. 21 785 Zuschauer bringen Trump eine Einnahme von 12,3 Millionen Dollar. Eintrittspreise: 100 bis 1500 Dollar. Bei Kosten von 13 Millionen Dollar (elf für Promoter Don King, zwei Millionen für Organisation) bleibt ein kleines Minus. Dennoch triumphiert Trump: 11,5 Millionen Dollar bleiben allein am Kampftag auf den Spieltischen liegen, die höchste Tageseinnahme seit der Eröffnung des Casinos 1984.
„Trump hits the jackpot“, schreibt die Zeitung „USA Today“. Die Gesamteinnahmen von rund 70 Millionen Dollar, ermöglicht durch das Bezahlfernsehen, übertreffen den Rekord des Super Bowl 1987. Die Summe ist die bis dahin höchste Einnahme in der Geschichte des Sports bei einem Ein-Tages-Event. Tyson wird um 22 Millionen, Spinks um 13,5 Millionen Dollar reicher. Die Rekordzahlen befriedigen Trumps Ego. Er prahlt: „Ich liebe es, mit Erfolgsgeschichten verbunden zu sein. Ich habe die größte Arena der Welt für Boxkämpfe und gehe davon aus, das Boxen in den nächsten Jahren zu dominieren.“
Die Dominanz endet drei Jahre später mit dem „Battle of the Ages“, Evander Holyfield, 28 Jahre alt und inzwischen der Champion, tritt am 20. April 1991 gegen den bereits 42-jährigen George Foreman an. Holyfield gewinnt nach Punkten. Die Zeiten haben sich aber mittlerweile dramatisch verschlechtert – für das Profiboxen und für Donald Trump. Tyson hat in Tokio gegen James Douglas sensationell durch k.o verloren. Trump steckt in existenzbedrohenden Schwierigkeiten.
Zwar hat er den skrupellosen Ausbeuter Don King ausgebootet und damit den Preis auf sechs Millionen Dollar gedrückt – aber er hat sich zuvor übernommen. Inzwischen tragen drei Hotel-Casinos in Atlantic City seinen Namen: Trump Plaza, Trump Castle und als Königsschloss das gigantische Trump Taj Mahal. „Die Trump Organization wird in naher Zukunft insolvent sein, wenn sie es nicht bereits ist“, heißt es in einem Bericht der für die Lizenzvergabe zuständigen Casino Control Commission. Banken müssen Trumps Casino-Kette fürs Erste retten.
Derweil versucht King, erstmals seit 13 Jahren bei einem großen Kampf nicht mit von der Partie, Trumps zweiten „Showdown“ zu torpedieren. Dazu passt die Schadensersatzklage eines von Trumps Chefangestellten, den seine Ex-Frau Ivana als Managerin des Trump Castle gefeuert hatte – aus Altersgründen. In einer außergerichtlichen Einigung entschädigt Trump den 57-Jährigen großzügig, um in der Woche vor dem Kampf nicht vor Gericht erscheinen zu müssen. Die eingeforderten Dokumente über seine Finanzlage werden somit nicht öffentlich. „The Battles of Donald Trump“ wählt die lokale Zeitung „The Press“ als Schlagzeile auf der Titelseite. Drei Tage vor dem „Battle of the Ages“ ist die Anspielung nicht schwer zu verstehen. Dennoch erscheint Donald Trump gut gelaunt zur obligatorischen Pressekonferenz. Flankiert von Holyfield und Foreman, redet er herablassend zu den Journalisten: „Glaubt nicht alles, was ihr in den Zeitungen lest. Obwohl jeder, der das schreibt, wahrscheinlich hier ist.“
„The Battle of the Ages“ wird die letzte Boxveranstaltungen des Trump Plaza – und der Anfang vom Ende des Trump-Imperiums in Atlantic City. Allen Pleiten zum Trotz hatte Trump einen letzten Coup geplant. Tyson soll im November 1991 gegen Holyfield wieder Weltmeister werden, bricht sich aber im Training eine Rippe, der Kampf wird ins Frühjahr 1992 verschoben. Doch im Februar wurde Tyson wegen Vergewaltigung verurteilt. Im März beantragte der Casino-König Insolvenz. Tyson im Knast, Trump vor dem Konkurs – es ist das Ende der absonderlichen Boxgeschichte des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Hartmut Scherzer