Motoren-Poker in der Formel 1: Große Marken buhlen um Partner
Wird die Formel 1 bald zu einer reinen Marken-WM? Das Szenario droht, denn die großen Motorenhersteller kooperieren zunehmend mit kleineren Partnern.
Streiten sich jetzt Mercedes und Ferrari darum, wer ab nächstem Jahr Red Bull mit Motoren beliefern darf? Etwa mit der Absicht, ihren politischen Einfluss immer weiter zu vergrößern? Im Rahmen des Grand Prix von Monza am Sonntag ließ jetzt Ferraris Boss Sergio Marchionne durchsickern, dass Red Bull nun doch die jeweilige Top-Version der Triebwerke auf neuester Entwicklungsstufe bekommen könne – und nicht nur eine B-Version, wie es im ersten Angebot im Sommer hieß. Marchionnes Vorstoß kommt zu einem Zeitpunkt, wo schon klar ist, dass ein Motoren-Deal zwischen Red Bull und Mercedes keine Utopie mehr ist. Der Hintergrund ist auch klar: Es geht darum, über ein weiteres Top-Team als Motorenpartner den eigenen politischen Einfluss in der Formel 1 zu vergrößern.
Red Bull hat innerlich nach zwei erfolglosen Jahren mit Renault mit einer weiteren Zusammenarbeit mit den Franzosen schon abgeschlossen. Der Favorit für einen Neuanfang ist aber wohl weiter das Mercedes-Triebwerk – bei der derzeitigen Überlegenheit der Antriebseinheit der Silbernen auch kein Wunder. Für das Zweitteam Toro Rosso wird der neue Partner nach einer Trennung von Renault dann aber wohl trotzdem Ferrari heißen. Die zeitweise angedachte Alternative Honda stellt sich nicht mehr. Die Japaner stecken so tief in Schwierigkeiten, dass sie die Belieferung weiterer Teams über McLaren hinaus erst einmal abgelehnt haben.
Jetzt hat sogar das kleine Manor-Team bei Mercedes angefragt, ob man nicht von dort Motoren bekommen könnte. Das wäre für Mercedes durchaus attraktiv. Im Zuge der Tendenz, kleinere Teams zu einer Art B-Team für die großen Werke zu machen, hatte man ja bei Mercedes schon einmal Ähnliches versucht: Die bisher vor allem aus dem Tourenwagen-Sport bekannte Mercedes-Dependance HWA hatte sich als Neueinsteiger in die Formel 1 beim Weltverband Fia beworben, wurde aber im Sommer abgelehnt – genauso wie das GP2-Team von Arden, das sogar sehr enge Verbindungen zu Red Bull hat. Die Fia hatte das System hinter diesen Anträgen durchschaut, offensichtlich ging es um die Schaffung von Synergien und darum, Geld zu sparen – indem man zum Beispiel Daten austauscht. Der Weltverband wollte dem einen Riegel vorschieben.
Arbeiten Mercedes und Manor bald zusammen?
Jetzt könnte Mercedes über Manor aber doch noch zu einem B-Team kommen, das neben der technischen Zusammenarbeit auch noch den Vorteil bietet, dort eventuell ohne größere Probleme neue, junge Fahrer ausbilden zu können. Das würde auch erklären, warum Nico Hülkenberg jetzt auf einmal seinen Vertrag beim Mercedes-Kunden Force India so problemlos verlängern konnte, Mercedes-Nachwuchstalent Pascal Wehrlein, der immer wieder als Hülkenberg-Nachfolger gehandelt wurde, davon aber ziemlich unbeeindruckt scheint. Weiß er bereits, dass es für ihn 2016 wohl einen anderen Platz geben wird, mit noch engerer Bindung an Mercedes?
Für die kleineren Teams scheinen in der derzeitigen Finanzsituation solche Verbindungen oft die beste, manchmal sogar die einzige Chance zum Überleben. Insgesamt besteht dabei freilich ein nicht zu übersehendes Risiko: Dass eine Fahrer- und Team-WM immer mehr zu einer reinen Marken-WM wird, mit entsprechenden Folgen, etwa dem Einsatz von Hinterherfahrern zum Abblocken von WM-Gegnern. Andere, von nur wenigen großen Herstellern bestrittene Motorsport-Serien, lassen grüßen.