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Höhenflug. Stephen Curry und die Golden State Warriors leben von Dreipunktewürfen – und das in diesen Play-offs bislang sehr erfolgreich.
© AFP/Shaw

Finale in der NBA: Golden State und die Revolution

Start der Finalserie in der nordamerikanischen Basketballliga: Die Golden State Warriors revolutionieren die NBA – und wollen gegen die Cleveland Cavaliers mit Dreiern den Titel holen.

Manche Basketball-Weisheiten sind unumstößlich. Zum Beispiel: Körpergröße kann man nicht lernen. Oder: Mit Verteidigung gewinnt man Titel. Oder: Wer trifft, hat Recht. Bis zu dieser Saison galt in der nordamerikanischen Profiliga NBA auch noch: Wer vom Dreier lebt, wird am Dreier sterben. Mannschaften, die ihre Strategie vom Dreipunktewurf abhängig machen, waren in der Vergangenheit in den Play-offs stets gescheitert. In der Regel ist es nämlich so, dass die Trefferquoten aus der Distanz in den entscheidenden Spielen sinken. Mannschaften, die ihre Stärken in Verteidigung und Rebound haben und nah am Korb punkten, sind klar im Vorteil.

Wie gesagt: All das galt bis zu dieser Saison. Denn die Golden State Warriors, die in der Nacht zu Freitag die Finalserie gegen die Cleveland Cavaliers eröffnen, sind gerade dabei, den Basketball in der NBA zu revolutionieren.

Das Team aus Kalifornien lebt nicht nur vom Dreier, es hat seine gesamte Existenz darauf aufgebaut. Mit Stephen Curry, dem Wertvollsten Spieler (MVP) dieser Saison, und Clay Thompson verfügen die Warriors über zwei wahrhaft außergewöhnliche Distanzschützen. Curry und Thompson brauchen so wenig Zeit, um den Ball abzufeuern, und sind dabei so präzise, dass ihre Präsenz auf dem Feld das Spiel komplett ändert. Gegnerische Teams müssen den Wurf der beiden dermaßen fürchten, dass sie wie hypnotisiert hinter ihnen herhetzen – und zwangsläufig Fehler machen. Curry und Thompson haben auch kein Problem damit, schon nach wenigen Sekunden Angriffszeit aus vollem Lauf von der Dreierlinien abzuschließen – eigentlich eine Strategie, die Basketballtrainern die Zornesröte ins Gesicht treibt und zur prompten Auswechslung des Übeltäters führt.

Bereits in den vergangenen Jahren hat der Dreipunktewurf international immer mehr Bedeutung erlangt. Aber die Warriors sind das erste Team, das seine ganze Offensive von außen nach innen aufzieht – und nicht umgekehrt. Frühere NBA-Champions wie Houston mit Hakeem Olajuwon oder die Lakers mit Shaquille O’Neal nutzten die Wucht ihrer Center, um die Verteidigung in Korbnähe zu ziehen und dann von außen zu treffen. Die Warriors hingegen betrachten den Dreipunktewurf wie einen Korbleger, also als die beste Option im Angriff. Selbst für den letztjährigen Champion San Antonio, der die NBA mit grandiosem Teambasketball und brillantem Passspiel überrollte, war der Dreipunktewurf „nur der Zuckerguss auf dem Kuchen“, wie das US-Internetportal „Grantland“ schrieb. Das Spiel der Warriors hingegen sei in dieser Hinsicht wie ein „Kuchen ganz aus Zuckerguss“.

Nicht alle US-Experten sind von der Revolution überzeugt, die Golden State angezettelt hat. Phil Jackson, mit elf Meisterschaften erfolgreichster Trainer der NBA-Geschichte, hat bereits mehrfach seine Skepsis gegenüber den Warriors geäußert. Und auch die um Meinungen nie verlegene NBA-Legende Charles Barkley wird nicht müde, Curry und seine Mitspieler infrage zu stellen. „Seit 16 Jahre sage ich dasgleiche: „Ich mag keine Sprungwurf-Teams“, erklärte Barkley. „Ich glaube einfach nicht, dass man gute Mannschaften allein mit Sprungwürfen besiegen kann.“ Er bevorzuge Teams, die von innen nach außen konstruiert sind, fügte der 52 Jahre alte TV-Experte hinzu.

Die Warriors haben alle Kritiker bislang Lügen gestraft. Sollten sie im Finale auch die Cavaliers um Superstar LeBron James bezwingen, könnte ihr Beispiel tatsächlich Schule machen. Allerdings kann nicht jedes Team mit so viel Tempo und Präzision spielen wie Golden State. Einen Basketballer wie Stephen Curry hat es in der langen NBA-Geschichte jedenfalls noch nicht gegeben.

Im Finale wird es darauf ankommen, ob die Würfe der Warriors ihr Ziel finden, verhindern kann man ihre Dreier ohnehin nicht. Und am Ende gilt dann doch wieder die ultimative Basketball-Weisheit: Wer trifft, hat Recht.

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